Samstag, 13. November 2021

Update: Scholz bei den Hungerstreikenden

Der vermutlich künftige Bundeskanzler löst ein Versprechen ein und trifft sich mit zwei jungen Klimaaktivisten. Doch wirklich näher sind sie einander nicht gekommen.

Süddeutsche Zeitung Von Marija Barišić, Berlin
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Scholz versucht wieder zu beruhigen und wählt dafür das für Klimaaktivisten wohl beunruhigendste Argument: klimaneutrale, "wirtschaftliche Produktionsweisen, die es möglich machen, ein starkes, leistungsfähiges Industrieland zu sein". Einmal sagt er sogar: "Wohlstand erhalten und zusätzlichen Wohlstand gewinnen."

Dann ergreift Bonaseras Kollege Jeschke das Wort - und lässt nicht mehr los. Er spricht von Milliarden von Menschen entlang des Äquators, die ihres Lebensraums beraubt würden, von einer "Klimahölle", dem Haus, das in Flammen stehe, der Hungerkatastrophe in Madagaskar. Eine Dystopie folgt auf die andere. "Es geht um Milliarden von Menschen, die sterben, lässt Sie das eigentlich ganz kalt, Herr Scholz, ist da keine Emotion?"

Und wahrscheinlich ist genau diese Wortmeldung die wohl beste Zusammenfassung des Diskussionsabends. Da sitzen zwei verzweifelte, junge Menschen, die sich wohl nichts eher wünschen als einen Politiker, der genau das aus ihren Zeilen herauslesen kann: Angst. Und der sie nicht nur herauslesen, sondern auch nehmen und in Hoffnung verwandeln kann. Wenn schon nicht mit überzeugenden Lösungsvorschlägen, dann wenigstens mit Empathie. Aber auf der anderen Seite saß Scholz. Und der hat zwar, das will man glauben, Empathie für diese jungen Menschen, aber er kann sie nicht zeigen.

Doch auch die Klimaaktivisten zeigen Schwächen. Scholz sagt: "Mit dem Hinweis auf die Ernsthaftigkeit des Problems ist kein konkreter Lösungsvorschlag verbunden." Nur Dystopien aufzuzählen, führt nicht in eine bessere Zukunft. Und so lassen sich Jeschke und Bonasera am Ende doch noch zu zwei konkreten Forderungen hinreißen. Erstens: eine Agrarwende bis 2030. Zweitens: ein sofortiges Gesetz, das es verbietet, Lebensmittel wegzuwerfen. Ansonsten werde es "gewaltlose, aber massive Proteste" im Januar geben. Es bleibt spannend.

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