15.07.2022 |
In der CDU beginnt das Umdenken
Lange haben sich Unionspolitiker gegen ein Tempolimit in Deutschland gesträubt. Unter dem Eindruck von Ukraine-Krieg und drohendem Energienotstand beginnt das Umdenken. Ein befristetes Tempolimit auf deutschen Autobahnen dürfe „kein Tabu“ sein, sagt Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Konstanz und klimapolitischer Sprecher der Union. „In dieser Situation muss jede Partei über ihren Schatten springen“, so Jung auf Nachfrage des SÜDKURIER.
So wie er dächten inzwischen viele in der Unionsfraktion des Bundestags, berichtet Jung. Auch in den Orts- und Kreisverbänden seien die Parteimitglieder für den Vorschlag einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen inzwischen offen. Die sich abzeichnende Energieknappheit werde die gesamte Gesellschaft auf die Probe stellen, „da müssen alle Vorschläge, wie man Energie einsparen kann, in den Topf“, mahnt der CDU-Politiker vom Bodensee.
Konkret denkt Jung an Tempo 130. So wie Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann plädiert er dafür, die Regelung auf zwei Jahre zu befristen. Damit komme man nicht nur besser über die beiden nächsten beiden Winter, sondern könne auch konkrete Erfahrungen sammeln, was ein solcher Schritt in Sachen Einsparung und Verkehrssicherheit bringe. Klar ist für den CDU-Mann schon jetzt: „Ein Tempolimit hilft bei beidem, Energiesicherheit und Klimaschutz.“.....
Eine Idee mit Charme
Während in vielen Teilen Europas und der ganzen Welt ein generelles Tempolimit gilt, hat sich Deutschland dazu noch nicht durchringen können. Regelmäßig wird über eine Geschwindigkeitsbegrenzung diskutiert, die aktuelle Debatte ist allerdings nicht einem Sommerloch, sondern der Angst vor kalten Heizungen im Winter geschuldet. Vor dem Hintergrund der Energiekrise werden Themen angepackt, die bisher sakrosankt erschienen.
Die Stimmung bei den Autofahrern hat sich bereits gedreht, das legt zumindest eine Umfrage des Automobilclubs ADAC unter seinen Mitgliedern nahe. Über Jahre lehnten diese ein Tempolimit auf Autobahnen mehrheitlich ab, zuletzt stieg die Zahl der Befürworter jedoch. Demnach votierten 44 Prozent gegen ein Tempolimit, 52 Prozent dafür.
Die Politik könnte dem folgen. CDU-Parteivize Andreas Jung brachte die Debatte ins Rollen. Der Konstanzer Wahlkreisabgeordnete will den Deutschen das Rasen nicht dauerhaft verbieten, der Energie- und Klimaexperte plädiert vielmehr für ein „temporäres“ Tempolimit. Der Auto Club Europa präsentierte kürzlich erst einen ähnlichen Vorschlag, er regte ein befristetes Tempolimit von 100 Stundenkilometern an. Die Begründung leuchtet ein: Durch eine Begrenzung könnte im Verkehr zügig ein wichtiger Beitrag zur Drosselung des Ölverbrauchs geleistet werden.
Die Idee hat Charme. Im Gegensatz zu einer Verlängerung der AKW-Laufzeiten ließe sich ein Tempolimit mit ein paar neuen Verkehrsschildern leicht umsetzen. Kürzer duschen, weniger heizen, langsamer fahren – man könnte es ja einfach mal ausprobieren. Wenn es nichts taugt, kommt es eben wieder weg. Dann aber auch endgültig.
Stefan Lange berichtet seit vielen Jahren als Korrespondent des SÜDKURIER aus Berlin.
Natürlich ist einer dagegen, bei dem uns nichts mehr überrascht:
Gegen Tempolimit
Thomas Bareiß , 47, verkehrspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, hat sich gegen ein generelles Tempolimit ausgesprochen. „Es ist kein wirkungsvolles Mittel, um der aktuellen Energiekrise zu begegnen, und lenkt von den wirklichen Problemen ab“, sagte der CDU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen. „Ich rate der CDU, diese Debatte schnell zu beenden.“ Zuvor hatte sich sein Konstanzer Parteifreund Andreas Jung offen für ein temporäres Tempolimit gezeigt, anschließend auch der CDU-Obmann im Klimaschutz-Ausschuss, Thomas Gebhart. Bareiß sagte: „Für mich steht außer Frage, dass bei den aktuellen Rekordpreisen von Benzin und Diesel eine große Mehrheit der Autofahrer schon heute sehr zurückhaltend und sparsam fährt.“ (dpa)
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