Freitag, 5. November 2021

COP26: Mehr als 40 Staaten wollen aus der Kohle aussteigen

Dazu zählen auch Länder, in denen die Kohle bisher fest zum Energiemix gehörte, etwa Polen oder Südkorea. Experten sprechen euphorisch von einem "point of no return" beim weltweiten Kohleausstieg. Entscheidende Staaten aber zieren sich noch.

Süddeutsche Zeitung    hier  Von Michael Bauchmüller

Die guten Nachrichten kommen in Glasgow nicht aus den Verhandlungsräumen, sie kommen aus dem Drucker: Erklärungen, über Monate vorbereitet, lassen nun pünktlich einen ganz neuen Geist durch die Flure der Konferenz wehen: Die Welt nimmt Abschied von Kohle, Öl und Gas.

Mehr als 40 Staaten etwa stellen sich am Donnerstag hinter eine Erklärung, die der Kohle Adieu sagt. Sie wollen nicht mehr in neue Kohlekraftwerke investieren und ihre alten Meiler peu à peu stilllegen. Zu den Unterzeichnern zählen Länder, die mit der Kohle bisher verlässlich auf Du und Du standen: Polen etwa, die Ukraine, Indonesien, Vietnam und Südkorea. Man verstehe "den Imperativ, dringend die Verbreitung sauberer Energie zu forcieren", bekennen die Unterzeichner. Für Großbritannien ist es ein weiterer Zwischenerfolg, und es soll noch nicht einmal der einzige bleiben an diesem Tag. "Kohle ist nicht mehr der König", freut sich Alok Sharma, der Präsident der Klimakonferenz. "Das Ende ist in Sicht."

Dieses Ende bahnt sich schon länger an. Seit der Verabschiedung des Paris-Abkommens wurden nach Zahlen der britischen Regierung 76 Prozent der geplanten Kohleprojekte zu den Akten gelegt. Doch wenn Staaten wie Polen, Vietnam oder Indonesien den Abschied von der Kohle besiegeln, hat das noch einmal eine eigene Qualität. "Es sieht wirklich so aus, als hätten wir den point of no return überschritten", sagt Leo Roberts, Kohle-Experte beim europäischen Thinktank E3G. "Das könnte wirklich die Konferenz werden, die das Ende der Kohle verkündet."

.....Aber gemessen daran, dass ein Land wie Polen noch vor acht Jahren parallel zum Klimagipfel eine Kohlekonferenz abgehalten hat, ist diese Erklärung ein Riesenfortschritt. Allein in Vietnam sind derzeit gut 50 Kohlekraftwerke in Bau oder Planung. "Auch Indonesiens Signal, dass man schon 2040 aussteigen kann, ist ein wesentlicher Schritt vorwärts", sagt Helen Mountford vom Washingtoner World Resources Institute. Allerdings fehlen auch eine Reihe wichtiger Länder: China zum Beispiel, Indien oder die USA.

Die aber hatten am Wochenende zumindest versprochen, kein Geld mehr in die Finanzierung neuer Kohlekraftwerke im Ausland zu stecken - was auch viele der geplanten Projekte in Südostasien betreffen könnte. Beim G-20-Gipfel in Rom hatten die 20 großen Industrie- und Schwellenländer den Stopp der Finanzierung ab Ende des Jahres verabredet.

Doch auch hier setzt Glasgow noch einen drauf. Denn ebenfalls am Donnerstag wird eine Erklärung bekannt, mit der sich knapp zwei Dutzend Staaten verpflichten, nicht nur Kredite für Kohleprojekte im Ausland zu stoppen, sondern ab 2023 auch für die Förderung von Öl- und Gasprojekten. Großbritannien hatte so einen Ausstieg schon vor einem Jahr angekündigt, nun folgen auch die USA, Kanada, die Schweiz und Dänemark. Italien, Co-Gastgeber der Konferenz in Glasgow, hatte sich in letzter Minute auch hinter die Erklärung gestellt. Deutschland konnte sich nicht dazu durchringen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen