Tagesspiegel hier 14.11.22 von dpa
Statt über Klimaschutz zu diskutieren, würden Debatten über härtere Strafen für Aktivisten geführt, beklagen die Verbände. Präventivstrafen lehnen sie ab.
Umweltverbände haben in der Debatte um den Umgang mit Klimaprotesten vor einer Kriminalisierung von Aktivisten gewarnt. Von der Bundesregierung forderten sie die Einhaltung der Klimaziele.
„Statt über realen Klimaschutz zu diskutieren, wird öffentlich eine aggressive Debatte über verschiedene Formen von Klimaprotesten geführt“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von BUND, Campact, DNR, Germanwatch, Greenpeace, Nabu und WWF, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Diese Situation sei „absurd“.
In den vergangenen Wochen hatten Klimademonstranten in Deutschland und anderen europäischen Ländern unter anderem Straßen blockiert und sich dort oder an Gemälden festgeklebt sowie Kunstwerke mit Lebensmitteln bespritzt, ohne sie jedoch zu beschädigen. Die Aktivisten wollen damit ihrer Forderung nach einer entschiedeneren Bekämpfung des Klimawandels Nachdruck verleihen.
Die Debatte werde angetrieben von Politikern der Union, FDP und AfD, so die Umweltverbände. Vor wenigen Jahren habe die Union Straßenblockaden von Landwirten noch gutgeheißen. Jetzt hingegen wolle sie für die Straßenblockaden von Klimaaktivisten „Sondergesetze und Präventivhaft“ schaffen. Man stelle sich gegen die Versuche, das Eintreten gegen die Klimakrise und legitime Protestformen wie gewaltfreien zivilen Ungehorsam pauschal zu kriminalisieren, hieß es.
Söder wirbt für Präventivstrafen
Anfang November waren mehrere Menschen, die sich bei Klimaprotesten in der Münchner Innenstadt auf der Straße festgeklebt hatten, in Gewahrsam genommen worden. Die Möglichkeit dafür bietet das bayerische Polizeiaufgabengesetz. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warb am Wochenende für dieses Vorgehen. Sein Parteikollege, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, hatte zuvor Klimaaktivisten mit den Linksterroristen der RAF verglichen.
Protest der „Letzten Generation“ Wie gefährlich sind die Klimablockaden?
Die Umweltverbände erklärten: „Die Radikalen sind nicht die Protestierenden. Es sind jene, die den Verpflichtungen zum Klimaschutz nicht nachkommen.“ Es sei an der Zeit, über wirksamen Klimaschutz zu diskutieren, statt besorgte Bürger zu diffamieren.
Der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung hatte Anfang November festgestellt, dass Deutschland die Klimaziele für 2030 voraussichtlich deutlich verfehlen wird. (dpa)
TAZ hier
Umweltverbände hinter Klimaaktivismus: Respekt vor Protest
Umweltverbände und Kirchenvertreter:innen verteidigen Klimaaktionen. Aus dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU hagelt es indes Kritik.
Umweltverbände haben vor einer Kriminalisierung von Klimaprotesten gewarnt. Derzeit herrsche eine absurde Situation im Land, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von BUND, WWF, Greenpeace und weiteren Verbänden: „Statt über realen Klimaschutz zu diskutieren, wird öffentlich eine aggressive Debatte über verschiedene Formen von Klimaprotesten geführt.“
Angetrieben werde die Debatte über Aktionen der Letzten Generation von Politiker:innen der Union, FDP und AfD. Sie gipfele in der Präventivhaft für Aktivist:innen und der Forderung der Union, Sitzblockaden mit bis zu drei Jahren Haft zu bestrafen. Damit seien die Grenzen der Verhältnismäßigkeit überschritten, heißt es in der Erklärung. Es sei an der Zeit, über wirksamen Klimaschutz zu diskutieren, statt besorgte Bürger:innen zu diffamieren. Angesichts der Dimension der Klimakrise seien die Sorgen und Proteste nachvollziehbar.
Klar sei dabei, dass ziviler Ungehorsam gewissen Regeln folgen müsse und dass von ihm keine Gewalt ausgehen dürfe. Zugleich sollte ziviler Ungehorsam „auch vermittelbar und um das Erlangen gesellschaftlicher Mehrheiten bemüht sein“.
Nicht alle aus der Kirche unterstützen Klimaaktivist:innen
„Ich verstehe den Schmerz der jungen Generation, die sagt: Wir halten das nicht aus“, sagte auch der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Bilz, am Wochenende. Auch Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hatte Respekt für Klimaaktivist:innen geäußert. Sie stellten ihr eigenes Wohl zurück, um „gewaltfreien, zivilen Widerstand“ zu leisten, so Heinrich.
Der Evangelische Arbeitskreis der CDU Nordrhein-Westfalen widerspricht hingegen Heinrichs Aussagen. In ihrem Text zur Unterschriftsammlung heißt es: „Dieser Ansicht widersprechen wir. Wir haben die tiefe Sorge, dass solche Äußerungen der Evangelischen Kirche und ihren Mitgliederzahlen unermesslichen Schaden zufügen.“
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