Spiegel hier 02.11.2022
Ministerpräsidentenrunde mit dem Kanzler
Nach SPIEGEL-Informationen steht die Finanzierung des 49-Euro-Tickets. Es wird bundesweit im Nahverkehr gelten – und hat jetzt auch einen offiziellen Namen.
Das 9-Euro-Ticket bekommt einen offiziellen Nachfolger: Bund und Länder haben sich nach SPIEGEL-Informationen auf die Einführung eines 49-Euro-Tickets für den Nahverkehr geeinigt. Das Monatsabo soll unter dem Namen »Deutschlandticket« vertrieben werden und bundesweit gelten. Darauf haben sich die Spitzen der Länder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Ministerpräsidentenkonferenz geeinigt.
Der Bund soll für das »Deutschlandticket« 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stellen, derselbe Betrag soll von den Ländern kommen. Darüber hinaus will der Bund nun eine weitere Milliarde pro Jahr zum regionalen Ausbau des Nahverkehrs bereitstellen. Von 2023 an sollen sie jährlich um drei Prozent erhöht werden.
Millionen Deutsche würden 49-Euro-Ticket kaufen
Die Einführung ist laut Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz »schnellstmöglich« geplant. Bereits zum 1. Januar 2023 könnte das Ticket entsprechend umgesetzt werden. Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister von Bund und Ländern sollen zudem laut Beschluss nun »zeitnah« an Konzepten arbeiten, den öffentlichen Nahverkehr zu modernisieren.
Rasche Einführung unklar
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte nach Abschluss der Bund-Länder-Runde, man wolle das Ticket »so schnell wie möglich« einführen. Eine Einführung zum Jahreswechsel sei das Ziel, finanzielle und strukturelle Fragen seien abschließend geklärt. »Nie war es einfacher, Bus und Bahn zu benutzen als mit diesem Deutschlandticket«, sagte Wissing.
Realistischer als Januar ist für das Ticket jedoch ein späterer Start im Jahr: Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hatte vor Beginn der Bund-Länder-Runde bezweifelt, dass das geplante bundesweite Nahverkehrsticket schon zum Jahreswechsel starten kann. Die Länder wollten das Ticket so schnell wie möglich umsetzen, so Hermann. »Möglicherweise kommt es aber erst am 1. März oder 1. April.«
Strittig war lange die Kostenfrage: Die Länder wollten dem Deutschlandticket nur zustimmen, wenn der Bund langfristige Finanzierungen zusagt.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey für den SPIEGEL freuen sich die meisten Deutschen auf das Ticket : 55 Prozent der Wahlberechtigten bewerten vor Abschluss der Ministerpräsidentenkonferenz die erwartete Einführung eher positiv oder sehr positiv. Nur 23 Prozent beurteilen den Fahrschein negativ. Der Rest blieb unentschieden.
Businessinsider hier 03 Nov 2022
Einführung, Gültigkeit, Kostensteigerung: Was konkret für das neue 49-Euro-Ticket geplant ist
Bund und Länder haben sich auf die Finanzierung des sogenannten Deutschlandtickets geeinigt.
Ähnlich wie das 9-Euro-Ticket soll es im Nahverkehr deutschlandweit gelten. Das Deutschlandticket soll 49 Euro im Monat kosten.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sagte, Ziel sei ein Start zum Jahreswechsel. Ob es tatsächlich im Januar klappt, ist bisher nicht sicher.
Nach dem 9-Euro-Ticket kommt nun Deutschlandticket für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Es soll zum Start – möglichst früh im kommenden Jahr – 49 Euro im Monat kosten. Mit einer Einigung über Finanzfragen machten Bund und Länder am Mittwoch den Weg frei. Mit dem Ticket soll der öffentliche Personennahverkehr attraktiver werden. Sprich: Vor allem Pendler sollen vom Auto auf Busse und Bahnen umsteigen. Das soll auch helfen, Klimaziele zu erreichen. „Noch nie war es für die Menschen in unserem Land so einfach, Bus und Bahn zu nutzen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing.
Was genau wurde entschieden?
