Ein Drittel aller Lebensmittel landet in der Tonne.
Verantwortlich dafür sind alle entlang der Versorgungskette – Hersteller,
Supermärkte und Privathaushalte. Wie groß ist das Problem wirklich? Wie wirkt
sich Lebensmittelverschwendung aufs Klima aus? Und welche Hebel haben wir, um
etwas zu verändern?
In
Deutschland geht mehr als die Hälfte der Lebensmittelabfälle auf das Konto der
privaten Verbraucher:innen. Eine Studie des
Thünen-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und
Landwirtschaft schätzt den Anteil der privaten Haushalte auf 52 Prozent.
Obwohl
Essen wegzuwerfen als unmoralisch gilt, schmeißt jeder Deutsche
durchschnittlich 75 Kilo Essen pro Jahr in den Müll. Allerdings ist etwas mehr
als die Hälfte der Abfälle unvermeidbar. Er besteht nämlich aus Küchenabfällen
wie Schalen, Knochen oder anderen nicht essbaren Teilen.
Darum landen Lebensmittel in der Tonne
Die
Gründe für die Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten sind zahlreich. Wir greifen zu Großpackungen und lassen uns von
Billigangeboten verleiten. Außerdem wissen wir zu wenig über unser Essen –
weder wie wir es richtig lagern noch wie lange es genießbar ist. Noch immer
wird das Mindesthaltbarkeitsdatum
(MHD) mit dem Verbrauchsdatum verwechselt.
Dabei dient das MHD lediglich als Marker. Es gibt an, wie lange der Hersteller
haftet. Nach Ablauf des MHD sind die Produkte oft weiter genießbar. Supermärkte
sortieren die Produkte allerdings häufig aus.
Diese Rolle spielt der Handel
Die Supermärkte verursachen offiziell nur vier Prozent der
Lebensmittelabfälle.
Ein Grund: In Deutschland ist es schon lange üblich, dass
Lebensmittelläden mit den Tafeln kooperieren und Produkte spenden, die nicht
mehr verkauft werden. Dennoch müsste sich auch in diesem Bereich etwas
verändern, wenn wir die Lebensmittelverschwendung reduzieren wollen. Denn der
Handel beeinflusst mit seinen Marktpraktiken die Landwirtschaft – zum Beispiel
indem er von den Landwirt:innen fordert, ausreichend „Qualitätsware“ zu
liefern. Wobei die Qualitätsanforderungen im Handel nur wenig damit zu tun
haben, ob ein Lebensmittel gut im Sinne von genießbar ist.
Auch deshalb werden
genießbare Lebensmittel als Tierfutter zweckentfremdet oder in Biogasanlagen
verbrannt. Die Verbraucherzentrale sieht darin einen der Gründe für die
systematische Überproduktion von Agrarprodukten.
Was Lebensmittelverschwendung mit dem Klima zu tun hat
Eine
neue Studie der Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) schätzt, dass die Lebensmittelverluste vor und während
der Ernte besonders hoch sind. Doch diese Verluste gelten in Europa nicht als
Lebensmittelverschwendung. Zum Beispiel krummes Gemüse, das auf dem Acker
liegen bleibt. Oft werden solche Verluste noch nicht einmal erfasst. Dabei
beeinflusst das, was wir nicht essen, das Klima genauso, wie
das, was wir essen. Denn wenn Wälder Äckern und
Weiden weichen müssen, gehen sie als CO2-Speicher verloren und es wird
Kohlendioxid freigesetzt. Während der Bedarf an Nahrungsmitteln steigt, werden
die Flächen knapp.
Könnten unsere Essensreste hungernde Kinder satt machen?
Was
wir wegwerfen, könnte rein rechnerisch viele hungernde Menschen satt machen.
Allerdings gibt es keinen Automatismus. Der
Zusammenhang zwischen Lebensmittelverschwendung und Ernährungssicherheit ist
eher indirekt. So ist die Lebensmittelverschwendung nach Schätzungen der
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und
des WWF für acht bis zehn Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.
Wenn durch den Klimawandel Wetterextreme zunehmen, hat das vor allem auch
Einfluss auf die Länder des globalen Südens. Und Naturkatastrophen führen seit
jeher zu Hunger.
DIE MACHER:INNEN
Hannah Rau hat Literaturwissenschaften und Geschichte studiert.
Als Journalistin spürt sie nach, wie unser Verhalten heute die Geschichte von
morgen schreibt.
Sebastian Sonntag ist leidenschaftlicher Radiomoderator und
Quarks-Daily-Host.
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