Am 28. Februar wird der neue Bericht des Weltklimarats (IPCC) vorgestellt. Dieser werde wie kein anderer zuvor zeigen, „mit welchen katastrophalen Klimarisiken wir in Zukunft rechnen müssen“, sagt ein Wissenschaftler. Ein Überblick.

    Treibhausgasemissionen mindern, um den Klimawandel zu bremsen – Fachleuten zufolge ist klar, dass das allein nicht reicht. Nötig sind auch Anpassungsmaßnahmen, denn einige Veränderungen sind nicht mehr zu vermeiden. Das wird auch die Lebensgewohnheiten der Menschen betreffen. In welchem Maße zeigt der neue Bericht des Weltklimarats (IPCC), der am kommenden Montag veröffentlicht wird. Antworten auf Fragen dazu im Überblick.

    Worum geht es im neuen IPCC-Bericht?

    Dabei geht es um den zweiten Teil des sechsten IPCC-Sachstandsberichts. Während der erste Teil den wissenschaftlichen Kenntnisstand behandelte, stehen nun die Folgen des Klimawandels, Verwundbarkeiten und Anpassungen im Fokus. Es geht um Ökosysteme und biologische Vielfalt ebenso wie um konkrete Auswirkungen auf menschliche Gesellschaften, Gesundheit und Infrastruktur. Für den Bericht haben 270 Autorinnen und Autoren aus der ganzen Welt in fünfjähriger Arbeit über 34 000 klimawissenschaftliche Publikationen ausgewertet. „Der neue IPCC-Bericht wird wie kein anderer zuvor zeigen, wie sehr sich die Welt aufgrund des Klimawandels schon verändert hat und mit welchen katastrophalen Klimarisiken wir in Zukunft rechnen müssen – je nachdem, wie schnell und wie weit wir den Ausstoß der Treibhausgase senken“, sagte Hans-Otto Pörtner im Vorfeld bei einem Pressegespräch des Deutschen Klima-Konsortiums. Der Meeresbiologe ist Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II des Weltklimarats, er hat den kommenden Bericht mit koordiniert.

    Welche Veränderungen gibt es?

    „Auch bei uns hier in Deutschland ist der Klimawandel zunehmend spürbar“, sagte Hans-Otto Pörtner – und erinnerte an das Absterben eines Teils der hiesigen Wälder, an landwirtschaftliche Verluste aufgrund der Dürre vergangener Sommer und ganz besonders an Tausende Hitzetote und die Toten etwa der Flut an Ahr und Erft. Studien zufolge erhöht der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit und die Intensität solcher Extremwetterereignisse.

    Wenn nicht mehr Klimaschutz betrieben werde, stiegen die jährlichen Schäden durch Überschwemmungen an Flüssen in Deutschland Modellberechnungen zufolge bei gleichbleibender Politik um 72 Prozent, sagte Tabea Lissner von der Non-Profit-Organisation Climate Analytics in Potsdam.

    Im Bericht gehe es letztlich um ganz Grundsätzliches, sagte Josef Settele, Biodiversitätsexperte vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. „Die Möglichkeiten der Natur, für unser Überleben zu sorgen, ändern sich mit dem Klimawandel enorm – Hunger nimmt zu, Wasser wird knapp“, so Settele, der selbst aber nicht am aktuellen IPCC-Bericht mitgeschrieben hat.

    Was ist genau mit Anpassungen gemeint?

    Es kann nicht nur darum gehen, dass künftig alle Elektroauto fahren und ansonsten weiterleben wie bisher“, sagte Tabea Lissner der Deutschen Presseagentur. Neben wichtigen Treibhausgasminderungen hält sie Anpassungen – bei Lebensgewohnheiten ebenso wie für Umwelt und Infrastruktur – für unabdingbar. Gemeint ist nicht nur Hochwasserschutz im Kleinen. „Man muss das ganze Wassersystem und das Zusammenspiel aller Faktoren anschauen.“ Allgemein sei es an Flüssen je nach Region und Lage womöglich nötig, Begradigungen zurückzubauen und ursprüngliche Flussbette wieder herzustellen, durch Straßen oder Bauten versiegelte Böden zu öffnen und Flächen zu schaffen, wo Hochwasser versickern kann, so Lissner. Manche Flächen könnten in Zukunft nicht mehr so genutzt werden wie bisher. Damit auch besonders betroffene Länder – etwa Inselstaaten – Anpassungen vornehmen können, ist Lissner zufolge Klimafinanzierung durch reiche, historisch für viele Emissionen verantwortliche Länder wichtig.

    Der Biologe Josef Settele betonte, dass die Menschen dem Klimawandel nicht ausgeliefert seien. Neben der Reduktion von Emissionen seien veränderter Lebensmittelkonsum und eine wassersparende Landwirtschaft konkrete Beispiele für Anpassungsmöglichkeiten. Wichtig ist Settele, Klima- und Biodiversitätsschutz nicht gegeneinander auszuspielen, sondern zusammenzudenken: „Der Erhalt und Wiederaufbau gesunder Ökosysteme, zum Beispiel durch Schutz und Aufbau naturnaher Wälder sowie Renaturierung von Mooren, bietet nicht nur Raum für biologische Vielfalt, sondern leistet auch einen Beitrag zum Klimaschutz, da so Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden wird.“ Dennoch: Ein Weiter-so und dazu ein wenig Naturschutz reichten bei Weitem nicht aus, betonte Settele: „Wir brauchen einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, um für kommende Generationen eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“

    Welche Rolle spielt die aktive Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre?

    Um das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen zu können, halten die meisten Experten es neben der Minderung des Treibhausgasausstoßes auch für nötig, der Atmosphäre aktiv CO2 zu entziehen. So sollen unvermeidliche Emissionen aus Landwirtschaft oder Industrie ausgeglichen werden. Eine Möglichkeit sind Aufforstungen. „Sie werden aber keine Riesenmenge CO2 aus der Atmosphäre holen“, sagte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Interview mit unserer Zeitung. Eine weitere Möglichkeit sind Technologien, mit denen CO2 dort aufgefangen wird, wo es entsteht – etwa bei Kraftwerken oder Industrieanlagen –, und entweder in den Boden gepresst oder als Rohstoff für die Chemieindustrie genutzt wird. Auch der direkte Entzug von CO2 aus der Atmosphäre ist technisch möglich, aber sehr teuer und energieaufwendig. „Aber solche Technologien könnten in den nächsten 20 Jahren günstiger werden“, so Rahmstorf.

    Info: Waldverlust in Deutschland größer als bisher angenommen

    Analyse
    Die Waldverluste in Deutschland sind einer neuen Analyse zufolge erheblich größer als bisher angenommen. Von Januar 2018 bis April 2021 seien auf rund 501 000 Hektar Fläche Baumbestände zerstört worden – das entspreche fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche, teilte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Montag mit.

    Ursache
    Das sei erheblich mehr als bisher gedacht, hieß es demnach. Ursache seien „vor allem die ungewöhnlich starken Hitze- und Dürreperioden in diesen Jahren, die wiederum den Befall durch Schadinsekten begünstigt haben“.