Freitag, 8. April 2022

Damit wir weiterhin genug Essen haben

 08.04.2022  |  VON JÖRG-PETER RAU JOERG-PETER.RAU@SUEDKURIER.DE  hier

Damit wir weiterhin genug Essen haben

 Als Moritz in die fünfte Klasse kam, war er für die anderen in der Klasse einfach nur „der Bauer“. Denn auch an der weiterführenden Schule im Kleinstädtchen Engen sind Kinder aus der Landwirtschaft inzwischen eine Seltenheit. Und Arbeitskleidung war damals auch noch nicht so modern, Moritz war anders. Inzwischen ist er in der neunten Klasse und ziemlich interessant geworden. ..

Diese traurigen Auslöser hätte es für Moritz’ Vater, Stefan Leichenauer, nicht gebraucht. Aber das neue Interesse an der Landwirtschaft freut ihn. ...

Da stimmen ihm Karl-Heinz Mayer aus Owingen und Andreas Deyer aus Mühlingen ohne zu zögern zu. Auch sie sind Bauern, auch sie engagieren sich beim BLHV, dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband, der Interessen- und Standesvertretung der Bauern. Sie bestätigen, dass das Interesse an ihrer Arbeit zuletzt stark gewachsen ist. Weil der Ukraine-Krieg auch gezeigt hat, dass Mehl nicht im Supermarkt wächst und Sonnenblumenöl auch nicht, sondern auf Feldern......

Die Schnittstelle zur Öffentlichkeit ist für Stefan Leichenauer aber nicht nur der Direktverkauf oder Facebook, sondern auch eine Metzgerei in Tengen. Dorthin verkauft er nach 20 bis 24 Monaten seine Jungbullen, sie werden nur wenige Kilometer transportiert, vor Ort geschlachtet und dann mit dem guten Gefühl gekauft, etwas aus der Region essen zu können und einen Beitrag zum Wirtschaftskreislauf vor Ort geleistet zu haben. „Ihr habt uns dreimal am Tag am Tisch“, sagt dazu Leichenauers Kollege Karl-Heinz Mayer mit Blick auf die Verbraucher. Nach jahrzehntelanger gegenseitiger Entfremdung, so seine hoffnungsvolle Beobachtung, kommen Konsumenten und Erzeuger in diesen schwierigen Zeiten einander wieder näher. Bei Mayer sind es die Ferienwohnungen, die ihn mit den Leuten ins Gespräch bringen, bei Milchvieh-Halter Deyer sein ungewöhnliches Standbein der Speiseeis-Herstellung.

Das Bild vom subventionshungrigen Bauernfunktionär mag dabei auf Karl-Heinz Mayer, Stefan Leichenauer und Andreas Deyer ebenso wenig passen wie auf Kerstin Mock. Auch sie kommt von einem Hof mit Milchviehhaltung, engagiert sich im Gemeinderat ihrer Heimatstadt Markdorf. Und auch sie tritt für die Landwirtschaft ein, bei den Landfrauen......

Noch etwas verbindet die drei Bauern und ihre Kollegin. Sie geben gerne Auskunft. Sie reden über das Tierwohl in ihren Ställen und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Darüber, dass bei dem Getreide, das wie vielfach kritisiert statt in Menschenmägen im Futtertrog landet, auch viel Material dabei sei, das für die Ernährung der Bevölkerung gar nicht geeignet sei. Und dass eine Kreislaufwirtschaft mit einer gesunden Fruchtfolge auch Gülle zur Düngung benötige.

Gemeinsam von BLHV und SÜDKURIER veranstaltete Podiumsdiskussion „Krieg, Corona, Klimakrise – Wie sicher ist unsere Ernährung?“ am Mittwoch, 13. April, um 19.30 Uhr im Bürgerhaus Adler-Post in Stockach. Zu Wort kommen dabei Kerstin Mock, Andreas Deyer, Stefan Leichenauer und Karl-Heinz Mayer.


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