Samstag, 15. Januar 2022

Friedrichshafen: "Vertrauen bleibt auf der Strecke"

14.01.2022  |  VON KATY CUKO  hier

Wende im Rechtsstreit um Hotelbau?

Der Rechtsstreit um das Hotelprojekt am Ufer des Bodensees in Fischbach nimmt eine überraschende Wendung. Im Juli 2021 war das Verwaltungsgericht Sigmaringen einem Antrag des BUND-Landesverbands Baden-Württemberg gefolgt. Der Umweltschutzverband hält die Baugenehmigung für das Großprojekt auf dem Gelände des früheren Diakonissenheims im Landschaftsschutzgebiet für rechtswidrig. Das Gericht folgte dieser Einschätzung.


Es verfügte im Eilverfahren, dass die Bauarbeiten sofort einzustellen sind, bis das Gericht in der Sache entschieden hat. Zentrale Aussage: Ein Hotel darf an dieser Stelle nicht gebaut werden, weil das Grundstück im Außenbereich liegt und es hier vorher nie einen Hotelbetrieb gab....

Das sagt der BUND-Rechtsvertreter: ... „Wo kein Kläger, da kein Richter“, bringt es Rechtsanwalt Tobias Lieber auf den Punkt, der den BUND-Landesverband in diesem Rechtsstreit vertritt. Würden die Umweltschützer ihren Widerspruch gegen die Baugenehmigung oder die Klage zurückziehen, gäbe es nichts mehr zu entscheiden. ... Die Baugenehmigung hätte Bestand, selbst wenn sie nicht rechtens wäre. „Auch rechtswidrige Verwaltungsakte können bestandskräftig werden“, so der Anwalt....
Als das VG Sigmaringen den Baustopp verfügte, begründete das Gericht ausführlich, warum es eben keine Rechtsgrundlage für das Hotelprojekt sieht. Mit einem solchen Urteil müsste die LZ das bereits gebaute Gebäude wieder abreißen und ihr Projekt buchstäblich begraben.

Das sagt der BUND-Landesverband: Ja, der Naturschutz habe hier im Eilverfahren vor Gericht Erfolge erzielt, räumt BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch ein. Doch die Sorge ist offensichtlich groß, dass die Stadt Friedrichshafen nach dieser Schlappe aus ihren Planungsfehlern lernt „und diese Fallstricke bei den nächsten Bauplanungen“ umschifft. Möglicherweise würde die Stadt dann eben doch wieder eine Baugenehmigung erteilen, „womit ein Rechtsstreit den nächsten jagen würde“, so Pilarsky-Grosch. Deshalb seien Gespräche sinnvoll, um die Situation auch langfristig zu lösen. Ziel sei, „den Naturschutz in der Ufernähe des Bodensees langfristig zu sichern“. .....

KOMMENTAR: Vertrauen bleibt auf der Strecke

Seit 2016 versuchte der BUND-Ortsverband Friedrichshafen, mit der Stadt über das Hotelprojekt am Fischbacher Seeufer zu sprechen. Doch die Umweltschützer fanden mit ihrem Widerspruch kein Gehör. Das Rathaus schuf Baurecht, das Stiftungsunternehmen LZ GmbH riss das alte Diakonissenheim ab und begann mit dem Neubau.

Der Rechtsweg war die einzige Chance, die Hotelpläne zu stoppen, bis ein Gericht entscheidet, ob die Baugenehmigung rechtens ist. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen sagt, höchstwahrscheinlich nicht – und stellte den Bau ein. Eine Rüge mit Seltenheitswert für eine Stadtverwaltung.

Und erst jetzt, mit fest angezogenen Daumenschrauben und einem Millionenschaden in Aussicht, bittet man den BUND an den Tisch .. ..
David gegen Goliath: Findige Anwälte beschäftigt die Stadtverwaltung mithilfe eines Millionen-Budgets für Beratungskosten. Und die LZ GmbH hatte 2020 eine Bilanzsumme von 188 Millionen Euro. Der BUND bat um Spenden, weil das Verfahren Tausende Euro verschlingt. Im Rathaus sieht man sich letzten Endes eben doch am längeren Hebel sitzen. Dass ein Stiftungsunternehmen dieses Projekt im Auftrag der Stadtspitze ohne öffentliche Diskussion oder Ratsentscheidung umsetzt, passt ins Bild....

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