Dienstag, 5. Juli 2022

Kretschmann schwört Kommunen auf magere Zeiten ein

 01.07.2022  |  VON HENNING OTTE, DPA  hier

 Angesichts der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs hat Baden-Württembergs Ministerpräsident die Kommunen im Land auf einen massiven Abschwung und einbrechende Steuereinnahmen eingestimmt. „Der finanzielle Spielraum wird so eng sein, dass wir uns auf die absolut notwendigen Dinge konzentrieren müssen“, sagte der Grünen-Politiker beim Verband der Bürgermeister im Südwesten in Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) und erteilte damit vielfältigen Finanzforderungen der Kommunen eine Absage. „Wenn es schlimmer kommt, werden wir ins Minus gehen“, warnte Kretschmann. Auch Städte und Gemeinden müssten ihre Ansprüche an die veränderte Lage anpassen. „Jeder muss sehen, dass die Bäume da einfach nicht mehr in den Himmel wachsen.“

Kretschmann sagte, kaum mehr jemand erinnere sich daran, dass die Wirtschaft auch mal schrumpfen könne. „Das ist ein bisschen der Fluch einer langen Prosperitätsperiode, dass einem das aus dem Bewusstsein kommt.“ Man müsse die Anspruchshaltung zurückschrauben.
 Der Grüne spielte damit auch auf die stockenden Finanzverhandlungen mit Städte-, Gemeinde- und Landkreistag an. Die Kommunen pochen auf die volle Übernahme der Kosten für ukrainische Kriegsflüchtlinge, was die grün-schwarze Landesregierung mit Hinweis auf Haushaltsrisiken durch Krieg und Pandemie ablehnt. Dem Vernehmen nach wollen sich Land und Kommunen Mitte Juli erneut bei einem Spitzentreffen mit dem Thema befassen.

Hintergrund des Streits ist, dass die Kommunen sich diesmal nicht mit kleinen Beträgen zufrieden geben wollen. Ende vergangenen Jahres hatte Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) Städte und Gemeinden auf den Doppelhaushalt 2023/2024 vertröstet. Damals kamen sie mit einer Forderung von 1,4 Milliarden Euro für Investitionen in Schulen, Kitas, Digitalisierung, Kliniken, ÖPNV und Klimaschutz.

Der Präsident des Bürgermeisterverbands, Michael Makurath, zählte die Baustellen der Kommunen auf und forderte das Land auf, sie finanziell stärker zu unterstützen. Der parteilose OB von Ditzingen hob vor allem den Personalmangel in Schulen und Kitas hervor. Er begrüßte den Appell Kretschmanns an die Teilzeit-Lehrkräfte, etwas mehr zu arbeiten, zweifelte aber am Erfolg. In den Kitas fehlten Erzieherinnen an allen Ecken und Enden. „Für die betroffenen Eltern sind die Kommunen die Prellböcke für ihre Frustration, wenn sie die Plätze nicht bekommen.“ Makurath forderte wegen des drohenden Gasmangels schnelle, gemeinsame Vorkehrungen von Bund, Land und Kommunen.

Volle Zustimmung erntete Kretschmann mit seinem Nein zu der von der Ampel-Bundesregierung geplanten Entlastung für hoch verschuldete Kommunen in ganz Deutschland. „Das werde ich nicht einfach durchwinken.“ Es könne nicht angehen, dass der Bund ein Land wie Baden-Württemberg in die Solidarität zwingen wolle. „Meine Aufgabe ist es jedenfalls nicht, die Schulden der Kommunen in anderen Ländern zu bezahlen.“ 

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