Donnerstag, 28. Juli 2022

Städte brodeln vor Hitze: Meterologe zeigt einen Ausweg

 efahrer  hier  28. Juli 2022 | Tobias Stahl

Aktuell rollt eine Hitzewelle durch Europa, die vielerorts auch nachts für tropische Temperaturen sorgt. In einigen europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, kämpfen Feuerwehren gegen Waldbrände – aber auch und gerade in den Städten kann es extrem heiß werden. Mehrere Meteorologen sind sich nun einig: Unsere Städte müssen neu gedacht werden.

Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, Kroatien und Deutschland ächzen in den vergangenen Tagen und Wochen unter einer Hitzewelle – und auch Großbritannien war noch vor einigen Tagen einer noch nie dagewesenen Hitze mit Temperaturen von über 40 Grad ausgesetzt.

Durch den Klimawandel es in Zukunft wohl häufiger solche Hitzewellen geben, die vor allem in den Städten zu teils lebensgefährlichen Temperaturen führen können: "Städte sind in den sommerlichen Hitzelagen im Durchschnitt oft neun Grad wärmer als die ländliche Umgebung, das zeigen auch Studien - wir sprechen also von einer ganz anderen Klimazone", erklärt der ARD-Wetterexperte Sven Plöger gegenüber der Rheinischen Post. Angesichts der zunehmenden Hitzewellen hält Plöger umfassende Anpassungsmaßnahmen in deutschen Städten für notwendig.

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ARD-Wetterexperte: "Deutlich weniger Autos in den Städten"

"Wir brauchen mehr Grün und Blau in den Städten, also mehr Pflanzen und Wasser, um mehr Verdunstungskälte zu schaffen", so Plöger. Durch die zunehmende Versiegelung sehe man in den Städten eine "unglaubliche Überhitzung", sagte der Wetterexperte, der sich als Autor von Büchern und Filmbeiträgen auch für den Klimaschutz engagiert. Asphaltdecken und Gebäude, aber auch geparkte Fahrzeuge nehmen tagsüber Hitze auf und geben diese bis weit in die Nacht hinein ab. Tropische Nächte, also Nächte in denen die Lufttemperatur nicht unter 20 Grad fällt, werden immer häufiger und befeuern das Problem weiter. Städtebaulich seien in Zukunft deshalb mehr Luftkorridore und mehr Freiflächen erforderlich, fordert Plöger.

"Ich bin auch für deutlich weniger Autos in den Städten, denn sie stehen oft 23 Stunden am Tag nur herum und werden nur eine Stunde genutzt", betonte der Meteorologe. Es sei notwendig, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und Arbeit und Wohnen näher zusammenzubringen, um die Mobilität zu reduzieren.

Mehr Bäume pflanzen, versiegelte Flächen aufbrechen

Der Meteorologe Stefan Emeis vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schlägt im Deutschlandfunk aus ähnlichen Gründen eine verstärkte Begrünung der Städte vor, um die Hitzebelastung dort zu reduzieren. Dabei handele es sich um eine der größten Möglichkeiten, die man dafür habe und die an manchen Stellen auch relativ schnell umgesetzt werden könne, so der Wissenschaftler.

Konkrete Maßnahmen seien beispielsweise das Pflanzen zusätzlicher Bäume, das Aufbrechen größerer versiegelter Flächen und die Integration von Rasenstücken. Ziel sei ein Feuchtigkeitsaustausch an der Oberfläche, denn jeder Verdunstungsvorgang brauche Energie und diese stehe dann nicht für die Aufheizung zur Verfügung, sagte Emeis gegenüber Deutschlandfunk. Der Meteorologe verwies zudem auf die Möglichkeit, Gebäude zu begrünen. Auf den Dächern und an Fassaden könne man zumindest in gewissem Maße versuchen, Pflanzen anzubringen. Je mehr Grün man über Fassaden und Dächer in den Stadtraum hineinbringe, desto mehr Verdunstungsmöglichkeiten schaffe man. Und das wirke dann auf lange Sicht der Aufheizung der Städte entgegen.

Umweltbundesamt fordert stärkere Begrünung und mehr Schatten

Als Extrembeispiel im positiven Sinne nannte Emeis den Hochhaus-Komplex "Bosco Verticale" (vertikaler Wald) in Mailand, zwei komplett begrünte Hochhäuser. Man müsse natürlich statische Fragen berücksichtigen, zudem müsse es die Möglichkeit geben, die Pflanzen zu bewässern. Aber es gebe nirgendwo eine Vorschrift, dass ein Gebäude außen kahl und glatt sein müsse.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) hatte sich Anfang Juli für eine stärkere Begrünung und mehr Schatten in den Städten ausgesprochen, um die hohen Temperaturen erträglicher zu machen. Man sei dem "Hitzeinseleffekt" nicht schutzlos ausgeliefert“, erklärte UBA-Präsident Dirk Messner. "Mit deutlich mehr Grün, vor allem neuen Bäumen und mehr Verschattung durch außenliegenden Sonnenschutz sowie Dach- und Fassadenbegrünung lässt sich der Aufenthalt im Freien und die Temperaturen in den Wohnungen wesentlich angenehmer gestalten".

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