Klimakrise
Zudem würden die Männer, Frauen und Kinder in reichen Staaten – wie Österreich – durch eine fleischlose Ernährung gesünder leben. Krankheiten, die auf übermäßigen Fleischkonsum zurückgehen, würden deutlich abnehmen. Das berichten die internationalen Studienautorinnen und -autoren, unter ihnen auch Martin Bruckner von der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, im Fachmagazin „Nature Food“. Die Experten wiesen aber darauf hin, dass ein gesamtgesellschaftlicher Wechsel auf vegane Ernährung langwierig und mit vielen Hürden versehen sei. Die Politik müsste dafür mit gezielten Förderungen und Kampagnen tätig werden.
Die globalen Auswirkungen unserer Essgewohnheiten dürften nicht unterschätzt werden. Das Ernährungssystem ist jedes Jahr für 26 Prozent der menschengemachten Treibhausgase verantwortlich. Selbst wenn die ganze Welt ab sofort keine fossilen Brennstoffe mehr nutzen würde, wären allein die Emissionen aus dem Ernährungssystem für die Erderhitzung um 1,5 Grad und bis Ende des Jahrhunderts sogar bis zwei Grad verantwortlich. Im Pariser Klimaabkommen einigte sich die Staatengemeinschaft auf das verankerte Ziel, die Erderwärmung zum Schutz des Planeten und seiner Bewohner möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Nutzen für Biodiversität und Ökosysteme
Das Ergebnis der Studie legt laut Expertinnen und Experten nahe, dass alleine die Wiederherstellung der Ökosysteme durch eine Ernährungsumstellung der Bevölkerung reicher Länder das Potenzial habe, den Emissionsausstoß so zu reduzieren, dass diese Staaten nur durch diese Maßnahme das 1,5-Grad-Ziel erreichen. Im Jahr 2013 war der Fleischkonsum pro Kopf in einkommensstarken Ländern fast sechsmal so groß wie in Staaten mit niedrigem Einkommen.
Reiche Länder importieren dazu zum größten Teil Fleisch und tierische Produkte aus dem Ausland. Sollte sich die Bevölkerung in diesen Regionen weitgehend vegan oder vegetarisch ernähren, würden mit sofortiger Wirkung große Agrarflächen frei werden, auf denen bisher Tiere gezüchtet wurden.
Die natürliche Bepflanzung dieser Felder würde nicht nur der Biodiversität helfen, sondern auch das ursprüngliche Ökosystem wieder in Balance bringen. Für die volle Wirkung müssten aber viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen. Dafür brauche es einen langen Atem und politisches Engagement, so die Forscher. Auf diese Weise könnte die Erde wieder deutlich mehr Kohlenstoff speichern.
Laut aktuellen Berechnungen kann die weltweite Vegetation nur 50 Prozent des schädlichen Kohlenstoffs wegen der menschlichen Landnutzung halten. Nicht berücksichtigt sind in diesem Szenario allerdings mögliche Rückschläge durch von der Klimakrise ausgelöste Extremwetterereignisse wie Fluten und Brände.
Freie Flächen als CO2-Speicher
Laut Berechnung der Studienautoren könnte Land, das durch die Reduzierung des Konsums von Fleisch- und Milchprodukten sowie Eiern frei wird, die 81-fache Menge der jährlichen Treibhausgasemissionen der gesamten Agrarproduktion für reiche Länder speichern. Eine Ernährungsumstellung auf weitgehend pflanzliche Kost in reicheren Ländern auf Basis der Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission von 2010 würde die jährlichen Emissionen durch direkte landwirtschaftliche Erzeugnisse um 61,5 Prozent reduzieren.
Die positiven Auswirkungen auf die Klimakrise wären aber noch deutlich höher: Nicht einberechnet sind dabei nämlich die zusätzlichen Emissionen, die durch den Wegfall von Transportwegen, Verpackungsherstellung und etwa dem Verkauf der tierischen Produkte eingespart werden können. Fast die Hälfte der Reduktion könnte allein in den USA (29,9 Prozent), Frankreich (7,1 Prozent), Australien (6,5 Prozent) und Deutschland (4,4 Prozent) erreicht werden.
Genug Lebensmittel
Sorgen um ausreichend Nahrung muss man sich bei einem fleischfreien Szenario übrigens nicht machen: Es müsste nur eine geringe Erhöhung des Anbaus von Obst und etwa pflanzlichem Protein wie Linsen, Kichererbsen und Tofu geben. Pflanzen, die bisher für die Fütterung von Tieren angebaut wurden, könnten ohne Umweg direkt von Menschen gegessen werden.
Ärmere Länder, die vielfach für die aktuelle Produktion des Fleisches zuständig sind, dürften bei der Umstellung aber nicht vergessen werden. Der Wegfall der Einnahmequelle könnte durch Assistenzprogramme und die Umschichtung von Förderungen ausgeglichen werden. Jedes Jahr werden laut Studienangaben rund 700 Milliarden US-Dollar (rund 620 Mrd. Euro) an landwirtschaftlichen Zuschüssen vergeben, die aktuell trotzdem zu keiner klimafreundlichen Produktion führen.
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