Bevölkerungsprognose und Wohnflächenbedarf bis 2035 / Zahlen zur 2. Offenlegung nach Hans Steitz

siehe dazu auch die  etwas neueren Ausführungen von Claus Raach hier

Die Sache mit den fiktiven Einwohnern und den nicht nachvollziehbaren Zuschlägen

Unter "Flächenbedarf" steht im Regionalplan-Entwurf (Anfang Januar 2021):
G(1) Der ermittelte Wohnbauflächenbedarf in Höhe von 1.000 ha für die Region Bodensee-Oberschwaben bis zum Jahr 2035 dient als Orientierungswert, sowohl für die Dimensionierung der regionalbedeutsamen Schwerpunkte des Wohnungsbaus (siehePS 2.5), als auch für ergänzende kommunalen Wohnbauflächen.

Vorbemerkung: Laut Statistischem Landesamt wird die Bevölkerung in unserer Region moderat wachsen.

Der  Regionalverband sagt "wir sind eine prosperierende Region" und behauptet sinngemäß: „bisher waren die Prognosen des statistischen Landesamtes bei uns immer viel zu niedrig angesetzt. Daher gehen wir jetzt davon aus, dass wir viel mehr wachsen werden und beanspruchen daher auch sofort mehr Bedarfsflächen“. Außerdem sollen grundsätzlich mehr Flächen als nötig ausgewiesen werden, weil nicht alle Flächen verfügbar sind.
(das sind Aussagen die in Sitzungen oder Gesprächen mit dem ABÜ Grünzug Salem gefallen sind)

Die Plausibilitätsrechnung vom Wirtschaftsministerium, die allgemein gültig angewandt werden soll,  ist die offizielle Handlungsanweisung um den „ amtlichen  Bedarf“  festzulegen.

Darin findet einerseits  die Prognose vom Statistischen Landesamt  ihren Niederschlag
(als EZ1-Wert).
Dazu kommt ein 2. Wert, der fiktive Einwohner berechnet, und der noch wesentlich höher ausfällt
(der EZ2-Wert).

Damit soll der zunehmenden Wohnraumbedarf pro Person erfasst werden. Weil dadurch aber Fläche beansprucht wird, ohne dass reale Personen dazukommen, spricht man hier von fiktiven Einwohnern.

Der Regionalverband war aber mit dieser "amtlichen Bedarfs- Berechnung" noch nicht zufrieden und hat den „regionalen Wohnflächenbedarf“ von 503 ha (580 ha mit nachvollziehbaren Zuschlägen)   kurzerhand durch nicht nachvollziehbare Zuschläge  auf 1000 ha erhöht.
Hans Steitz, Mitglied des Regionalverbandes, beharrt in seiner Rechnung auf den berechneten Werten durch Methodik des Wirtschaftsministeriums und verweist zudem auf vorhandene (noch nicht bebaute) Flächenpotentiale aus dem bestehenden Regionalplan in der Größenordnung von 1000 ha.

Zudem stellt sich die Frage nach dem Bedarf infolge fiktiver Einwohnerberechnung: könnte man  nicht andere Möglichkeiten ausschöpfen (Wohnraumgewinnung durch Umstrukturierung der vorhandenen Flächen), um diesen Bedarf zu erfüllen?
siehe dazu:
Warum brauchen wir fast 600 ha zusätzlichen Wohnraum in unserer Region?

 Das steht in der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums (Genehmigungsbehörde) zur 1. Anhörung:

Plansatz 2.4.1 legt die wesentlichen Grundsätze für die Ermittlung, Ausweisung und
Ausgestaltung von Wohnbaubedarfen und -flächen fest. Gem. B 23 der Gesamtfort-
schreibung liegt dem ein regionsweiter Wohnraumbedarf für insgesamt 70.000 Men-
schen bis 2035 zu Grunde
. Nach Prognose des statistischen Landesamtes liegen die
prognostizierten Zuwächse der Hauptvariante aber bei nur etwa 20% des ausgewie-
senen Wertes.
Die große Diskrepanz zwischen den Prognosewerten ist für das Wirt-
schaftsministerium nicht nachvollziehbar und bedarf einer Begründung. Sofern keine
nachvollziehbare und plausible Begründung angeführt werden kann, ist eine Anpas-
sung der regionsweiten Wohnraumbedarfe zu prüfen.

