Freitag, 8. April 2022

Klimafreitag in der Süddeutschen: "Wir könnten , wenn wir wollten. Aber tun müssen wir es noch"

 SZ Klimafreitag <klimafreitag@newsletter.sueddeutsche.de>

am Montag hat der Weltklimarat IPCC den dritten und letzten Teil seines aktuellen, umfassenden Sachstandsberichts veröffentlicht. Normalerweise bekommen wir als Journalisten das Material vorab im Laufe des Wochenendes, wenn sich die Vertreter von Regierungen mit den am Bericht beteiligten Forschern auf die Formulierung der „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“ geeinigt haben. Dann gibt es noch am Sonntag Gelegenheit, mit dem einen oder anderen Autoren zu sprechen, und bis zur offiziellen Publikation am Montagvormittag haben wir dann mit etwas Glück einen oder mehrere Texte beisammen, die alles so gut als möglich erklären.

Das hat dieses Mal nicht geklappt: Erst hieß es, Samstag, dann, vielleicht Sonntagnachmittag, am Ende wurde es Montagmittag, bis wir den Text hatten. Die Veröffentlichung wurde auf nachmittags verlegt, bei uns liefen natürlich trotzdem die Tastaturen heiß. Alles, weil bis zum späten Sonntagabend um jeden Satz gerungen wurde.

In meiner persönlichen Rangliste der frustrierendsten Klimaberichte der vergangenen zehn Jahre steht der neue Bericht derzeit auf Platz zwei, hinter dem vor einigen Jahren erschienenen Bericht zu Klimawandel und Landnutzung. Den Land-Bericht fand ich noch etwas schwerer zu ertragen, weil er so deutlich machte, wie wir momentan zugleich die Böden, die Natur und das Klima ruinieren. Wobei wir das Klima nicht ohne intakte Natur retten können und die Natur nicht ohne intaktes Klima, diese Zusammenhänge sind leider oft fatal.

Aber der aktuelle Bericht hat bei mir auch nicht gerade Hochstimmung ausgelöst. Einerseits bin ich mittlerweile viel optimistischer als noch vor wenigen Jahren, weil sich so viel getan hat: Das Klimathema ist präsent wie nie, Erneuerbare werden immer günstiger, Speichertechnologien kommen voran, Staaten haben reihenweise versprochen, früher oder später klimaneutral zu werden, plötzlich scheint da eine Dynamik der Veränderung zu sein.

Aber dann kommt doch immer wieder die große Ernüchterung. Zum Beispiel mit den globalen Emissionsdaten des vergangenen Jahres: Zwei Milliarden Tonnen mehr CO₂-Ausstoß, höchster Kohleverbrauch aller Zeiten, und das im Jahr 2021, wir müssen bekloppt sein. Oder eben jetzt der IPCC-Bericht, in dem das Problem noch viel deutlicher wird. Allen technischen Fortschritten zum Trotz reichen die bisherigen Maßnahmen nicht einmal aus, um die erklärten Klimaziele der Staaten zu erreichen, und die wiederum reichen nicht aus, um wie vereinbart deutlich unterhalb von zwei Grad Erderwärmung zu bleiben. Der Ausbau erneuerbarer Energien boomt, aber leider auch noch immer die Nutzung fossiler Energie – ein weltweiter Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist noch lange nicht absehbar.

Ich empfehle Ihnen sehr, in den Bericht selbst, die Zusammenfassung oder in unsere Zusammenfassung der Zusammenfassung zu schauen. Ich kann Ihnen aber auch die Zusammenfassung der Zusammenfassung der Zusammenfassung geben: 

Wir könnten, wenn wir wollten. Aber tun müssten wir es noch.

Viele Grüße sendet
Marlene Weiß

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