Freitag, 26. November 2021

Lobbycontrol Blitz-Analyse: So will die Ampel Lobbyismus regeln

 der Koalitionsvertrag ist endlich da, und wir haben ihn sofort aufmerksam studiert: Wie hält es die Ampel mit Transparenz und Lobbykontrolle? Bekommen wir nach den letzten Skandal-Jahren wirklich Fortschritt, oder bleibt alles beim Alten?

Tatsächlich hat der Koalitionsvertrag einiges zu bieten: Viele unserer Forderungen wurden aufgegriffen. Das ist ein Erfolg unserer jahrelangen Überzeugungsarbeit und nicht zuletzt auch unseres Online-Appells, den bereits über 18.000 Menschen unterzeichnet haben. Wir wollen ihn den zuständigen Minister:innen übergeben, sobald diese ins Amt kommen. Damit pochen wir auf die zügige Umsetzung der Vereinbarung und erinnern zugleich an die Punkte, die noch offen sind. Unterzeichnen auch Sie jetzt, damit wir mit mehr als 20.000 Unterschriften Eindruck machen:

Jetzt für starke Lobbykontrolle unterzeichnen

Hier unsere erste Bilanz der Ampel-Vereinbarung:

  • Die Lobby-Fußspur für Gesetze wird kommen und das im kommenden Jahr in Kraft tretende Lobbyregister ergänzen. Damit wird nicht nur sichtbar, wer überhaupt Lobbyarbeit macht - sondern auch ganz konkret, wer bei welchen Gesetzgebungsverfahren in welcher Weise Einfluss nimmt.
  • Das ab 2022 geltende Lobbyregister-Gesetz soll nachgeschärft werden. Gut, denn es gibt einige Schlupflöcher. Unsere Ideen, wie sie zu schließen sind, werden wir einbringen.
  • Die Koalition will den Straftatbestand der Abgeordnetenkorruption wirksamer gestalten. Auch das hatten wir lange gefordert. Erst letzte Woche hat sich im Maskenskandal um die Unionspolitiker Nüßlein und Sauter wieder gezeigt, dass das aktuelle Gesetz wenig taugt: Beide gehen wohl straffrei aus.
  • Ein weiterer Erfolg: Das Parteisponsoring soll endlich transparent werden. Was haben wir uns in dieser Sache jahrelang den Mund fusselig geredet! Wirklich gut und überfällig, dass diese Transparenzlücke nun geschlossen werden soll.

So weit klatschen wir uneingeschränkt Beifall. Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten:

  • Im Vertrag findet sich keine ausdrückliche Absichtserklärung, künftig die Lobbykontakte der Bundesregierung offenzulegen. Wir erwarten, dass zumindest im Rahmen der neuen Lobby-Fußspur Kontakte der Regierungsmitglieder publik gemacht werden. Das ergibt allerdings kein vollständiges Bild, denn die Fußspur beschränkt sich auf Gesetzgebungsverfahren, während Lobbytreffen auf höchster Ebene auch zu anderen Themen stattfinden, etwa bei Auftragsvergaben oder Maßnahmen der Wirtschaftsförderung. Wir drängen deshalb weiterhin darauf, dass die Ampel hier noch einen Schritt weiter geht.
  • Parteispenden werden nur ein kleines bisschen transparenter: Großspenden sollen ab 35.000 Euro sofort publik gemacht werden, ab 7.500 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien. Bisher lagen die Schwellen bei 50.000 bzw. 10.000 Euro. SPD und Grüne hatten deutlich mehr Transparenz versprochen, konnten sich aber offenbar nicht weiter gegen die FDP durchsetzen. Ein halbherziger Fortschritt, durch den das Spendenstückeln zur Transparenzvermeidung noch nicht effektiv unterbunden werden kann.
  • Wirklich schlecht ist, dass die Ampel für Parteispenden und -sponsoring keine Obergrenze vorsieht. Es ist schlicht undemokratisch, wenn Einzelne mit Millionenspenden Einfluss nehmen, wie wir es im letzten Wahlkampf immer wieder gesehen haben. Wir fordern deshalb weiterhin eine Höchstgrenze für Zuwendungen an Parteien – wie es sie in den meisten EU-Ländern längst gibt.

Die Themen gehen uns also nicht aus, wenn die neue Regierung ins Amt kommt. Bitte unterzeichnen Sie deshalb jetzt noch rasch unseren Appell – damit wir ihr klarmachen, dass die Bürger:innen auf guter Umsetzung der Beschlüsse und weiteren Maßnahmen bestehen.

Mitmachen - für Transparenz mit Konsequenz

Das gilt auch für die Frage, wie ausgewogen und breit Interessengruppen an politischen Entscheidungen beteiligt werden. Unsere Kritik an einseitigen Lobby-Veranstaltungen wie dem Autogipfel wurde im Vertrag aufgenommen: Statt Autogipfeln will die Koalition eine Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ mit Beteilung auch von Umwelt- und Verkehrsverbänden sowie der Wissenschaft einrichten. Ob die exklusiven Klüngelrunden mit der Autolobby damit wirklich passé sind, werden wir genau im Auge behalten. Weiterhin werden wir darauf pochen, dass es auch bei anderen wichtigen Zukunftsfragen eine ausgewogene, breite Beteiligung unterschiedlicher Akteure gibt.

Grundsätzlich gilt: Was auf dem Vertragspapier gut aussieht, muss erst noch Wirklichkeit werden. Es kommt jetzt darauf an, wie zügig und konsequent die Absichten umgesetzt werden. In dieser Hinsicht ist es gut, dass der Koalitionsvertrag eine finanzielle und personelle Aufstockung der Bundestagsverwaltung vorsieht. Sie wird schließlich das neue Lobbyregister führen, muss die jüngst verschärften Regeln für Abgeordnete überwachen und die erweiterte Transparenz der Parteienfinanzierung umsetzen.

Das heißt: Viel Detailarbeit steht jetzt an, auch für uns. Wir werden die Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen mit kritischem Blick und konstruktiven Vorschlägen begleiten – von Anfang an

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