 Die in G (1) zu Plansatz 2.4.1 festgelegte Methode zur Ermittlung der kommunalen Wohnbauflächenbedarfe weicht grundsätzlich von der Vorgehensweise des Hinweispapieres des Wirtschaftsministeriums ab, indem sie umfassende Zuschläge für Siedlungsbereiche und Wohnbauschwerpunkte vorsieht. Diese eigenständige Bedarfsermittlung steht aus Sicht des Wirtschaftsministeriums grundsätzlich in Konkurrenz zu den Plausibilitätshinweisen des Wirtschaftsministeriums, die von den FNP-Genehmigungsbehörden anzuwenden und als wesentlicher Anhaltspunkt für die Bewertung des ermittelten Bedarfs hinzuzuziehen sind. Die konkurrierende Berechnungsmethode wird vom Wirtschaftsministerium daher äußerst kritisch gesehen

So wird gerechnet:

Plausibilitätsrechnung Wirtschaftsministerium lt. Handlungsanweisung vom 15.02.2017
"Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach §§ 6 und 10 Abs. 2 BauGB" - Wirtschaftsministerium vom 15. Februar 2017
https://rp.baden-wuerttemberg.de/Themen/Bauen/Documents/Plaus_pruefung_Bauflae.pdf


 Die Berechnung der Plausibilitätsprüfung stützt sich auf 2 Pfeiler, 
die nach festen Formeln auszurechnen sind


- Die Ermittlung eines (fiktiven) Einwohnerzuwachses durch Belegungsdichterückgang (mit
  o.g.Aufschlägen)  =  Zuwachs an fiktiven Einwohnern  (EZ1)

 Man beachte: die fiktiven Einwohner  sind keine realen Personen, die in die Region zuziehen werden. Es handelt sich lediglich um einen errechneter Wert, der aufgrund eines stetig wachsenden Wohnflächen- Anspruchs der Bevölkerung ausgewiesen wird, daher wird er mit fiktiv bezeichnet.


 

EW x 0,3 x 15 Jahre                                                                                              = EZ 1

           100

 

- und dem im Laufe von 15 Jahren zu erwartenden Wanderungsgewinn laut Statistischem Landesamt (mit   o.g.Aufschlägen des Regionalverbandes)  =   Zuwachs an Realen Einwohnern (EZ2)


-Einwohnerzahl zum Zeitpunkt der Planaufstellung

= Prognostizierte Einwohnerentwicklung                                                          = EZ 2

 


Daraus ergeben sich für die Fläche des Regionalverbandes im  Zeitraum 2020 bis 2035
(Berechnung Hans Steitz)

635.282 EW x 0,3 x 15 Jahre : 100                                                                  = 28.588 EW        (EZ 1)

das bedeutet: für 28.588 Menschen wird in der Region Fläche zum Bau von Wohnraum zur Verfügung gestellt, ohne dass ein einziger realer Mensch zuzieht

644.840 EW – 635.282 EW                                                                              =    9.558 EW        (EZ 2)


Im Vergleich: laut Prognose hat man den 3- fachen Wert von fiktiven Einwohnern zu realen Einwohnern!

 

 2. Schritt:  Ermittlung des absoluten Flächenbedarfs aus dem Einwohnerzuwachs

 

Ermittelter Einwohnerzuwachs (EZ = EZ 1 + EZ 2)                                       = Hektar Wohnbaufläche (relativ)

Jeweilige Bruttomindestwohndichte

28.588 EW + 9.558 EW = 38.146 EW :     76 EW/ha                        =  503 Hektar Bedarf (2. Entwurf)

 

Ausgehend vom Ort der Entwicklung wird nun ermittelt, in welcher Dichte gebaut werden sollte und wie viel Fläche dadurch überbaut werden muss.
 
Flächenzuwachs durch reale Einwohner: 136 ha
Flächenzuwachs durch fiktive Einwohner: 367 ha
 
Flächenzuwachs insgesamt: 503 ha
 
 
Wie sich das auf alle 87 Kommunen der Region auswirkt ist aus der Detailberechnung von Hans Seitz ersichtlich.
Wohnflächenbedarf der einzelnen Kommunen - genau berechnet von Hans Steitz
 
 

Ermittlung Bedarf Wohnbauflächen absolut (dieser Schritt findet beim Regionalverband nicht statt)

Zuwachs Wohnbaufläche (relativ) – Flächenpotenziale                            = Bedarf Wohnbauflächen absolut

503 ha Wohnflächenbedarf   abzüglich vorhandene Flächenpotenziale   (zum 01.01.2018 waren über 1000 ha in der Region vorhanden)  = der absolute Flächenbedarf für neue Wohnbauflächen



1 Kommentar:

  1. Das Fazit der Flächenplanung ist, dass nach der bisher üblichen Berechnungsmethode, die alle Regionalverbände in Baden-Württemberg anwenden, ein realer und fiktiver Einwohnerzuwachs bis 2035 von rd. 38.000 Personen angenommen werden kann, was einem Flächenbedarf von 503 ha entspricht. Der zweite Fortschreibungsentwurfdes RVBO geht von 65.000 Personen aus, wofür als Orientierungsert 1000 ha verlangt werden.
    Dies ist ein rein politischer Wert, der auch nicht prognostiziert werden kann, da nicht rechenbar (sieh Statistisches Monatsheft 8/2019 des Statistischen Landesamtes. Der RVBO verschafft sich also entgegen dem ROG, LEP und LplG eine Vorratsfläche, die sich auf den Rohstoffabbau, CO²-Mehrverbrauch, Mehrverkehr auf der Straße und Klimawandel irreparabel auswirkt.

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