Donnerstag, 10. Februar 2022

"So steht die Landesregierung da"

Südkurier  hier

06.02.2022  |  VON ULRIKE BÄUERLEIN ULRIKE.BAEUERLEIN@SUEDKURIER.DE

So steht die Landesregierung da

Pandemie, Krisenmanagement und Corona-Verordnungen – kaum ein Bereich der Landespolitik, der nicht damit befasst ist. Aber was macht die im Mai 2021 neu formierte grün-schwarze Landesregierung sonst eigentlich noch? Schließlich war das im Koalitionsvertrag fixierte Arbeitsprogramm ambitioniert.



..  Denn die Bürger im Land sind zunehmend unzufrieden mit ihrer Regierung und dem Regierungschef – allerdings vorwiegend in Sachen Pandemiemaßnahmen. Dies bestätigt auch Kommunikationswissenschaftler und Wahlforscher Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim. „Die Kritik an Kretschmann ist coronabedingt“, wertet Brettschneider. „Nach zwei Jahren Pandemie verfangen seine vorsichtige Haltung und das Erklärende nicht mehr richtig. Dazu kommen Kommunikationspannen wie gerade bei der Exit-Strategie.“

Klimaschutzgesetz und Windkraftausbau: Mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm samt Solardachpflicht hat die Regierung ein zentrales Projekt des Koalitionsvertrags bereits umgesetzt. Aus der Bauwirtschaft kommt aber Kritik, es fehle an konkreten Vorgaben. An einem weiteren Vorzeigeprojekt, der von Kretschmann vorgegebenen Halbierung der Dauer von Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen, wird derzeit in einer Task Force gearbeitet. Schnelle Erfolge sind kaum zu erwarten. .......

 Der Erfolg steht und fällt mit der Wiedereinführung der „Südquote“, einer Förderung, die Bau und Betrieb von Windkraftanlagen für Investoren auch in Bundesländern mit anspruchsvoller Topografie attraktiv macht. Das Land arbeitet auf EU-Ebene und beim Bund intensiv daran. Die neue Umweltministerin Thekla Walker geht heikle grüne Themen an – etwa Überlandleitungen oder den Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz. Für Wahlforscher Brettschneider ist sie ein Aktivposten der Landesregierung: „Sie hat sich schnell eingearbeitet und drückt sich nicht vor Konflikten“, so Brettschneider.

Haushalt und Finanzen, Wissenschaft und Wirtschaft: Ins kalte Wasser sprang der landespolitische Quereinsteiger Danyal Bayaz (Grüne) als Finanzminister. Sofort nach Dienstantritt musste er einen Nachtragshaushalt durch den Landtag bringen, kurz darauf seinen eigenen ersten Haushaltsplan zwischen Schuldenbremse und Corona-Soforthilfen aufstellen, was er solide überstand. Große Glanzlichter fehlen, die finanziellen Zwänge sind auch durch Corona groß. Weniger Steuerausfälle als befürchtet reichen zumindest für neue Stellen bei Polizei, in der Justiz, für Lehrer und in der Verwaltung. Geld gab es auch für den dringend benötigten Wohnungsbau, die Hochschulen und für Förderschwerpunkte im Bereich Technologie- und Innovationsförderung, Wasserstoff und Künstlicher Intelligenz (KI). ....

Der Breitbandausbau im Land kommt zudem voran. Dagegen hinkt die Digitalisierung der Verwaltung trotz einzelner Fortschritte weit hinter den eigenen Ansprüchen hinterher – wie am Beispiel der Gesundheitsämter in der Corona-Krise erneut deutlich wird.

.... sieht Politikforscher Brettschneider etwa im Verkehrs- und im Wohnungsbausektor einiges an Sachpolitik angegangen – allerdings weit unter dem öffentlichen Radar. Für den Politikforscher ist es aber insgesamt kein schlechter Auftakt der Landesregierung – soweit sich das nach sieben weiteren Corona-Monaten überhaupt schon bewerten lasse.

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