Soll sich die globale Wirtschaft grundlegend wandeln, kommt der Finanzbranche eine Schlüsselrolle zu, da sie die Mittel verwaltet und kanalisiert, um diesen Wandel so effektiv wie möglich Wirklichkeit werden zu lassen. Nötig dazu ist strategisches Denken, eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine gehörige Portion Beharrlichkeit. Gefragt ist ausserdem eine solide Datenbasis, fundierte Fachkenntnis und idealerweise Enthusiasmus für das, was man tut.  

Joseph Beuys hat es vorgemacht

Sicherlich fällt es auf den ersten Blick schwer, die Gemeinsamkeiten zwischen dem Werk von Joseph Beuys und dem Erstellen eines Transformationsratings zu erkennen. Doch auf den zweiten Blick wird dies schnell klar: Joseph Beuys wäre in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden. Er galt lange Zeit als komischer Kauz, als exzentrischer Selbstdarsteller. Dabei werden seine Leistungen nicht nur für die Kunst, sondern auch für die Stadtgestaltung geflissentlich unterschätzt, wenn nicht übersehen – Beispiel «Stadtverwaldung» statt «Stadtverwaltung».

Zur Documenta des Jahres 1982 liess Beuys 7000 Eichen im Kasseler Stadtgebiet pflanzen. Damit hat er zum einen das Erscheinungsbild der Stadt nachhaltig verändert. Zum andern hat er die Grenzen dessen ausgelotet, was machbar ist: Als Beuys im Vorfeld der Kunstaktion beim Kasseler Gartenbauamt anfragte, wie viele Bäume denn im Stadtgebiet noch gepflanzt werden könnten, sagten die Beamten: «Fünfzig.» 

Vision und Beharrlichkeit  

Fünf Jahre später, zum Abschluss des Projekts und kurz nach dem Tod des Künstlers, wurde der 7000. und damit letzte Baum gepflanzt. Beteiligt hatten sich über die Jahre diverse Künstler, Künstlerinnen und Prominente, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die für 500 D-Mark einen Baum pflanzen konnten. Die Aktion nahm immer wieder Fahrt auf, fuhr sich aber gelegentlich auch fest, bevor zum Abschluss im Juni 1987 Wenzel Beuys, Sohn des Künstlers, den letzten Baum neben die erste, fünf Jahre zuvor gepflanzte Eiche setzte.  

Für das Gelingen des Projekts waren mehrere Faktoren entscheidend: eine Vision, eine Strategie und ein langer Atem, gepaart mit Pragmatismus und Flexibilität. Die Aktion war teuer und alles andere als durchfinanziert. Als im Laufe der Jahre wieder einmal das Geld ausging, flog Joseph Beuys nach Japan, um eine Whiskey-Werbung zu drehen. Das Salär von 400’000 D-Mark floss in das Kasseler Projekt.  

Lehren für das Assetmanagement  

Aus der monumentalen Kunstaktion lassen sich einige Lehren für das nachhaltige Assetmanagement ziehen. Grosse Ziele sind erreichbar, allerdings nur durch gute Planung und konsequent beharrliche Ausführung. Deswegen beginnt auch die Transformation für einen nachhaltigen Investor mit dem ersten Schritt – konkret: mit der Analyse, welche Daten und Informationen nötig sind, um die Transformationschancen eines Konzerns überhaupt erst beurteilen zu können.

.........

Wer als Investorin oder Investor frühzeitig Adressen identifiziert, die noch nicht grün sind, es aber werden wollen, kann heute mit einem Abschlag investieren, hat also höhere Ertragschancen.  

Die Letzten werden die Ersten sein  

Das ist gut für die Anlegenden, aber nicht nur für sie: Denn wir werden der grössten Herausforderung unserer Zeit, dem Klimawandel, nicht erfolgreich begegnen können, wenn wir nur in die nachhaltigsten, grünsten, saubersten Unternehmen investieren. Vielmehr gilt es, alle mitzunehmen, die sich auf den Weg begeben wollen und können. Der Hebel für die Einsparung von Treibhausgasemissionen ist schlicht viel grösser, wenn man einen braunen Konzern zum grünen umstrukturiert, als wenn man seine Mittel nur auf die grünsten konzentriert.  

Das hätte sicherlich auch Joseph Beuys eingeleuchtet. Schliesslich hat er für seine 7000 Eichen das Stadtgebiet ausgewählt – und nicht den Wald.