Frankfurter Rundschau hier 14.04.2023 Kommentar in der Kolumne „Öko-logisch“.
Von: Michael Kopatz ist Dezernent für Klimastrukturwandel in Marburg.
Der Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen wird die Menschen nicht glücklicher machen. Mehr Straßen führen in der Regel zur Beschleunigung. Die wiederum führt zu mehr Verkehr. Und mehr Verkehr ist schlecht fürs Klima.
Seit der Wende haben die Deutschen ihr Straßennetz um 40 Prozent ausgebaut. Allein im Jahr 2019 kamen 61 Kilometer neue Autobahnen und 122 Kilometer neue Bundesstraßen hinzu. Das Schienennetz hingegen hat man um 20 Prozent zurückgebaut.
Gut ausgebaute Straßen sind attraktiv für Logistiker:innen und Pendler:innen. In der Folge wächst der Verkehr kontinuierlich, ebenso wie die Zahl der Last- und Personenkraftwagen. Inzwischen gibt es über 48 Millionen Pkw, 2005 waren es noch 40 Millionen. Die Klimabilanz im Sektor Verkehr ist dementsprechend katastrophal. Das Ziel der Bundesregierung war, die CO2-Emissionen um 40 Prozent bis zum Jahr 2030 zu reduzieren. Erreicht hat man bisher quasi nichts. Das Wachstum hat alle Effizienzgewinne bei den Kraftfahrzeugen kompensiert. Oder anders gesagt: Die „technologische Offenheit“ hat keine Reduktion bewirkt.
Dem Bundesverkehrsministerium und seinem Minister scheint all das ziemlich wurscht zu sein. Der FDP gelingt es sogar, das Sektorziel auszuhebeln. Die Bereiche Landwirtschaft oder Gebäude sollen für das Versagen des Verkehrsministeriums aufkommen. Man hat vor, ein würdeloses System der organisierten Unverantwortlichkeit zu installieren, in dem sich die Minister gegenseitig die Schuld zuweisen. Als wäre all das nicht schlimm genug, ist das erklärte Ziel, Auto- und Bundesbahnen mit aller Dringlichkeit auszubauen, die A3 etwa von drei auf vier Spuren. Mehr Straßen führen in der Regel zur Beschleunigung, damit werden Neu- und Ausbauen auch begründet. Beschleunigung wiederum führt zu mehr Verkehr, das ist ein vielfach nachgewiesener Effekt. Mehr Verkehr ist schlecht für Klima.
Der Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen wird die Menschen nicht glücklicher oder zufriedener machen. Das Gegenteil ist nachweislich der Fall. Dreiviertel der Bevölkerung beklagt sich über den Auto- und Lkw-Verkehr etwa im Wohnumfeld oder über verlärmte Landschaften. Ich wüsste gerne, mit welcher Idee der liberale Verkehrsminister eine Strategie verfolgt, die in unfassbarer Manier die Freiheitsrechte der zukünftigen Generationen einschränkt. Es hat mich gefreut, dass zumindest die Grünen in der Bundesregierung für ein Straßenbau-Moratorium gekämpft haben. Denn Innehalten, das sollten wir und uns einmal fragen, wozu eigentlich? Wenn uns mehr Auto- und Lkw-Verkehr eher unglücklicher als zufriedener macht, warum sollten wir die Zerstörung der Landschaft vorantreiben?
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