„Dann braucht die öffentliche Hand ein Vorkaufsrecht für Moorflächen. Wir müssen Flurbereinigungsverfahren – also die Zusammenlegung von Landwirtschaftsflächen – verstärkt nutzen und Vorranggebiete für den Moorschutz festlegen.“
Wie können trockengelegte Moore renaturiert werden?
Idealerweise erfolgt die Wiedervernässung der Moore durch die Schaffung von Bedingungen, unter denen sich das Ökosystem von allein wieder erholen kann.
Alle Maßnahmen für die Renaturierung müssen moorspezifisch, also in Abhängigkeit von Klima, Wasserverfügbarkeit und Topographie vor Ort gewählt werden. Ziel ist es, dass die Moore in regenreichen Zeiten so viel Wasser speichern, dass sie in trockenen Zeiten auf Reserven zurückgreifen können. In den meisten Fällen spielt die Entwässerung nämlich eine Hauptrolle bei der Zerstörung von Mooren. Diese Entwässerung war allerdings nötig, um die Moore wirtschaftlich nutzen zu können.
Wie werden Moore wirtschaftlich genutzt?
Moore waren lange Zeit für Menschen nicht nutzbar, weder als Bau- oder Ackerland, noch als Weidefläche. Die Möglichkeit, Moorflächen trockenzulegen, stellte zunächst einen Gewinn für die Menschen dar. Viele Landwirte nutzen die entwässerten Gebiete als Weideland. Vor allem für den Torfabbau wurden die Moore jedoch benötigt. Früher wurde mit der lehmigen Erde geheizt, heute wird Torf vor allem für den Gemüseanbau genutzt.
38 Prozent der deutschen Moorflächen befinden sich in Niedersachsen
In Deutschland nimmt der industrielle Torfabbau zwar seit Jahren ab, gleichzeitig nimmt er im Baltikum aber zu. Vor allem beim industriellen Gemüseanbau kommt Torferde zum Einsatz und wird dafür teilweise durch ganz Europa transportiert. Der Vorteil von Torf gegenüber Kompost ist, dass er viele Nährstoffe enthält und gleichzeitig keimfrei ist. So müssen weniger Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen.
Rund 38 Prozent der deutschen Moorflächen und sogar 73 Prozent der Hochmoore befinden sich in Niedersachsen. Genauso wie 95 Prozent der Torfabbaugebiete....
Lassen sich Moore auch nass landwirtschaftlich nutzen?
Die Wiederverwässerung der Moore stellt jedoch nicht das Ende der wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Nutzung dar. Moore sollen in Zukunft auch nass genutzt werden können. Dieses Konzept der nachhaltigen Nutzung von Mooren wird auch als Paludikultur bezeichnet. Diese sieht gleich mehrere Punkte vor, wie Moorflächen auch nass genutzt werden können.
Aus der Biomasse von Gräsern und anderen Pflanzen kann mithilfe von Biogasanlagen Energie gewonnen werden.
Es gibt Tiere, die auf den feuchten Moosflächen weiden. In Mecklenburg-Vorpommern kommen beispielsweise Wasserbüffel gut auf dem feuchten Terrain zurecht.
Bestimmte Bäume, zum Beispiel Schwarzerlen, wachsen gut auf den feuchten Moorböden. Auch Forstwirtschaft ist also möglich.
Schilf und Rohrkolben, die in moorigen Gebieten wachsen, können für Reetdächer oder als Dämmmaterial verwendet werden.
Moore und Klimaschutz hier Norbert Lehmann, agrarheute 09.11.2022
Die Moorschutzstrategie des Bundes und was sie für Landwirte bedeutet
Das Bundeskabinett hat heute (9.11.) die von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vorgelegte Nationale Moorschutzstrategie beschlossen. Landwirte in den betroffenen Regionen sollen die Bewirtschaftung von entwässerten Flächen dem Klimaschutz anpassen.
Im Zentrum der Strategie stehen Ziele und Maßnahmen, um entwässerte Moorböden wieder zu vernässen. Dazu sollen den Landwirten als Nutzer der Flächen finanzielle Anreize geboten werden, damit sie die Bewirtschaftung den Zielen des Moorschutzes anpassen.
