Sonntag, 13. Februar 2022

Der Hanf wird zum Multitalent

Warum dieser große Hype um den Hanfanbau? Es heißt, die Bauern stehen in den Startlöchern.
Manch einer verbindet eher Ängste als Hoffnung mit dieser Aussage, und sieht uns in Zukunft schon alle kiffend im Gras liegen.
Doch es gibt auch Stimmen die sagen: "Endlich, das ist schon lange überfällig!"
Nun hat auch der Südkurier dazu einen Artikel veröffentlicht

Südkurier hier  11.02.2022  |  VON KERSTIN VIERING

Cannabis legalisieren? Diese Idee der neuen Bundesregierung hat für einigen Wirbel gesorgt. Das aber begeistert längst nicht alle Fachleute, die sich mit dem Anbau und der Verwertung der Hanfpflanze beschäftigen. Denn schon wieder steht der eher zweifelhafte, vom Rauch der Joints umwehte Ruf des Gewächses im Mittelpunkt der Diskussionen. Dabei geht die Formel „Hanf = Droge“ schon lange nicht mehr auf. Seit einigen Jahren entdecken immer mehr Branchen die uralte Nutzpflanze als umweltfreundlichen Rohstoff.

Aus Hanfstroh etwa lassen sich Textilfasern gewinnen. „Hanf ist robust, langlebig und hat einen natürlichen Glanz“, schwärmt Kristin Heckmann vom Naturtextilien-Pionier hessnatur. Zudem trocknet er schnell, ist atmungsaktiv und fühlt sich auf der Haut gut an. Die Qualität entspricht etwa der von hochwertiger Baumwolle, doch die Umweltbilanz ist deutlich besser: „Hanf zählt zu den umweltschonendsten und nachhaltigsten Fasern“, so Heckmann.

Denn beim Anbau kommen kaum Chemikalien zum Einsatz. Nach der Saat wächst die Pflanze so rasch und dicht heran, dass in ihrem Schatten kaum etwas anderes gedeiht. Eine Unkraut-Bekämpfung können sich die Landwirte sparen. Auch gegen Schädlinge und Krankheiten muss in der Regel nicht gespritzt werden, weil diese dem grünen Überlebenskünstler kaum etwas anhaben können.

Im Vergleich zum pestizidintensiven konventionellen Baumwoll-Anbau sammelt Hanf Umwelt-Pluspunkte. Auch beim Wasserverbrauch schneidet er deutlich besser ab. In einem Feldversuch des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in einem trockenen Gebiet bei Potsdam hat er pro Kubikmeter verbrauchten Wassers im Schnitt 2,4 Kilo Trockenmasse geliefert. Dieser Wert liegt sechsmal höher als bei Baumwolle.

Neben Textilien kann man aus dem pflanzlichen Multitalent auch Dämmstoffe für Gebäude herstellen, die sehr gut gegen Wärme, Kälte und Lärm isolieren. Die Fasern können Feuchtigkeit aufnehmen und später beim Trocknen wieder abgeben, was sich günstig auf das Raumklima auswirkt. Zudem sind sie haltbar und resistent gegen Schimmel und Bakterien. Und sie punkten auch in Sachen Klimaschutz.

So hat das nova-Institut in Hürth bei Köln analysiert, welche Mengen an Treibhausgasen beim Hanf-Anbau, bei der Gewinnung der Fasern und beim Transport zum Verarbeitungsbetrieb anfallen. Verglichen mit Glaswolle setzte der Hanf nur ein Drittel so viele Treibhausgase frei. Hinzu kommt, dass die Pflanzen in vier bis fünf Monaten bis zu fünf Meter hoch werden und drei Meter lange Wurzeln entwickeln können.

Dafür brauchen sie eine Menge Kohlendioxid, dessen Kohlenstoff sie in ihre Stängel, Blätter und Wurzeln einbauen. Fachleute des Europäischen Industriehanf-Verbandes EIHA haben ausgerechnet, dass eine Tonne Nutzhanf beim Wachsen 1,6 Tonnen Kohlendioxid bindet. Verbaut man die Fasern dann als Hanfbeton in einem Haus, steckt der darin enthaltene Kohlenstoff für Jahre in den Wänden, statt das Klima aufzuheizen.....

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