Dienstag, 25. Januar 2022

„Die Städte und Gemeinden am Bodensee sind nicht die Ärmsten“

Südkurier  hier  bzw. 25.01.2022  hier

Verkehrsminister nimmt Region beim Bahnausbau in die Pflicht

Winfried Hermann, Grüner Verkehrsminister Baden-Württembergs, hat sich am 14. Januar mit Regierungsvertretern von Österreich, der Schweiz und Liechtenstein bei der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) getroffen. Dabei stand auch das Thema Verkehr auf der Tagesordnung. Der SÜDKURIER wollte wissen: Wer zahlt für teure Projekte – und glauben die internationalen Partner überhaupt noch deutschen Zusagen?

Die Internationale Bodensee-Konferenz wurde vorbereitet durch Interviews, die mit den Regierungschefs geführt worden waren. Es ging darum, was man mit dem Bodensee verbindet, was mit seiner Geschichte.....

Welcher der Punkte ist Ihnen am wichtigsten?

Neben dem zwölften Punkt, der besagt, dass Zukunft die Jugend braucht, der Punkt sechs. Darin heißt es: „Das Signal steht auf grün. Wir setzen auf eine klimaneutrale Verkehrszukunft um den See und auf ihm. Die Transformation soll möglichst schnell gelingen.“

Was bedeutet schnell?

So schnell, dass die Klimaschutzziele erreicht werden. Ich hätte mir ein konkretes Datum gewünscht, das ging leider aufgrund unterschiedlicher Beschlusslagen nicht. Aber diese Grundsatzentscheidung ist ein starkes Signal in die Region: Wir wollen in den nächsten zehn bis 15 Jahren die Transformation um den und auf dem Bodensee vorantreiben. Engagiert! Der öffentliche Personennahverkehr spielt dabei eine zentrale Rolle, vor allem die Bahn.

....Wir unterstützen massiv die Ausbaupläne der Regio-S-Bahn Donau-Iller und der Bodenseegürtelbahn. Es geht endlich was voran. Aber auch mich nervt es, dass alles, was man im Infrastrukturbereich anpackt, in Deutschland ewig dauert......

Der Blick auf Zahlen zeigt trotz solcher Vorstöße Nachholbedarf. Luxemburg investierte zuletzt 567 Euro pro Kopf und Jahr in die Schiene, die Schweiz 440 Euro und Österreich 249 Euro. Deutschland liegt abgeschlagen bei 88 Euro. Reicht das?

Seit den 1960er wurde nie genügend in die Schiene investiert. Während man die gigantischen Ausgaben für den Straßenausbau als wichtige Investition rechtfertigte, wurden die Ausgaben für die Bahn als Stopfen eines „Defizits“ behandelt. Aber seit einigen Jahren haben wir eine Kehrtwende. Die Einsicht, dass eine leistungsfähige Bahn für Klimaschutz und Verkehrswende von großer Bedeutung ist, hat endlich für den Bahnausbau deutlich mehr Mittel gebracht. In diesem Jahr ist der Bundesetat für den Bahnausbau erstmals höher als der für die Straßen des Bundes.

Wir haben eine nicht leistungsfähige Bodenseegürtelbahn, die dringend ausgebaut und elektrifiziert werden muss, sodass sie einen Halbstundentakt fahren kann. Das bedeutet, wir müssen an vielen Stellen zweigleisig fahren können, sonst gelingt der Takt nicht. Und ich möchte es so angehen, dass wir es am Ende der Dekade weitgehend geschafft haben.

Eigentlich wäre das Aufgabe des Bundes. Aber der hat sich immer mehr und besonders in der letzten Legislaturperiode davon verabschiedet, sich um Strecken zu kümmern, die überwiegend dem Nahverkehr dienen. Die Länder und die Kommunen sollen es federführend machen. Zwar wird auch dann der Bund den größten Teil zahlen müssen. Aber Land und Kommunen müssen sich ebenfalls finanziell beteiligen und die Initiative ergreifen.

Es geht um Millionen. Können sich die hiesigen Kommunen die Zuschüsse überhaupt leisten?

Die Städte und Gemeinden am Bodensee sind nicht die Ärmsten. Wenn die Bodensee-Gürtelbahn ausgebaut ist, haben wir auch einen Standortvorteil für die Region. Aber wir als Land sind ebenso gefordert, in diese eigentliche Bundesaufgabe mit einzuspringen.

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