Samstag, 30. April 2022

"Kleine und große Katastrophen"

Bezug: Museum Humpisquartier zeigt Kulturgeschichte des Ravensburger Wetters  (letzter Bericht hier)

Die Bildschirmzeitung berichtet nun darüber hier 

....Und da sind wir bei der zentralen Frage der Ausstellungsmacher, wie die Menschen über die Jahrhunderte das Klima interpretiert haben.
Natur als übergeordnete Macht, mit Launen und Schwankungen, die es immer gab und geben wird, biedermeierlich verklärt von Künstlern in der Romantik und im Impressionismus. 

Aber Klimawandel, von den Menschen gemacht? Die Schuldigen? Wir alle, mit unserem Lebensstil, unserem Wachstumswahn? Da gibt es die Klimaleugner, einen wie Donald Trump, mit denen im Sinne der Konzerne das Wachstumsmodell unbehelligt bleiben kann.

Da gibt es die Verschwörungstheoretiker, die „linke Panikmache und grüne Verbotsparteien“ angreifen, oder Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Group, der in der Süddeutschen Zeitung meinte, man wolle sich wegen der Klimakrise nicht vorschreiben lassen, wie groß ein Auto sein dürfe und wie schnell man es fahre.

Und da gibt es eine um ihre Zukunft besorgte und zunehmend ungeduldiger werdende Jugend, Fridays for Future, Klimaaktivisten, die im schönen Ravensburg Bäume besetzen, und deren erwachsene Sympathisanten von Scientists for Future.
Aber auch wenn in dreißig Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge weit über 100 Millionen liegen dürfte und weite Teile auf den Kontinenten des Südens nach Studien des Weltklimarates unbewohnbar sein werden, in Ravensburg gilt Recht und Ordnung und ein Versammlungsrecht, das nach Ansicht der Staatsanwaltschaft regelt, wann man einen Rasen betreten und auf Bäume klettern darf, auch wenn man dabei niemanden schädigt, sondern auf eine unsägliche Energieverschwendung aufmerksam macht. Ein solches Vergehen kostet in Ravensburg 4000 Euro, wie das jüngst verkündete Urteil am Amtsgericht feststellte. ...

...Aber stellt sich die „Schuldfrage“ heute nicht anders? Jeder Mensch hat durch seinen Lebensstil einen „ökologischen Fußabdruck“, der lässt sich im Humpis- Museum auch messen. Er ist nicht statisch, er hängt ab vom Lebensstil und von der Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft. Die heute jeden betrifft.
Deshalb hat die Ausstellung einen interaktiven Teil, der am Jungen Museum Frankfurt entwickelt wurde: „Umwelt, Klima & Du.“


Ulla meint dazu: Ein schöner und treffender Artikel.
Aber leider macht die Auststellung NICHT den Unterschied deutlich zwischen Wetterphänomenen und Klimaveränderungen seit ca 1300 und dem jetzt von Menschen gemachten Klimawandel im Zusammenhang mit Industrialisierung, Kapitalismus und Wachstumsideologie.

Die netten, beschaulichen Exponate begleiten die Besucher*innen durch die Ausstellung, die zum Schluss ebenso beschaulich wie liebevoll aufgebaut und bebildert die Industrialisierung in RV zeigt.
Richtig hübsch für Ravensburgkenner.... Es gibt keine Zäsur, keinen unübersehbaren Hinweis dass in dieser Zeit der menschengemachte Klimawandel losgeht, der eben etwas ANDERES ist als alle Jahrhunderte zuvor.

Für mich ist diese Darstellung eine bewusste oder unbewusste Verharmlosung einer planetaren Tragödie und deren Hauptverursacher. Gerade wer noch wenig Kenntnis über Klimawandel u. Co. hat, wird die Ausstellung so verstehen: Ja, ja, gab es schon immer und wir leben immer noch. THW und Feuerwehr kriegen das schon hin... Das wird schon nicht so schlimm...

Wenn DAS die Wirkung der Ausstellung ist - oh jeh! 🙈 Wer weiß, "wie wichtig" es gewissen RV'er Geschäftsleuten war, dass sie da bloß nicht als Umwelt- und Klimasünder usw. dargestellt werden. 
So sieht jedenfalls die Ausstellung -bis jetzt- aus...als ob man in einer "Stadt des Handels" wirklich eine Brandmarkung von Wirtschafts-und Wachstumsgläubigkeit haben will.

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