Dass diese Frage auch nur ein einziges Mal gestellt wurde, ist, das
muss man leider so deutlich sagen, Ausdruck eines flächendeckenden
journalistischen Versagens. Die Moderationsteams waren, insbesondere
beim Thema Klima, einfach nicht auf der Höhe der Zeit. Vielleicht hatten
sie auch wirklich das Gefühl, wenn all die Wetterkatastrophen des
Jahres 2021 schon Wahlkampf für die Grünen machen, dann müssen wir
wenigstens gegenhalten, wer weiß.
Glauben Sie nicht mir, glauben Sie der Ökofantasterei
unverdächtigen Institutionen wie der Europäischen Zentralbank, der
Oxford University oder der Nachrichtenagentur Bloomberg. Alle drei haben
in letzter Zeit Studien veröffentlicht, die in einem Punkt glasklar
sind und völlig übereinstimmen: Teuer ist es, nicht zu handeln . Und es
wird immer teurer, je länger man wartet. Wer schnell umstellt, kann sich
dagegen auf sensationelle Einsparungen freuen. Nicht nur in CO₂, auch
in Euros.
Je früher die Welt endlich aufwacht, sich von fossilen Brennstoffen
verabschiedet und ihre Energieversorgung mit Strom aus Sonne, Wind und
Wasserkraft deckt, desto billiger wird das . Und zwar nicht nur, weil
Klimaschutz künftige Katastrophen verhindern kann, die extreme Schäden
verursachen werden. Sondern auch, weil – schon jetzt! – Strom aus
erneuerbaren Energiequellen vielerorts billiger ist als dreckiger Strom.
Auch bei uns.
Hier ein Satz aus der auf erneuerbare Energien spezialisierten Einheit von Bloomberg (BNEF) :
»In Staaten einschließlich China, Indien und Deutschland ist
es jetzt billiger, ein neues, großes Solarkraftwerk zu errichten, als
ein bereits existierendes Kohle- oder Gaskraftwerk weiterzubetreiben.«
Haben Sie mitbekommen, dass China keine Kohlekraftwerke mehr im Ausland bauen will ? Das hat seinen Grund, und der hat auch mit wirtschaftlichen Erwägungen zu tun.
Auch die EZB kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass kein Klimaschutz deutlich teurer ist als Klimaschutz, und dort sind die dramatisch fallenden Kosten erneuerbarer Energien noch gar nicht ganz eingepreist: »Die Ergebnisse zeigen, dass schnelles Handeln klare Vorteile bietet: Die kurzfristigen Kosten des Übergangs verblassen im Vergleich zu den mittel- und langfristigen Kosten ungebremsten Klimawandels. « Zudem bringe schnelles politisches Handeln zusätzliche Vorteile, weil effiziente Technologien dadurch schneller verfügbar würden.
Tatsächlich sind die Preise vor allem für Wind- und Solarstrom seit
vielen Jahren im freien Fall, und das könnte man als Journalist im Jahr
2021 eigentlich wirklich wissen. Eine Studie aus Oxford zeigt aber, dass
diese Tatsache sogar in den gängigen Modellen für Energiewirtschaft
konsequent ignoriert wird: »Ein schneller Übergang zu grüner
Energieversorgung würde vermutlich Billionen von Dollar einsparen –
selbst dann, wenn man die Schäden durch den Klimawandel und andere
Vorteile von Klimaschutz nicht mit einrechnet.«
Seit vielen Jahren setzen Unternehmen, aber auch Forschende, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, immer wieder völlig falsche Prognosen für die künftige Preisentwicklung an, wie die Studie zeigt . Es handelt sich nur um ein Arbeitspapier, aber die Zahlen sprechen auch ohne Peer Review für sich: Immer wieder werden beispielsweise in Studien neue Preisuntergrenzen behauptet, die eine Megawattstunde Solar - oder Windstrom angeblich nicht unterschreiten kann. Und immer wieder durchschlägt der weiterhin exponentiell fallende Preis diese vermeintlichen Untergrenzen völlig ungebremst. Viele bisherige Studien litten an willkürlichen und rückblickend nachweislich falschen Annahmen.
Ich habe letztes Jahr ein Buch veröffentlicht, dessen letztes Kapitel
genau aus diesem Grund heißt: »Nur die Exponentialfunktion kann uns
retten«. Jetzt zeigt sich: Sie fängt bereits damit an.
»Ein
langsamerer Übergang (der langsamere Umstellungsraten vorsieht als die
aktuell vorherrschenden) ist teurer, und ein auf Nuklearenergie
basierender Übergang ist wesentlich teurer«, so die Autoren aus Oxford.
Es
wird höchste Zeit, dass die Debatte über die ohnehin absolut
zwangsläufige Umstellung unserer Energieversorgung endlich nicht mehr
auf Fiktionen aufbaut wird, die nur der Kohle-, Öl- und Gasbranche
nutzen. Die immer wieder gestellte dumme Frage nach den »Kosten« der
Energiewende ist ein Erfolg von rücksichtslosem fossilem Lobbyismus.
Tatsächlich
reflektiert der aktuelle CO₂-Preis noch lange nicht die wahren Kosten,
die die Krise schon jetzt verursacht. Und trotzdem gilt beim Klimaschutz
schon jetzt: Wer bremst, verliert. Und zwar nicht zuletzt eine
gewaltige Menge Geld.
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