MARKDORF: Tafel zählt immer mehr Kunden
Inflation und hohe Energiekosten überfordern immer mehr Haushalte. Die Folge: Die Tafel bekommt mehr Kunden. Leiter Günther Wieth sagt: „Diese Zunahme ist drastisch.“ Gleichzeitig gibt es weniger Lebensmittelspenden, beobachten die Helfer. Immer öfter kehren die Fahrer mit nur spärlich gefüllten Körben zurück. Wieth rechnet nicht mit einer baldigen Besserung. „Wir werden künftig mehr auf Geldspenden angewiesen sein“, sagt er.
04.04.2022 |
....Standen in den Januarwochen an den Donnerstagen noch im Schnitt rund 70 Menschen an, um gespendete Lebensmittel in Empfang zu nehmen, so sind es mittlerweile 90. „Das muss man mit dem Faktor 3,5 multiplizieren“, erklärt Wieth, „weil die zum Tafelbesuch berechtigenden Ausweise von der Diakonie in der Regel für Familien ausgestellt werden.“
Insgesamt seien es rund 170 Haushalte in der Stadt, deren Einkommen kaum ausreicht, um den täglichen Bedarf zu decken und für die die Markdorfer Tafel in ihren Räumen am Stadtgraben vor allem Brot, Gemüse, aber auch Molkereiprodukte bereithält. Lebensmittel, die dann für eine symbolische Summe über die Theke gehen.
Gründe für den stark gestiegenen Zulauf in der Tafel sieht Wieth mehrere. Zunächst: „Jeder merkt es beim Einkauf, insbesondere beim Obst und Gemüse, Lebensmittel sind deutlich teurer geworden.“ ....
„Und dann kommen seit einigen Wochen auch noch die Menschen aus der Ukraine zu uns“, beobachtet der Tafel-Leiter. „Allein im März hat die Diakonie Tafelausweise für 15 ukrainische Flüchtlingsfamilien ausgestellt.“ Hinzu kamen im selben Zeitraum dann noch 20 weitere Tafelausweise für Migranten aus anderen Regionen sowie für Familien ohne Migrationshintergrund. Für Menschen, die aus anderen Gründen bedürftig sind, erklärt Wieth. „35 in nur wenigen Wochen, das ist schon heftig“, sagt der Tafelchef. Im Rathaus hätten sich unterdessen bereits 45 Flüchtlinge aus der Ukraine gemeldet, berichtet Wieth von seinen Gesprächen mit der Verwaltung. Also kann man mit weiterem Zulauf rechnen.
....Was Tafelleiter Wieth neben dem Ukrainekrieg und der Inflation sehr zu schaffen macht, das ist die Entwicklung auf dem Lebensmittelmarkt. Abgezeichnet habe es sich schon länger, doch werde es nun bedrohlich. „Uns gehen die Lebensmittel aus“, warnt Wieth. Eine Klage, die keineswegs nur in Markdorf laut wird. Landauf, landab registrieren fast alle Tafeln, dass ihnen immer weniger Obst, immer seltener Gemüse und nur sehr wenige Molkereiprodukte überlassen werden.
.... „Wir haben da einen Rückgang von 50 Prozent im letzten halben Jahr“, sagt der Tafelchef. Woran es liegt, weiß Wieth jedoch nicht. „Vielleicht sind es die gestiegenen Lebensmittelpreise, die die Geschäfte knapper kalkulieren lassen.“ Und womöglich zeige auch allmählich Wirkung, „was wir seit langem predigen: dass bei uns viel zu viele Lebensmittel auf dem Müll landen“. Doch nun scheint sich der Einsatz gegen Überproduktion und Verschwendung ausgerechnet gegen die zu kehren, die in Form der Spenden bisher einen Vorteil davon hatten und sie auch dringend benötigen.
.... Im Gegenteil rechnet Günther Wieth damit, dass die Zahl der Bedürftigen weiter steigen wird: „Wir werden künftig mehr auf Geldspenden angewiesen sein.“ ....
Offensichtlich ächzen alle Tafeln unter der Last
Bericht in der Tagesschau hier
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