Dienstag, 9. November 2021

Im Würgegriff der Lobbyisten?

 Tagesschau hier Von Werner Eckert, SWR

Kohle und Co. bei COP 26 

Ist die Klimakonferenz im Würgegriff der Kohle-, Öl- und Gaslobby? Eine Auswertung der Teilnehmerliste zeigt: 500 Vertreter dieser Industrien stellen eine mächtigere Gruppe, als selbst das größte Land an Delegierten hat.

503 Teilnehmer bei der Klimakonferenz vertreten die Interessen der fossilen Energien, sagt Global Witness - eine Lobby-Kontroll-Organisation. Ihr Sprecher, Pascoe Sabido: "Das ist mehr als jedes einzelne Land und mehr als 8 kleine, verletzliche Staaten zusammen haben."

Mehr als 100 Unternehmen aus diesen Branchen sind in Glasgow dabei und 30 Verbände. Das sind mehr Menschen, als die größte staatliche Delegation hat. Brasilien schickt 479 Leute. Die Sorge: die geballte Macht könnte die Gespräche einseitig beeinflussen.

"Das ist doch der Hauptgrund, warum wir nicht wirklich Klimaschutz machen und warum wir hier bei der 26. Konferenz keinen Schritt weiter sind als bei der ersten."

Klimaschützer sind die mächtigste Interessenvertretung

Doch mit den Zahlen ist das so eine Sache. Insgesamt sind 22.000 Mitglieder von offiziellen Delegationen dabei und 14.000 sogenannte Beobachter. Dazu zählen die meisten der Lobbyisten. Doch in dieser Gruppe gibt es Tausende von Klimaschützern - die mächtigste Interessenvertretung überhaupt. Alleine WWF und Greenpeace International kommen auf knapp 100. Und auch die Wissenschaft ist mit mehreren 1000 vertreten und keineswegs auf Seiten von Kohle, Öl und Gas.

Zudem ist der Vergleich mit den staatlichen Delegationen schwierig, denn wie viele Leute ein Land auf dieser Liste hat, bestimmen die Länder selbst. Sie tragen auch die Kosten.

Umbau der Industrie ist im Gange

Die Chefin des UN-Klimasekretariats, Maria Espinosa, macht auf einen weiteren Punkt aufmerksam: "Der wirtschaftliche Umbau, den wir haben müssen, dazu brauchen wir auch den Umbau der Energieversorger weltweit."

Sie seien Teil der Lösung, und außerdem gebe es keinerlei Handhabe, einzelnen Branchen die Teilnahme an der Konferenz zu verweigern. Klaus Mielke, ein Veteran der Verhandlungen und Ehrenpräsident der Denkfabrik Germanwatch, sieht das gerade mit Blick auf die deutschen Unternehmen ähnlich. Die seien selbst im Umbau. Und weltweit sei der Einfluss der fossilen Branchen seit dem Paris-Abkommen längst nicht mehr so groß.

"Das Alte will so lange seine Geschäftsmodelle durchziehen, wie es nur irgend geht. Und gleichzeitig merken die aus den alten, traditionellen Industrien, dass eigentlich ihre Zeit vorbei ist."

"Jeder hier weiß, dass wir mit Kohle keine Zukunft haben"

Und auch der deutsche Staatssekretär um Umweltministerium, Jochen Flasbarth, selbst einst Umweltlobbyist, sieht in der schieren Zahl der Vertreter fossiler Energien keine Gefahr:

"Die Industrie war ja immer bei den Klimakonferenzen dabei. Und ehrlich gesagt habe ich den Eindruck gehabt, dass die NGOs (Umwelt-Nichtregierungs-Organisationen, d.Red.) gewesen sind. Und insofern wäre ich aus Sicht der NGOs da etwas generöser. Ich glaube, jeder, der hier verhandelt, weiß, dass wir mit Kohle jedenfalls keine Zukunft haben." 


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