Spiegel hier Jonas Schaible
In der Agrarpolitik hat die Bundesregierung noch fast nichts erreicht. Der Agrarexperte Harald Grethe spricht über die Ampelbilanz und darüber, warum der Klimaschutz einige Bundesländer besonders betrifft.
SPIEGEL: Herr Grethe, was ist die wichtigste agrarpolitische Entscheidung der Bundesregierung in ihren ersten acht Monaten?
Grethe: Es ist wichtig, dass das Landwirtschaftsministerium sich grundsätzlich hinter die Umsetzung der Vorschläge der Borchert-Kommission stellt, in der Vertreterinnen und Vertreter der Bauern, von Politik, Wissenschaft und Fachverbänden sich auf den Umbau der Tierhaltung als Ziel verständigt haben. Das ist ein gutes Signal.
SPIEGEL: Sie haben vor dieser Antwort sehr lange überlegt. Trotzdem ist Ihnen kein Gesetz und keine Verordnung eingefallen. Hat sich schon einmal eine Regierung so viel Zeit in der Agrarpolitik gelassen?
Grethe: Ich würde mir wünschen, dass sich die Bundesregierung dort, wo der agrar- und ernährungspolitische Handlungsbedarf eindeutig ist und die Lösungen auf dem Tisch liegen, schneller an die Ausgestaltung macht. Die Ursachen für den langsamen Start sind vielfältig. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Diskussion um kurzfristige Anpassungsmaßnahmen haben viele Ressourcen gebunden. Und es zeigt sich auch, wie wichtig es ist, als Partei frühzeitig ein klares Programm zu haben, welches dann einen zügigen Einstieg in die Umsetzung erlaubt. Und natürlich müssen die Partner der Ampelkoalition an einem Strang ziehen.
SPIEGEL: Ist dadurch schon zu viel Zeit verloren für wirklich wirkungsvolle Agrarpolitik?
Grethe: Nein. Eine Legislaturperiode ist zwar kurz, aber noch ist Zeit, Dinge voranzubringen und anzuschieben. Es kommt jetzt darauf an, Tempo aufzunehmen, Schwerpunkte zu setzen und diese in konkrete politische Maßnahmen zu übersetzen.