Wichtige Zahlen werden hier genannt:
Der Anteil an regenerativ erzeugter Energie ist im Kreis Sigmaringen mit 73 Prozent deutlich höher als im Kreis Ravensburg (53 Prozent) oder im Bodenseekreis (14 Prozent), so Zahlen der Energieagentur. Der Grund für den beachtlichen Sigmaringer Anteil: ein überproportionaler Anteil an Photovoltaikanlagen und einige Biogasunternehmer, die eine nennenswerte Strommenge herstellen.
Schwäbische Zeitung hier 14.04.2023 Michael Hescheler
Die Stromerzeugung mit Windkraft im Kreis ist ausbaufähig. In den kommenden Jahren könnte sich dies ändern. Die Behörden erwarten einen kleinen Ansturm.
Energiewende im Schneckentempo: Die Zahl der Windräder verharrt im Kreis Sigmaringen bei elf Anlagen. Das von der EnBW vor wenigen Wochen in Betrieb genommene Windrad bei Veringenstadt ist das aktuelles Projekt, zuvor tat sich mehr als drei Jahre lang gar nichts. Warum kommt der Ausbau bei der Windkraft schleppend voran und wie soll es in den nächsten Monaten weitergehen? Wir geben Antworten auf wichtige Fragen.
Wie ist der Status quo im Kreis Sigmaringen in Bezug auf die Windkraft?
Das Veringer Windrad hat den Probebetrieb aufgenommen. Die drei zwischen Bad Saulgau und Bad Buchau verorteten Windräder drehen sich seit dem Jahr 2019. Jeweils drei Anlagen werden in den Illmensee und Pfullendorf betrieben. Ein Oldtimer ist das Mengener Rad mit einer Leistung von 0,85 Megawatt.
Insgesamt kommen die Windräder im Kreis Sigmaringen auf eine Generatorenleistung von 26,6 Megawatt. Zum Vergleich: Mit Photovoltaikanlagen werden im Landkreis Sigmaringen 229 Megawatt Strom erzeugt, so Zahlen des Umweltministeriums vom Sommer 2021. Die Sonnenenergie erzeugt im Kreis also neunmal so viel Strom wie die Windkraft.
Ist der stockende Ausbau der Windkraft eine Sigmaringer Eigenheit oder sieht es in umliegenden Landkreisen ähnlich aus?
Der Kreis Sigmaringen befindet sich in guter Gesellschaft, denn in Nachbarkreisen wie Biberach, Ravensburg oder dem Zollernalbkreis drehen sich laut einer Karte des Landesamts für Umwelt noch weniger Windräder.
Ist damit zu rechnen, dass sich der Ausbau der Windkraft im Kreis Sigmaringen in den kommenden Jahren beschleunigen wird?
Es sieht zumindest so aus. Bekanntermaßen läuft die Genehmigung des Windparks auf Gemarkung Bingen bei Sigmaringen, wo in einem Waldgebiet des Fürstenhauses Hohenzollern und der Gemeinde bis zu acht Windkraftanlagen geplant sind. Im Pfullendorfer Stadtteil Denkingen sind vier Anlagen geplant, in Inneringen ebenso vier und in Veringenstadt sollen beim bestehenden Windrad zwei weitere Anlagen errichtet werden. Macht also summa summarum 18 zusätzliche Anlagen.
Der Umweltdezernent des Landratsamts, Adrian Schiefer, geht davon aus, dass im kommenden halben Jahr weitere Vorhaben bekannt gemacht werden. So gehört das Haus Fürstenberg zu den Akteuren, die sich mit der Windkraft beschäftigen. Die neuen Anlagen sind deutlich leistungsfähiger als die bestehenden. So haben die in Hettingen geplanten Windräder eine Leistung von 7,2 Megawatt. Zum Vergleich: Die bestehenden Illmenseer Räder erzeugen lediglich ein Megawatt.
