links: Proteste gegen Wissings Verweigerungshaltung beim Tempolimit
NTV hier 21.04.2023Die Studie widerlegt Behauptungen, wonach ein Tempolimit wirtschaftlich schädlich sei.
Laut einer neuen Studie ist ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde nicht nur gut fürs Klima, sondern spart jährlich auch Hunderte Millionen Euro ein. Selbst Autofahrer sollen von einer Geschwindigkeitsbegrenzung profitieren. Experten halten die Zahlen für plausibel, kritisieren aber den Rechenweg.
Ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde in Deutschland würde nach einer im Fachjournal "Ecological Economics" veröffentlichten Studie neben dem Klimaschutzeffekt auch einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen haben. Eine internationale Forschergruppe ermittelte sogenannte Wohlfahrtsgewinne von mindestens 950 Millionen Euro pro Jahr. Besonders der eingesparte Treibstoff, weniger Unfälle, geringere Lieferkettenkosten und Einsparungen bei der Infrastruktur seien dafür neben dem Klimaschutzeffekt relevant. Auch ohne Emissionseinsparungen ergebe sich ein Wohlfahrtsgewinn von 660 Millionen Euro jährlich. Die Experten bewerten das Tempolimit daher als Win-win-Situation: Gut fürs Klima und mit erheblichem Gewinn für die Gesellschaft.
Als Wohlfahrt wird in der Ökonomie den Angaben zufolge der Nutzen für Einzelne oder die Gesellschaft bezeichnet. Wie genau Wohlfahrt im Einzelnen bestimmt werden könne, etwa über das Bruttoinlandsprodukt oder weitere Indikatoren, sei unter Ökonomen noch umstritten.
Die Experten aus Deutschland, Schweden und Kanada stützten sich den Angaben zufolge auf öffentlich zugängliche Daten. Mithilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelten sie demnach die Auswirkungen eines Tempolimits auf Reisezeiten, Treibstoffverbrauch und -subventionen, Lieferketten, Infrastrukturausbau und -unterhalt sowie Unfälle, ferner Landnutzung, Emissionen von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Dabei berechneten sie, welche ökonomischen Schäden und Vorteile dadurch entstehen würden.
"Einfache Physik der Mittelstufe"
Aus Sicht von Professor Udo Becker vom Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr an der TU Dresden widerlegten die Ergebnisse der Studie die Behauptung, ein Tempolimit sei gefährlich und wirtschaftlich schädlich. "Eigentlich ist es ganz einfache Physik, und jeder lernt es in der Mittelstufe: Der Energieverbrauch steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit an, und schnellere Fahrt erzeugt mehr Emissionen und erhöht die Lärmbelastung."
Fahrerinnen und Fahrer würden durch ein Tempolimit Kraftstoff im Wert von 766 Millionen Euro pro Jahr sparen. In der Studie seien alle wesentlichen Wirkungen einbezogen worden. "Um die Klimaprobleme ebenso wie die Flächenverbrauchs-, Abgas- und Lärmprobleme des Verkehrs zu reduzieren, ist ein Tempolimit auf Bundesautobahnen damit ein volkswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen", sagt Becker.
Zahlen plausibel, aber Rechenweg nicht nachvollziehbar
Professor Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin nannte die Annahmen und Methodik der Studie plausibel. Die Annahmen seien konservativ getroffen, insbesondere bei den sozialen Kosten der CO₂-Emissionen. Er bedauert, dass aufgrund fehlender Daten die Auswirkungen auf Lärm nicht mit einbezogen werden konnten. Dies sei eine möglicherweise zusätzliche relevante Kategorie, die Herzkreislaufkrankheiten induziere, so der Experte.
Professor Kai Nagel hält die resultierenden Größenordnungen ebenfalls für plausibel. Er ist Fachgebietsleiter Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik am Institut für Land- und Seeverkehr (ILS) der Technischen Universität Berlin. "Die Berechnungsmethode für diese weiteren Nutzen kann ich aber nicht nachvollziehen, weil Einsparungen durch langsameres Fahren umgerechnet werden in äquivalente nicht-gefahrene Kilometer, ohne dass die Zulässigkeit einer solchen Umrechnung diskutiert wird."
Deutschland ist nach Darstellung der Autoren der Studie nach wie vor das einzige große Land der Welt, in dem es keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen gibt. Eines der Hauptargumente dafür sei, dass niedrigere Geschwindigkeiten Kosten für die Reisezeit verursachten, die nicht durch Vorteile wie eine Verringerung der Treibhausgasemissionen aufgewogen würden.
Aus Sicht der Autoren sind die vorgebrachten Argumente irreführend.
Die Fahrerinnen und Fahrer würden durch ein Tempolimit Kraftstoff
im Wert von insgesamt 766 Millionen Euro pro Jahr sparen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen