wenige Tage
bevor der Klimagipfel in Glasgow überhaupt begonnen hatte, schien
er gescheitert. Die bislang vorgestellten Pläne zur CO₂-Reduktion
reichten schlicht nicht aus, um die Ziele des Pariser Abkommens zu
erreichen, hieß es
vonseiten der Uno. »Wir sind
noch nicht einmal in der Nähe, wo die Wissenschaft sagt, dass wir
sein sollten«, sagte Patricia Espinosa, die Chefin des
Klimasekretariats.
Auch das
Erwartungsmanagement seitens des Gipfelpräsidenten ließ nichts
Gutes vermuten: »Das hier wird auf vielen Ebenen definitiv
schwieriger als Paris«, sagte Alok Sharma. Dass
Aktivisten das Treffen im Vorfeld als »letzte Chance« für das Klima
labelten, nur um gleichzeitig pauschal zu behaupten, Langfristziele
für 2050 seien leere Rhetorik, tat sein Übriges.
Vielleicht
aber legte gerade dieser Mix aus schlechten Ausgangsbedingungen und
niedrigen Erwartungen den Grundstein für Erfolge. Denn davon gibt
es tatsächlich sogar mehrere:
Am Montag
kündigte der indische Präsident Nadrendra Modi an, sein Land wolle
bis 2030 die Hälfte seiner Elektrizität aus erneuerbaren Quellen
gewinnen. Das ist angesichts des Emissionsvolumens des Landes –
Indien liegt auf Platz drei der größten CO₂-Emittenten –
ein Vorhaben, das Bewegung in die Klimaschutzbemühungen
bringt. Außerdem strebe er an, dass Indien bis zum Jahr 2070
gänzlich klimaneutral wirtschaften werde. Die
Ankündigung aus Neu-Delhi ist die bisher größte der COP – sie liegt
allerdings sehr weit in der Zukunft. Eine ausgeglichene Klimabilanz
erst in 50 Jahren zu erreichen, ist noch einmal zehn Jahre später,
als sich China vorgenommen hat, und 20 Jahre nach der EU,
Großbritannien und den USA. Bei genauerer Betrachtung ist das
Enddatum aber besser, als es klingt.
Der erste große
Durchbruch kam am Dienstag
Am Dienstag
wurde verkündet, dass sich fast hundert Länder einer Initiative der
USA und der Europäischen Union zur Reduzierung von Methanemissionen
angeschlossen haben. Für viele Beobachter war das der erste ernst zu nehmende
Durchbruch seit Beginn der Konferenz am vergangenen Sonntag.
Die Initiative will den Ausstoß des Treibhausgases bis 2030 um 30
Prozent im Vergleich zum Niveau von 2020 senken. Damit könnte die Klimaerwärmung
laut EU-Kommission bis 2050 um rund 0,2 Grad reduziert werden.
Mehrere große Länder wie China, Russland und Indien sind allerdings
nicht dabei.
Die für
einen Erfolg des Gipfels enorm wichtige finanzielle Hilfe für ärmere
Länder ist fast beisammen. In dieser Woche hatten
mehrere Staaten größere Zusagen gemacht. Japan will seine
Klimahilfen in den kommenden Jahren auf zehn Milliarden Dollar
erhöhen, Norwegen verdoppelte seine bisherigen Versprechen,
Dänemark schoss eine weitere Milliarde nach. Damit würde
wahrscheinlich im nächsten Jahr der versprochene Betrag von
jährlich 100 Milliarden Dollar erreicht.
Am
Donnerstag verpflichteten sich die Regierungen
Dutzender Staaten zum Ausstieg
aus der Kohlekraft. Darunter sind Länder wie Polen,
Vietnam, Ägypten, Chile und Marokko, teilte die britische Regierung
mit. Sie unterzeichnen das sogenannte Coal-to-Clean-Statement.
Damit stieg die Zahl der Staaten, die langfristig die
Kohleverstromung beenden wollen, auf 190. Reiche Länder sollen in
den Dreißigerjahren die letzten Kraftwerke abschalten, ärmere haben
ein Jahrzehnt länger Zeit. Außerdem haben sich 20 Staaten, die bislang zu den größten internationalen Geldgebern für die Förderung fossiler Brennstoffe gehören, bereit erklärt, das bisherige Geld ab 2022 in klimafreundliche Investitionen umzuleiten. Darunter sind die Vereinigten Staaten und Kanada. Laut einer Analyse der gemeinnützigen Organisation Oil Change International investierten die Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben, im Zeitraum von 2016 bis 2020 zusammen durchschnittlich 18 Milliarden Dollar pro Jahr in internationale Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe. Das Geld soll weiterhin in ärmere Länder gehen, nun aber in nachhaltige Energieprojekte fließen Es bleibt eine Menge zu tun für die zweite Woche Anhand dieser Ergebnisse zeigt sich: Die Strategie der britischen Gastgeber, neben dem offiziellen Uno-Prozess den Gipfel für die Anbahnung zahlreicher Nebeninitiativen zu nutzen, hat sich ausgezahlt. Die Methan-Initiative etwa ist ein politisches Bündnis außerhalb der offiziellen Verhandlungen des Pariser Abkommens. Die Einschätzung der Chefin des Klimasekretariats bleibt allerdings auch weiterhin richtig: Damit sich die Welt um nicht mehr als 1,5 Grad erwärmt, müsste der globale Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 30 Milliarden Tonnen im Jahr gesenkt werden. Derzeit emittieren die Länder laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen über 50 Milliarden Tonnen pro Jahr.Mit Blick auf die bisher bei der Uno eingereichten Klimapläne, müsste die Weltgemeinschaft noch einmal kräftig nachlegen, vor Beginn des Gipfels klaffte eine Lücke von etwa 25 Milliarden Tonnen zum Ziel. Und außer in der Finanzierungsfrage sind auch die vier anderen großen Hürden von Glasgow (mehr dazu hier) noch nicht gelöst. Für die zweite Gipfelwoche bleibt also noch eine Menge zu tun.
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