Donnerstag, 24. Februar 2022

Getrennte Wege im Kampf gegen die Verschwendung

 22.02.2022  |  VON STEFAN LANGE WIRTSCHAFT@SUEDKURIER.DE  hier

...... Vom Grundsatz her sind ihre Forderungen deckungsgleich mit denen der Ampel-Koalition.

Wir fordern, dass die neue Bundesregierung sofort gegen die Lebensmittelverschwendung vorgeht: Große Supermärkte sollten verpflichtet werden, noch genießbares Essen zu spenden – und so gegen den Welthunger vorzugehen und deutlich ihren CO?-Ausstoß zu reduzieren“, erklärt die „Letzte Generation“. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP formulierten es vor gut einem Monat ähnlich. In einem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, „gemeinsam mit allen Beteiligten die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch zu reduzieren und haftungsrechtliche Fragen zu klären sowie auch eine steuerrechtliche Erleichterung für Spenden zu ermöglichen“.

Der zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schließlich verweist auf den Koalitionsvertrag. „Da haben wir nämlich zusammen mit SPD und FDP bereits vereinbart, die Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen – und zwar auch dort, wo sie vor allem stattfindet“, erklärte der Grünen-Politiker. Das Thema Lebensmittelverschwendung beschäftigt den Bundestag seit mehr als zehn Jahren. Im Herbst 2011 etwa beklagte die SPD-Fraktion, dass „auf jeder Stufe der Warenkette brauchbare Lebensmittel weggeworfen“ würden.

Andere Fraktionen formulierten ähnliche Anträge, das Problem besteht indes weiter. Rund zwölf Millionen Tonnen noch brauchbarer Lebensmittel werden nach Regierungsangaben pro Jahr in Deutschland vernichtet. Laut einer Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) sind es sogar mehr als 18 Millionen Tonnen, das wäre fast ein Drittel des Nahrungsmittelverbrauchs von 54,5 Millionen Tonnen. Zehn Millionen Tonnen weggeworfener Lebensmittel bedeuten nach WWF-Rechnung, dass jährlich 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche praktisch umsonst bewirtschaftet werden, dies entspricht zusammen der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. 48 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen werden freigesetzt.

Die Bundesregierung hat sich dem UN-Ziel angeschlossen, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. Der größte Teil der Lebensmittelverschwendung fällt allerdings nicht bei Supermärkten an – die oftmals schon seit Jahren Lebensmittel unter anderem an die Tafeln abgeben -, sondern in den privaten Haushalten. Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle so gut wie keine Handhabe und muss auf Einsicht und Freiwilligkeit setzen. Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) startete die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ mit Tipps und einer eigenen Internetseite. Aber auch das reicht offenbar nicht.

Özdemir will die von Klöckner begonnene Arbeit fortsetzen und dabei unter anderem die „größten Reduzierungspotenziale“ identifizieren. Die Aktionen der „Letzten Generation“ lehnt er gleichwohl ab. „Klimaschutz ist so dringlich und notwendig, dass wir nicht länger damit warten können, und genau deshalb habe ich eigentlich überhaupt keine Lust, dass gerade ganz wenige mit Lärm dazu beitragen, Mehrheiten für den Klimaschutz zu gefährden“, sagte der Minister für Ernährung und Landwirtschaft. Wer das tue, spiele „doch den reaktionären Kräften in die Hand, die eben gerade keinen Klimaschutz wollen“.

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