Die 9-Euro-Tickets ermöglichten im Juni, Juli und August jeweils für einen Monat bundesweit Fahrten in Bussen und Bahnen. Nach Branchenangaben wurden rund 52 Millionen verkauft. Politiker und die Verkehrsbranche werteten das als großen Erfolg – auch weil das Ticket bundesweit gültig war. Bisher gibt es viele Tarifzonen und unterschiedliche Angebote.
Auf Dauer sei ein solch „extrem günstiger Tarif“ nicht zu finanzieren, hatte Wissing deutlich gemacht. In der Diskussion waren daraufhin verschiedene Preismodelle. Mitte Oktober einigten sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern grundsätzlich auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket.
Auch zu den Finanzfragen gibt es nun eine Einigung. Der Bund erhöht dauerhaft Regionalisierungsmittel, mit denen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen bestellen. Die Länder hatten dies zur Bedingung gemacht, dass sie das 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Das neue Ticket kostet drei Milliarden Euro. Bund und Länder finanzieren das jeweils zur Hälfte. Über die weitere Entwicklung der Regionalisierungsmittel und des Deutschlandtickets für die Zeit ab 2025 wollen Bund und Länder Ende 2024 sprechen.
Was ist konkret geplant?
Das digitale, bundesweit gültige Deutschlandticket ist für einen Einführungspreis von 49 Euro im Monat in einem monatlich kündbaren Abonnement vorgesehen. Ob es auch im Papierformat an Automaten zu kaufen sein wird, ist offen. Die Entscheidung treffen die Länder und Verkehrsverbünde. Das Ticket könnte mit der Zeit teurer werden. Nach den Plänen der Verkehrsminister ist ab dem zweiten Jahr eine „Dynamisierung“ in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geplant.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte: „Der Preis wird steigen“. Es solle vermieden werden, dass wegen steigender Kosten Bestandsverkehre abbestellt und Linien ausgedünnt werden müssten. „Das beste Ticket hilft am Ende nicht, wenn der Bus nicht mehr kommt.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, die vom Bund zugesagten Regionalisierungsmittel reichten nicht aus. „Auf der anderen Seite will der Bund mit dem 49-Euro-Ticket jetzt ein neues Angebot schaffen.“ Im ÖPNV sorgten enorme Kostensteigerungen etwa bei der Energie dafür, dass das Geld nicht reiche. Strecken würden ausgedünnt oder stillgelegt.
Wann wird das Ticket eingeführt?
„Schnellstmöglich“ – so steht es im Beschlusspapier von Bund und Ländern. Wissing sagte, Ziel sei ein Start zum Jahreswechsel. Es seien Vorarbeiten geleistet worden, aber noch Fragen zu beantworten.
Ob eine Einführung zum Januar klappt, scheint offen. Vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hieß es, ein Start zum 1. Januar wäre wünschenswert: „Wir setzen alles daran.“ Dies sei aber zunehmend unrealistisch. Wahrscheinlicher sei eine Einführung zum Ende des ersten Quartals 2023. Auch die Länder müssten in den Parlamenten die Beschlüsse herbeiführen. Darauf verwiesen auch Landesminister. Darüber hinaus seien viele weitere Fragen offen, argumentiert der VDV. Es sei kein monatliches 9-Euro-Ticket, sondern ein Abonnement. Dies sei aufwendiger.
Inwiefern sind soziale Staffelungen geplant?
Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, lobte zwar die Einigung. „Trotzdem bleiben wir dabei, dass sich 49 Euro nicht alle Menschen leisten können. Deshalb fordern wir weiterhin ein 365 Euro-Ticket.“
In Ländern könnte es gestaffelte Preise geben. Berlin hatte nach dem 9-Euro-Ticket ein 29-Euro-Monatsticket beschlossen, das seit Oktober im Abo erhältlich ist und nur in Berlin gilt. Der rot-grün-rote Senat hatte sich darauf verständigt, es zunächst um drei Monate bis Ende März zu verlängern.
Zum 49-Euro-Ticket sind andere Fragen ebenfalls offen. So fordert der Fahrradclub ADFC, dass Räder in Nahverkehrszügen grundsätzlich kostenlos mitgenommen werden dürfen.
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