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Kolumne Klimafreitag, von Marlene Weiß
Im Großen und Ganzen halte ich mich für einigermaßen optimistisch veranlagt, oder zumindest behaupte ich, dass es sich bei meinem Pessimismus eigentlich nur um Erwartungsmanagement handelt. Aber momentan ist eine positive Perspektive wirklich nicht leicht, was soll eigentlich noch alles schiefgehen? Selbst wenn man die allgemeine Weltlage ausblendet, und wer schafft das schon, kann man schon allein über die Situation im Klimaschutz verzweifeln. Die Kohle boomt, noch immer werden vor allem in China munter neue Kohlekraftwerke geplant. Die Aufgabe, von diesen hohen CO₂-Emissionen wieder herunterzukommen, wird immer größer. Und derweil schreitet die Erwärmung weiter fort, jede heute emittierte Tonne wird man noch bereuen.
Wenigstens ein wenig erfreulich ist da eine aktuelle Studie im Fachmagazin PNAS, in der zumindest theoretisch gezeigt wird, wie man sich die Sache etwas leichter machen könnte: Würde man parallel andere Klimawandeltreiber als CO₂ in den Blick nehmen, so die Autoren, könnte man die Erwärmung schnell und spürbar verlangsamen, während die Welt den CO₂-Ausstoß herunterfährt. Und das müsste noch nicht einmal teuer sein.
Nur rund die Hälfte der Erwärmung durch Treibhausgase geht aktuell auf das Konto von CO₂. Denn es gibt eine ganze Reihe anderer durch menschliche Aktivitäten ausgestoßener Substanzen, die zur Erwärmung beitragen. Dazu gehört etwa Methan, aber auch Ruß oder Ozon. Weil viele von ihnen viel kürzer als CO₂ in der Atmosphäre verbleiben, wirkt es sich sehr schnell auf die Temperatur aus, wenn man diese Emissionen reduziert.
Das Team um Yangyang Xu von der Texas A&M University schlägt nun vor, neben CO₂ auch die kurzlebigen Klimaschädiger sowie Lachgas systematisch zu reduzieren. Ihre Analyse zeigt, dass das Potenzial riesig ist. Schon von 2030 an könnte so eine Strategie Wirkung zeigen und das Tempo der Erwärmung halbieren – und so der Menschheit etwas Zeit verschaffen, nachdem sie so lange getrödelt hat. Und oft würden sich solche Maßnahmen sogar lohnen: Wenn man zum Beispiel Methanlecks stopft, kann man das Gas teuer verkaufen. Dann wird es zwar verbrannt, wobei CO₂ entsteht, aber der Klimaschaden ist viel geringer, als wenn das starke Treibhausgas Methan direkt entweicht.
Gute Nachrichten also? Naja. Es gab schon so viele in jeder Hinsicht sinnvolle Klimaschutzstrategien, umgesetzt wurden sie deshalb noch lange nicht. Aber immerhin, möglich wäre es.
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