Dieser Bericht erschien auf Agrar-aktuell und zeigt: Auch die Landwirtschaft hat sich auf den Weg gemacht. Klimawandel wird ernst genommen. Ein wirklich guter Artikel!
26.02.2022 in den Agrar-Nachrichten  hier
| Was fällt den meisten Menschen hierzulande beim Thema Klimawandel als
 erstes ein? Wahrscheinlich, dass klimaschädliche Emissionen gesenkt 
werden müssen, Stichwort Kohleausstieg, Elektroautos und ähnliches. | 
 
						
 | | Dass
 das Klima sich durch Menschenhand katastrophal verändert, steht fest. 
Nun geht es um die Folgen und darum, welche Anpassungen für Mensch und 
Natur nötig sind. Klar ist: Weitermachen wie bisher geht nicht. (c) 
proplantaDahinter 
steht vor allem der Wunsch und Wille, mit solchen Veränderungen so 
weiterleben zu können wie bisher. Aber mit der Verringerung der 
klimaschädlichen Treibhausgasemissionen ist es längst nicht getan. Es 
braucht Anpassungsmaßnahmen, und Menschen müssen sich von 
Lebensgewohnheiten verabschieden. Dazu legt der Weltklimarat (IPCC) am 
28. Februar einen neuen Bericht vor.
 Darin geht es um die Folgen 
des Klimawandels für Natur und Mensch und die Anpassungen, die nötig 
sind, um das Leben auf diesem Planeten einigermaßen im Gleichgewicht zu 
halten.
 Die Grundlagen stammen aus Zehntausenden wissenschaftlichen 
Studien.
 
 Weil der Rat ein UN-Gremium ist, reden bei der 
Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger aber Regierungen ein 
Wörtchen mit. Da geht es um handfeste politische Interessen: Was wird 
wie drastisch dargestellt, was rückt eher in den Hintergrund? Seit zwei 
Wochen wird um jede Zeile gerungen, die Debatte hinter verschlossenen 
Türen zog sich länger hin als geplant.
 
 Natürlich müssen die 
Treibhausgase gemindert werden, betont die Wissenschaft. «Es kann aber 
nicht nur darum gehen, dass künftig alle Elektroauto fahren und 
ansonsten weiterleben wie bisher», sagt Tabea Lissner, Co-Leiterin des 
Wissenschaftsteams von Climate Analytics in Potsdam, der Deutschen 
Presse-Agentur. Und Almut Arneth, Klimaforscherin am Karlsruher Institut
 für Technologie (KIT), sagt: «Wenn wir uns nur auf die Minderung der 
Treiber des Klimawandels verlassen, mit Maßnahmen, die große Landflächen
 benötigen, haben wir Probleme mit dem Naturschutz.»
 
 An 
Anpassungen führt also kein Weg vorbei. In Deutschland haben die 
Überschwemmungen in der Region Ahr und Erft im Juli 2021 den Klimawandel
 real gemacht. Mehr als 180 Menschen kamen dort nach Starkregen ums 
Leben, den es nach Studien ohne menschengemachten Klimawandel in dieser 
Intensität nicht gegeben hätte. Wenn nicht mehr Klimaschutz betrieben 
werde, stiegen die jährlichen Schäden durch Überschwemmungen an Flüssen 
in Deutschland nach Modellberechnungen bei gleichbleibender Politik um 
72 Prozent, sagt Lissner.
 
 Anpassung heißt: Mit kleinen 
Schutzwällen an besonders exponierten Stellen ist es nicht getan. «Man 
muss das ganze Wassersystem und das Zusammenspiel aller Faktoren 
anschauen», sagt Lissner. Allgemein sei es an Flüssen je nach Region und
 Lage womöglich nötig, Begradigungen zurückzubauen und 
ursprüngliche Flussbetten wieder herzustellen, durch Straßen oder Bauten
 versiegelte Böden zu öffnen und Flächen zu schaffen, wo Hochwasser 
versickern kann. Manche Flächen könnten in Zukunft auch einfach nicht 
mehr so genutzt werden wie bisher.
 
 Inselstaaten sind in einem 
besonderen Dilemma, sagt Lissner. Durch häufigere Stürme werden Hütten 
und Häuser immer wieder zerstört. Die Länder hätten kaum Ressourcen für 
den Bau besserer Häuser, um diesem Teufelskreis zu entkommen. 
«Klimafinanzierung ist wichtiger Baustein der Anpassung», sagt sie.
 
 Reiche
 Länder haben ihren Wohlstand mit klimaschädlichen Emissionen aufgebaut 
und sind historisch für den Großteil des Klimawandels verantwortlich. 
Sie haben 2009 versprochen, bis spätestens 2020 jedes Jahr 100 
Milliarden Dollar dafür zur Verfügung zu stellen, doch dieses 
Versprechen nicht eingehalten.
 
 Der Weltklimarat will auch stärker
 als bisher verdeutlichen, wie eng Klima- und Naturschutz 
zusammenhängen. «Klimaschutzmaßnahmen können schlecht für den 
Artenschutz sein, aber Artenschutz tut dem Klima eigentlich nicht weh», 
sagt Arneth. Beispiel Biosprit: Wenn statt emissionsintensivem Benzin 
Treibstoff aus pflanzlichen Rohstoffen genutzt werden soll und dafür 
riesige Rapsfelder oder Palmölplantagen angelegt werden, schwindet die 
Artenvielfalt. Die Aufnahme von klimaschädlichem CO2 kann sogar 
reduziert werden, wenn für Plantagen - wie etwa in Indonesien - 
tropische Regenwälder gerodet werden.
 
 Nach einem UN-Bericht ist 
die durchschnittliche Artenvielfalt in ländlichen Lebensräumen um 
mindestens 20 Prozent zurückgegangen, überwiegend in den vergangenen 120
 Jahren. Eine Million Arten seien vom Aussterben bedroht, mehr als je 
zuvor in der Menschengeschichte. Artenschutz bedeutet auch, 
Naturlandschaften zu erhalten, die zur Minderung der Treiber des 
Klimawandels beitragen.
 
 Beispiel Wald: Als Anpassungsmaßnahme an 
den Klimawandel mit vielen positiven Effekten gilt die Wiederherstellung
 naturnaher Wälder. «Sie nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf, sie schaffen
 Lebensraum für Arten, sie regulieren den Abfluss von Regenwasser, sie 
bieten ein kühles Ökosystem für Tier und Mensch, und damit auch Raum für
 Entspannung», sagt Arneth. Der Haken sei die Konkurrenz von Waldfläche 
mit notwendiger Fläche für die Nahrungsmittelproduktion.
 
 Deshalb 
ist für die Klimaexpertinnen klar, dass Anpassung auch eine Veränderung 
der eigenen Lebensart bedeutet. «Der Pro-Kopf-Konsum in westlichen 
Ländern ist zu hoch», sagt Arneth. «Wir müssen nicht alle vegan werden, 
in Jutesäcken rumlaufen und die Wohnung nicht heizen, aber wir können 
uns an die eigene Nase fassen.» Fast 60 Prozent der Agrarflächen dienen 
der Fleischproduktion weltweit. «Wie überzeuge ich die Deutschen, dass 
sie vielleicht nur noch zweimal in der Woche Fleisch essen statt jeden 
Tag?»
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