Mittwoch, 12. April 2023

Klimasünder Beton - Wie Beton den Klimawandel antreibt

 05.04.2023  hier im Südkurier

Geht es um Klimasünder, wird das meist mit Flugzeugen oder Pkw illustriert. Lkw mit Betonmischer hingegen haben es noch nicht auf die Fahndungsliste der öffentlichen Wahrnehmung geschafft. Dabei stehen sie für besonders hohe CO2-Emissionen, jenseits ihres Dieselmotors. Es ist der Beton: ein Gemisch aus Sand, Kies, Wasser und Zement. Dieses kalkbasierte Bindemittel hinterlässt bei der Herstellung gut die Hälfte seines Eigengewichts an CO2.

Um einen Standard-Portlandzement herzustellen, werden unter anderem Kalk (Kalziumkarbonat) und Ton (als Silicium- und Aluminiumquelle) in einem Spezialofen gebrannt. Die entstehenden Zementklinker werden gemahlen und mit Gips vermengt. Wird der fertige Zement später mit Wasser vermischt, beginnen chemische Reaktionen, die das Material aushärten lassen. Klimaproblematisch ist das Brennen. Dabei wird aus dem Kalk Kohlendioxid freigesetzt, übrig bleibt das erwünschte Kalziumoxid. Für den Prozess sind gut 1400 Grad Hitze nötig, was je nach Brennstoff weitere Emissionen bedingt.......

In einer Analyse für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen sehen Fachleute um Karen Scrivener von der École Polytechnique Fédérale in Lausanne für die nächsten Jahre zwei maßgebliche Wege: Erstens, die Menge an Zementklinker im Endprodukt zu verringern und teilweise durch fein gemahlenen Kalk, Hüttensande aus der Eisenproduktion oder Flugasche von Kohlekraftwerken zu ersetzen. Zweitens: die Betonherstellung optimieren und die Materialeigenschaften verbessern. So lassen sich Strukturen schlanker ausführen, es wird am Ende weniger verbraucht und hält länger.

Alternativ entwickeln Forscher Zement, der ohne klimaschädlichen Klinker auskommt. Die Schweizer Firma Holcim setzt dabei auf ein Gemisch aus Hüttensandmehl, einem Nebenprodukt von Stahlhütten in Deutschland, sowie gebranntem Schiefergestein. Verglichen mit Portlandzement, sei der CO2-Ausstoß des „Locarbo“ genannten Zements um 63 Prozent geringer, erklärt die Projektleiterin Kerstin Wassmann. „Allerdings bildet er nicht das gewohnte stark alkalische Milieu im Beton aus.“ Es sorgt dafür, dass der enthaltene Bewehrungsstahl dauerhaft vor Korrosion bewahrt wird. Wer mit Locarbo bauen will, benötigt eine andere Bewehrung.

In einem Demonstrationsprojekt haben die Holcim-Ingenieure Carbonfasern gewählt. „Sie haben die zehnfache Zugfestigkeit von Stahl und korrodieren nicht“, sagt Wassmann.....

In Großstädten wachse der Anteil des sogenannten Recyclingbetons. Auf dem Land hingegen ist er nicht so verbreitet. Dies liegt laut Richter auch daran, dass es weniger Abriss und oft weite Wege zu den Recyclern gibt. Angesichts der großen Massen, die zu bewegen sind, kann der CO2-Ausstoß der Fahrten erheblich sein und die Einsparung zunichtemachen. „Man sollte also genau hinschauen, wie weit die Transportwege für Recyclingmaterial beziehungsweise für natürliche Gesteinskörnungen sind.“

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