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Erst einmal die gute Nachricht: Nach Monaten der Stille wird endlich wieder ernsthaft Weltklimapolitik gemacht. Seit der Uno-Klimakonferenz von Sharm al-Scheich (S+) im vergangenen November wurde zwar hinter den Kulissen verhandelt und weiter etwa an Energiepartnerschaften (JETP) gearbeitet. Echte Beschlüsse für tief greifende Reformen gab es aber nicht – obwohl die bitter nötig sind.
Ein großer Brocken ist die Klimafinanzierung. Der Globale Süden benötigt bis 2030 jährlich 2,4 Billionen Dollar für Energiewende, Kohleausstieg, die Anpassung an Dürren, Stürme und Starkregen. Rund eine Billion Dollar müsste von Industrieländern, Investoren und Entwicklungsbanken kommen. Zum Vergleich: Derzeit zahlen die reichen Staaten nicht mal 100 Milliarden Dollar Klimahilfen pro Jahr an den Süden.
Seit der zurückliegenden Klimakonferenz liegt ein Vorschlag aus Barbados vor, der ärmeren Ländern den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern soll. Die sogenannte Bridgetown-Agenda sieht vor:
- Entwicklungsländer sollen leichter an Kredite kommen können, um damit die Energiewende zu beschleunigen
- Weltbank, der Internationale Währungsfonds und multilaterale Banken sollen günstige Kredite im Katastrophenfall schneller auszahlen.
- Schuldentilgungen sollen nach einer Naturkatastrophe ausgesetzt werden können
- Ein Treuhandfonds mit 500 Milliarden Dollar soll entstehen, mit dem Projekte wie der Bau von Wind- und Solarparks abgesichert werden könnten.
Fast vier Monate später kamen in dieser Woche nun der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank zu ihrer Frühjahrstagung in Washington zusammen, um immerhin erste kleinere Reformen anzustoßen. So wurden die Regeln bei der Weltbank so verändert, dass ärmern Staaten künftig bis zu vier Milliarden Euro mehr an Krediten zur Verfügung stehen – pro Jahr.
»Das ist nur der Startschuss. Eine weitreichende Reform ist aber auch kein Projekt von drei Monaten, sondern eher von drei Jahren. Bei den Jahrestagungen im Oktober muss dann schon deutlich mehr auf dem Tisch liegen«, sagt David Ryfisch von Germanwatch dem SPIEGEL. Auch für Staatssekretär Niels Annen aus dem Bundesentwicklungsministerium ist das noch nicht ausreichend. »Für den nötigen sozial-ökologischen Umbau der Weltwirtschaft braucht die Welt eine echte Transformationsbank auf der Höhe der Zeit«, sagte Annen in Washington.
Das Rating-System behindert Transformation
Ein großes Problem bei einer Reform der Klimafinanzierung sind die Rating-Agenturen: Arme Länder haben oft ein extrem schlechtes Rating auf internationalen Finanzmärkten, weil sie instabile politische Strukturen oder eine geringe Wirtschaftskraft haben. Private Ratingagenturen wie etwa Standard & Poor's (S&P), Fitch und Moody's bewerten die Kreditfähigkeit von Unternehmen und Staaten, vergeben also Bonitätseinstufungen. Wer ein mieses Rating hat, bekommt keine oder nur sehr teure Kredite, also mit hohen Zinsen.
Auch die Architekten der Bridgetown Agenda halten das für ein zentrales Problem: »Es macht einen Unterschied, ob ich 1,4 oder zehn Prozent Zinsen zahle – und das sind aktuell die Unterschiede, was ein reiches und was ein armes Land bezahlt«, erklärte Avinash Persaud, Sonderbeauftragter von Barbados für Klimafinanzierung, gegenüber dem SPIEGEL. Hinzu kämen sogar noch Risikoprämien.
Die am wenigsten entwickelten Länder, hätten wenig von neuen Krediten – sie brauchen einen Schuldenerlass, Direkthilfen oder privates Kapital. Doch Staaten mit einer gewissen Entwicklungsperspektive – sogenannte (high) middle income countries – wie etwa Barbados suchen händeringend nach einer Möglichkeit zu investieren und hoffen auf bessere Kreditkonditionen.
»Bei diesen Ländern werden die Kreditrisiken von den Ratingagenturen teilweise zu hoch bewertet«, glaubt Ryfisch. Oftmals würden sie aber ohne realen Hintergrund schlechter bewertet. »Die Weltbank hingegen hat genügend Daten über die Länder, um die Ratingagenturen mit validen Informationen zu versorgen und diese Lücke zu schließen.« Doch sie gebe die Daten nicht raus. Es mangelt also an Transparenz. Im Oktober kommen Weltbank und IWF dann wieder zusammen. Dann soll es um weitreichendere Reformen gehen.
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