„Trockengelegte Moore setzen große Mengen Treibhausgase frei und tragen so zur Klimakrise bei, daher müssen wir sie wiedervernässen“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke nach dem Kabinettsbeschluss.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) stimmte der Moorschutzstrategie im Kabinett zu. Özdemir erklärte, „beim Moorbodenschutz heißt es, alle an Bord zu holen: Für die Höfe muss es sich lohnen, klimafreundlich zu arbeiten.“ Viele Landwirte wirtschafteten seit Generationen auf Moorstandorten. Nach dem Motto ‚Schützen und Nutzen‘ würden für sie nun Anreize für einen echten Moorbodenschutz geschaffen. „Wir unterstützen die Betriebe dabei, klima- und artenvielfaltsfreundliche Bewirtschaftungsformen einzuführen“, sagte Özdemir.
Wiedervernässte Moorböden sollen das Klima schützen
Die Nationale Moorschutzstrategie ist Teil des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz. Nach Angaben des Umweltministeriums stammen in Deutschland gegenwärtig 7,5 Prozent der Treibhausgasemissionen oder etwa 53 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente aus der Zersetzung von Moorböden infolge von Entwässerungsmaßnahmen und Torfnutzung.
Das Landwirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Bewirtschaftung von 1 Million Hektar kohlenstoffreicher, entwässerter Moorböden für rund ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich ist. Durch Maßnahmen zur Wiedervernässung sollen die Emissionen aus Moorböden bis zum Jahr 2030 um mindestens 5 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent reduziert werden.
Paludikultur als mögliche Nutzungsform
Eine mögliche Nutzung von Moorflächen stellt nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums die Paludikultur dar, also die Kultivierung und Verwertung von Pflanzen, die an hohe Wasserstände angepasst sind.
Auf Hochmoorböden kämen Torfmoose als Torfersatzstoff oder Sonnentau und Fieberklee für medizinische Zwecke in Frage, auf Niedermoorböden Schilf, Rohrkolben und Rohrglanzgras für Dämm- und Baustoffe, Biokohle oder die Energiegewinnung, erläutert das Ressort. Aber auch die Nutzung weiterer Pflanzen und die Herstellung innovativer Produkte sei denkbar. Ideen dafür hat das Ministerium mit einem Förderaufruf „Moorbodenschutz über die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Paludikultur“ eingeworben.
Insgesamt wird das Agrarministerium über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) bundesweit Modell- und Demonstrationsvorhaben mit über 100 Millionen Euro bis 2032 fördern.
Lemke: Intakte Moore beugen Dürren vor
Lemke erläuterte, intakte Moore und Moorböden würden dabei helfen, die Klimaschutzziele zu erreichen und außerdem einen einzigartigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten. „Sie halten Wasser in der Landschaft und beugen so Dürren vor“, sagte die Umweltministerin. Trockengelegte Moore setzten große Mengen Treibhausgase frei und trügen so zur Klimakrise bei; daher müssten sie wiedervernässt werden.
Die Nationale Moorschutzstrategie knüpft an die gemeinsam vom Bund und den Ländern im Herbst 2021 beschlossene Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz an und bildet die dortigen Ziele und Maßnahmen für die Bereiche der Land- und Forstwirtschaft ab.
Bauernverband: Freiwilligkeit muss Maßstab sein
Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV),
Bernhard Krüsken, unterstrich anlässlich des Kabinettsbeschlusses,
Landwirte seien bereit, die Klimawirkung entwässerter Moorböden zu
reduzieren, wenn die Betriebe eine dauerhafte wirtschaftliche
Perspektive und Planungssicherheit behielten.
Die
kulturhistorische – und früher staatlich geförderte – Leistung der
Urbarmachung der Moore zur Lebensmittelerzeugung dürfe nicht gegen die
Menschen in den Moorregionen gekehrt werden.
Krüsken forderte die Bundesregierung auf, dass in der Moorschutzstrategie festgehaltene Prinzip der Freiwilligkeit zum Maßstab aller Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie zu machen. Es wäre nicht akzeptabel, wenn landwirtschaftliche Betriebe durch Auflagen auf Raten aus der Nutzung von Moorböden gedrängt werden. Nach Angaben des Bauernverbandes wird die geplante Wiedervernässung nicht nur einzelne landwirtschaftliche Flächen betreffen, sondern ganze Betriebe, Dörfer und ländliche Regionen.
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