Hunderte unterschreiben Offenen Brief an Scholz
Über die Initiative zu diesem Offenen Brief
Die Initiative zu diesem Offenen Brief ist im Strategienetzwerk Klima entstanden, einem Zusammenschluss von mittlerweile über 70 StrategInnen aus Klima-NGOs wie GermanZero, KlimaUnion, Brand New Bundestag u.a. sowie Klimabewegungen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion und Psychologists for Future. Vereint in dem Anliegen, mehr Paris-konforme Klimapolitik voranzubringen, entstand der Wunsch, der Dringlichkeit von Klimaprotesten, wie sie u.a. durch die Letzte Generation vorangetrieben werden, angesichts der realen politischen Entwicklungen gesellschafts- und parteiübergreifend mehr Rückhalt zu verleihen und unsere gemeinsame Generationenverantwortung in den Vordergrund zu rücken. Innerhalb weniger Tage sind nach der Veröffentlichung des neuen IPCC-Berichts und dem Schleifen des Klimaschutzgesetzes mehrere Hundert Unterschriften eingegangen.
Der Offene Brief im Wortlaut
„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
sehr geehrte Ministerinnen und Minister,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete im Deutschen Bundestag, dem EU-Parlament und in den Landtagen der Bundesländer,
sehr geehrte Damen und Herren deutscher Konzerne und Unternehmen,
wir alle gehören zur ersten Generation, die die Folgen der Erderhitzung spürt. Wir sind die Generation, die es so weit hat kommen lassen. Und wir gehören zur letzten Generation, die aufhalten kann, was uns droht: der globale Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise.
Uns bleibt verschwindend wenig Zeit, um Klima und Ökosysteme wieder zu stabilisieren und insbesondere die sogenannten “Kipppunkte” zu vermeiden. Unumkehrbare Kettenreaktionen des globalen Klimasystems würden das Gesicht der Erde unwiederbringlich verändern. Je länger wir zögern, desto drastischer sind die Konsequenzen unseres Abwartens. Jetzt zu handeln, ist unsere Pflicht. Das stabilisiert nicht zuletzt unsere Demokratie und unseren Wohlstand.
Der Kampf gegen die Klimakatastrophe und für das ehrgeizige, Paris-konforme klimapolitische Handeln ist wichtiger und vordringlicher als die Auseinandersetzung über das “Klimakleben”. Was wir wirklich brauchen, ist eine umfassende, zügig umgesetzte Klimapolitik. Wir können uns keine Halbherzigkeiten mehr leisten, keine weiteren Nebelkerzen, kein weiteres Zögern.
Was wir in den letzten Jahren erlebt haben, muss uns berühren: Das überflutete Ahrtal, Waldbrände und Fluten in Australien, Südeuropa und Deutschland, 4.500 Hitzetote in Deutschland allein im letzten Sommer, Wasserknappheit und gedrosselte Kraftwerke aufgrund überhitzter Flüsse, Ernteausfälle in der Landwirtschaft, flächige Dürreschäden in den Wäldern, Menschen, die ihre Heimat verlieren. Dabei sind all diese Katastrophen nur ein Vorbote dessen, was sich entwickelt. All dies verlangt eine adäquate und längst überfällige Reaktion.
Klima ist kein “Thema”. Klima ist eine parteiübergreifende, staatstragende und historisch beispiellose Aufgabe. Aus unserer Geschichte und unserer wirtschaftlichen Stärke erwächst uns eine besondere internationale Verantwortung. Werden die notwendigen Entscheidungen nicht in dieser Legislaturperiode getroffen und ihre Umsetzung forciert, beginnt der langfristige Umbau zu spät. Bei diesem Zeitdruck darf sich niemand verstecken. Wir brauchen die jahresscharfe Verantwortlichkeit und Verantwortliche explizit in allen Sektoren.
Die Anpassung der Infrastruktur ist eine Mammutaufgabe in der Dimension von 19 Mio. Häusern, 10.000 Städten und Gemeinden, 3 Mio. Unternehmen: Wir müssen deren Energieversorgung auf Strom, auf Sonne, Wind und Speicher umstellen, Gebäude isolieren, Mobilität ohne fossile Brennstoffe ermöglichen und Energie sparen. Für diesen gewaltigen Umbau ist es wichtig, dass wir jetzt enorm an Tempo zulegen.
Die Aufrufe von engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern, von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, von Aktions- und Protestgruppen geben für uns alle den aufrüttelnden Hinweis auf die akute Dringlichkeit. Sofortiges, umfassendes, entschlossenes Handeln ist erforderlich. Dieses Handeln möchten wir als Unterzeichnerinnen und Unterzeichner von Ihnen als politisch Verantwortliche sehen.
Und, ja, wir brauchen auch eine gesellschaftsweite Diskussion. Aber nicht, um weitere unnötige Worte zu verlieren, sondern um alle im Handeln mitzunehmen.
#UnsereGenerationUnserJob: Lassen Sie uns unsere gemeinsame Verantwortung wahrnehmen. Wir sind bereit, wirksame Klimapolitik mitzutragen und zu verteidigen.
Wir laden Sie ein und bitten Sie in gemeinsamer, parteiübergreifender und staatstragender Generationenverantwortung, dieser Verpflichtung nachzukommen und die gesetzlichen Klimaziele verfassungsgemäß umzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren in den Parlamenten, den Regierungen und Verwaltungen auf EU-, Bund-, Länder- und Gemeinde-Ebene und in Ihren Konzernen und Unternehmen, stellen Sie Ihren und unseren deutschen Beitrag zur globalen Einhaltung der Pariser Klimaziele sicher! Wenden Sie Schaden ab von den Menschen in Deutschland und der Welt und leisten Sie Historisches.
Mit besten Grüßen
Ihre Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner.“
Die ersten 412 Unterzeichner (Stand: 06. April 2023 11:35 Uhr) sind auf der Originalseite aufgeführt.
Nr.6 ist Uli Burchardt, Konstanz, Oberbürgermeister
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