Die Verfahren für Bingen und Denkingen sind am weitesten fortgeschritten. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Während der öffentlichen Bekanntmachung des Binger Vorhabens sind keine Einwendungen eingegangen, teilt der Umweltdezernent des Landratsamtes, Adrian Schiefer, mit. Ein für 4. April geplanter Erörterungstermin wurde deshalb abgesagt. „Der Projektierer und das Landratsamt klären derzeit noch einzelne fachliche Fragen. Was noch aussteht, ist das Waldumwandlungsverfahren des Regierungspräsidiums Freiburg“, lässt Schiefer mitteilen.
Mit einer immissionsschutzrechtlichen Gesamtentscheidung für Bingen sei noch in diesem Jahr zu rechnen. Für Denkingen ist ebenso noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung des Landratsamts zu rechnen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte das Landratsamt im vergangenen Jahr dazu verpflichtet, den abgelehnten Genehmigungsantrag aufgrund neuer naturschutzrechtlicher Vorschriften zu überprüfen.
Das Land will im Staatswald verstärkt Potenziale für Windräder ausschöpfen. In Bad Saulgau hat das Umweltministerium ein Waldgebiet definiert. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Eine Fläche des Staatswaldes auf der Gemarkung von Bad Saulgau sei im Herbst für eine Ausschreibung vorgesehen, so das Umweltministerium. Laut bisherigen Informationen wurde in Bad Saulgau eine Fläche von 20 Hektar definiert. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“ grenzt der Landesforstbetrieb die Fläche näher ein. Sie liegt im Staatswald zwischen Braunenweiler, Dürnau und Allmannsweiler an der Kreisgrenze zu Biberach. „Derzeit gehen wir von drei Windenergieanlagen aus“, teilt Ulrich Fischer vom Projektierer RES Deutschland GmbH (Vörstetten) auf Anfrage mit. Allerdings könne sich diese Zahl im Laufe des Planungsprozesses noch ändern.
Der Stromverbrauch im Kreis Sigmaringen steigt — wie viel Energie wird derzeit auf regenerative Weise erzeugt?
Der Anteil an regenerativ erzeugter Energie ist im Kreis Sigmaringen mit 73 Prozent deutlich höher als im Kreis Ravensburg (53 Prozent) oder im Bodenseekreis (14 Prozent), so Zahlen der Energieagentur. Der Grund für den beachtlichen Sigmaringer Anteil: ein überproportionaler Anteil an Photovoltaikanlagen und einige Biogasunternehmer, die eine nennenswerte Strommenge herstellen. Verglichen mit den anderen beiden Landkreisen ist der Stromverbrauch der Industrie im Kreis Sigmaringen gering.in diesem Zusammenhang spannend ist diese Grafik von Solarcomplex. Sie zeigt den Flächenbedarf im Vergleich.
Baden-Württemberg
Bei einem Vergleich aller Landkreise in Baden–Württemberg liegt Sigmaringen mit 1,6 Kilowatt Solarstrom pro Einwohner hinter Schwäbisch Hall auf Platz 2.
Zum Stromverbrauch: Im Kreis Sigmaringen stieg der Jahresverbrauch von 675 Gigawattstunden pro Jahr im Referenzjahr 2010 auf 694 Gigawattstunden im Jahr 2021.
Wie groß wird das Potenzial für Windkraft im Kreis Sigmaringen eingeschätzt?
Laut dem Windenergieatlas des Landes liegt das Potenzial für Windräder bei 6,8 Prozent der Kreisfläche. Rechnerisch kommt das Umweltministerium auf ein Potenzial von 428 Windrädern, antwortet Staatssekretär Andre Baumann auf eine Anfrage der Grünen–Landtagsabgeordneten Andrea Bogner-Unden. Die Anzahl der tatsächlich realisierbaren Anlagen werde deutlich geringer ausfallen, so der Grünen–Staatssekretär weiter.
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