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Klimapolitik nach der COP26
Glasgow markiert das Ende der bisherigen Klimapolitik. Das heißt: hin zu nicht-staatlichen Akteuren, weg von staatlichen Nicht-Akteuren.
Die Konferenz COP26 hat gezeigt: Zumindest die Sprache der Fridays for Future ist bei den Mächtigen angekommen. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson nahm in seiner Eröffnungsrede den Vorwurf von Greta Thunberg auf, das alles sei nur „Blablabla“. Der Ausdruck war überall präsent. Und der US-Gesandte John Kerry gestand: „Auch ich bin frustriert“.
Vieles davon ist durchsichtiges Manöver, um den Protesten, vor allem der Jugend, die Spitze zu nehmen. Aber es zeigt auch, dass in und um Glasgow tatsächlich eine Machtverschiebung deutlich wird, die das ganze Klimaregime der nächsten Jahre und Jahrzehnte dominieren wird: Hin zu Wirtschaft, Wissenschaft und Protestbewegungen, den „nicht-staatlichen Akteuren“, wie sie im UN-Jargon heißen. Und weg von den staatlichen Nicht-Akteuren, wie sie seit einem Vierteljahrhundert die UN-Realität dominieren.
Glasgow dürfte für lange Zeit die letzte COP sein, in der umfassende völkerrechtliche Regeln beschlossen wurden. Das „Regelbuch“ des Pariser Abkommens ist jetzt fertig. „Nach den Konferenzen für Regelsetzung müssen jetzt die Konferenzen zur Umsetzung folgen“, sagt Christoph Bals, Chef der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und ein Vordenker globaler Klimapolitik. Zum ersten Mal habe es auch direkten Druck auf einen Energieträger, nämlich die Kohle, gegeben. Das könne sich demnächst beim Öl wiederholen. Und die Klimakonferenz, eine eingeführte internationale „Marke“ werde sich umgestalten zu einem Forum, wo etwa die Finanzierung der Klimahilfen gefordert und kontrolliert werde und wo sich internationale AkteurInnen vernetzen. „Man könnte hier zum Beispiel nur noch Unternehmen zulassen, die sich ernsthaft für Klimaneutralität einsetzen“, schlägt Bals vor.
Wie bei einem tauenden Gletscher ist beim Klima vieles ins Rutschen geraten und kaum noch aufzuhalten: Im Erdsystem rücken physikalische „Kipppunkte“ immer näher, hinter die es keinZurück mehr ins Vorher gibt, etwa ein Abschwächen der Meeresströmungen. OptimistInnen sehen auch den gesellschaftlichen Druck für ehrgeizige Klimapolitik zumindest in manchen Industrieländern kurz vor dem Durchbruch – was sich allerdings derzeit in den Koalitionsverhandlungen der deutschen Ampel kaum widerspiegelt. Im Kernbereich der Glasgow-Verhandlungen jedenfalls hat es kleine und hart erkämpfte Fortschritte gegeben. Die reichen Länder versprechen mehr Hilfe für die Klima-Anpassung.
Zwar versagten sie bei der Überlebensfrage von Schadenersatz für die armen Länder bei Klimaschäden. Aber groß waren parallel dazu – und von der britischen Präsidentschaft clever und bewusst als Kontrast aufgebaut – die greifbaren Fortschritte von Glasgow: Vereinbarungen zur Reduktion des Klimakillers Methan, zum Schutz der Wälder, zum Ausstieg aus der Kohle, zum Ende des Verbrennungsmotors, zur Umschichtung der Finanzströme.
Und dann kippt noch ein anderes System: Statt globaler Klimapolitik durch Allianzen von UN-Staaten gibt inzwischen eine Mischung aus ökologisch und ökonomisch engagierten Gruppen den Ton an: Umweltgruppen, die weltweit protestierende Jugend, aber auch globale Unternehmen, die kühl mit Zukunftsmärkten und technologischen Durchbrüchen kalkulieren und naturgerechten Wohlstand versprechen.
Glasgow hat diese Verschiebung deutlicher gemacht als je zuvor. Da die Beschlüsse unverbindlich sind, liegt vieles in den Händen der Bewegungen und Unternehmen. Eine solche „Privatisierung“ der Klimapolitik wäre bis vor Kurzem undenkbar gewesen. Sie zeigt: Die Klimapolitik der letzten Jahrzehnte ist am Ende. Was jetzt kommt, ist anders, neu, dynamisch. Und es wird ganz neue GewinnerInnen schaffen. Und wenn die Politik nicht sehr aufpasst, die gleichen alten VerliererInnen.
Begonnen hat der Niedergang der staatlichen Klimapolitik bei der gescheiterten Klimakonferenz in Kopenhagen 2009. .... Als Konsequenz daraus wurde das Pariser Abkommen 2015 ganz anders angelegt: Alle verpflichten sich auf ein gemeinsames Ziel. Aber jedes Land tut nur das, was es freiwillig in seinen Klimaplänen definiert. Juristische Konsequenz bei Nichteinhaltung: keine. Nur ein schlechter Ruf.
Gleichzeitig wurde in und um Paris aber die Zivilgesellschaft zur Aufpasserin. Eine globale Landschaft aus Thinktanks, Unternehmensberatungen, Analystenbüros, Rechenzentren, Forschungsinstituten, Stiftungen und Umweltorganisationen misst inzwischen den Anspruch der Klimapolitik in den Ländern an der Wirklichkeit. Gegen die mediale Macht der Gütesiegel wie Climate Action Tracker oder Climate Change Performance Index kommen Regierungen kaum an. ......
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