Tagesschau hier Von Werner Eckert, SWR
Kohle und Co. bei COP 26
Ist die Klimakonferenz im Würgegriff der Kohle-, Öl- und Gaslobby? Eine
Auswertung der Teilnehmerliste zeigt: 500 Vertreter dieser Industrien stellen
eine mächtigere Gruppe, als selbst das größte Land an Delegierten hat.
503 Teilnehmer bei der Klimakonferenz vertreten die Interessen der fossilen
Energien, sagt Global Witness - eine Lobby-Kontroll-Organisation. Ihr Sprecher,
Pascoe Sabido: "Das ist mehr als jedes einzelne Land und mehr als 8
kleine, verletzliche Staaten zusammen haben."
Mehr als 100 Unternehmen aus diesen Branchen sind in Glasgow dabei und 30
Verbände. Das sind mehr Menschen, als die größte staatliche Delegation hat.
Brasilien schickt 479 Leute. Die Sorge: die geballte Macht könnte die Gespräche
einseitig beeinflussen.
"Das ist doch der
Hauptgrund, warum wir nicht wirklich Klimaschutz machen und warum wir hier bei
der 26. Konferenz keinen Schritt weiter sind als bei der ersten."
Klimaschützer sind die mächtigste
Interessenvertretung
Doch mit den Zahlen ist das so eine Sache. Insgesamt sind 22.000 Mitglieder
von offiziellen Delegationen dabei und 14.000 sogenannte Beobachter. Dazu
zählen die meisten der Lobbyisten. Doch in dieser Gruppe gibt es Tausende von
Klimaschützern - die mächtigste Interessenvertretung überhaupt. Alleine WWF und
Greenpeace International kommen auf knapp 100. Und auch die Wissenschaft ist
mit mehreren 1000 vertreten und keineswegs auf Seiten von Kohle, Öl und Gas.
Zudem ist der Vergleich mit den staatlichen Delegationen schwierig, denn
wie viele Leute ein Land auf dieser Liste hat, bestimmen die Länder selbst. Sie
tragen auch die Kosten.
Umbau der Industrie ist im Gange
Die Chefin des UN-Klimasekretariats, Maria Espinosa, macht auf einen
weiteren Punkt aufmerksam: "Der wirtschaftliche Umbau, den wir haben
müssen, dazu brauchen wir auch den Umbau der Energieversorger weltweit."
Sie seien Teil der Lösung, und außerdem gebe es keinerlei Handhabe,
einzelnen Branchen die Teilnahme an der Konferenz zu verweigern. Klaus Mielke,
ein Veteran der Verhandlungen und Ehrenpräsident der Denkfabrik Germanwatch,
sieht das gerade mit Blick auf die deutschen Unternehmen ähnlich. Die seien
selbst im Umbau. Und weltweit sei der Einfluss der fossilen Branchen seit dem
Paris-Abkommen längst nicht mehr so groß.
"Das Alte will so
lange seine Geschäftsmodelle durchziehen, wie es nur irgend geht. Und
gleichzeitig merken die aus den alten, traditionellen Industrien, dass
eigentlich ihre Zeit vorbei ist."
"Jeder hier weiß, dass wir mit
Kohle keine Zukunft haben"
Und auch der deutsche Staatssekretär um Umweltministerium, Jochen
Flasbarth, selbst einst Umweltlobbyist, sieht in der schieren Zahl der
Vertreter fossiler Energien keine Gefahr:
"Die Industrie
war ja immer bei den Klimakonferenzen dabei. Und ehrlich gesagt habe ich den
Eindruck gehabt, dass die NGOs (Umwelt-Nichtregierungs-Organisationen, d.Red.)
gewesen sind. Und insofern wäre ich aus Sicht der NGOs da etwas generöser. Ich
glaube, jeder, der hier verhandelt, weiß, dass wir mit Kohle jedenfalls keine
Zukunft haben."
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