Dienstag, 18. Januar 2022

Kläranlagen: Wie Abwasser zum Rohstoff wird

Im Artikel werden einige zukünftige Nutzungen der Kläranlagen-Produkte dargestellt. Was dagegen fehlt ist das Wasser. Auch das saubere Wasser am Ende der Kette ist ein Rohstoff, der zukünftig nicht einfach wieder in die Fließgewässer geleitet werden sollte. Womöglich ist dieses für die Landwirtschaft  und den Gartenbau der Umgebung zukünftig ein zunehmend wichtiger Standortfaktor.

Spektrum der Wissenschaft  hier von Björn Lohmann

Kläranlagen sind eine notwendige, aber auch teure Hygienemaßnahme. Doch sie wandeln sich: In Zukunft könnten sie im Rahmen einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft Geld einbringen.

.... Spätestens seit die Bundesregierung 2017 verordnet hat, dass ab 2029 Phosphor aus Klärschlämmen weitgehend zurückgewonnen werden muss, sind Kläranlagen verstärkt in den Fokus der Wissenschaft gerückt.

Betreiber und Forschungsinstitute haben sich zusammengeschlossen, um Phosphor, aber auch andere Wertstoffe aus dem Abwasser zu recyceln. Wieder andere Fachleute verfolgen das Ziel, Kläranlagen energieautark zu machen, und setzen dazu auf mikrobielle Brennstoffzellen und die Methanerzeugung. Durch diese Bewegung könnten in einigen Jahren aus den bislang kostenträchtigen, der Hygiene wegen entwickelten Kläranlagen Orte der Wertschöpfung werden.

Wird Klärschlamm nicht verbrannt und deponiert, landet er meist als Dünger auf den Feldern. Damit sind zwei Probleme verbunden: Zum einen enthält der Klärschlamm oft Schadstoffe wie Schwermetalle oder Arzneimittelrückstände. Zum anderen ist Phosphor wertvoll. Er trägt als Dünger wesentlich zur Ertragssteigerung in der Landwirtschaft bei. Gleichzeitig ist der Rohstoff endlich. Er stammt bislang vor allem aus dem Abbau in Bergwerken, was oftmals unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen passiert. Dabei könnten aus Klärschlamm allein in Deutschland jährlich rund 50 000 Tonnen Phosphor recycelt werden. Das würde rund 40 Prozent des heutigen Bedarfs an mineralischem Phosphordünger in Deutschland decken.

Bereits 2016 hat deshalb in Karlsruhe eine von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Pilotanlage zum Recycling von Phosphor aus Klärschlamm den Betrieb aufgenommen. An der dortigen AVA Green Chemistry Development GmbH setzen die beteiligten Forschungseinrichtungen – die Universität Hohenheim und das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC – auf die hydrothermale Karbonisierung (HTC). Dabei muss der Klärschlamm nicht erst zeit- und energieaufwändig getrocknet werden. Stattdessen wird er zunächst in Biokohle umgewandelt, bevor das Phosphat isoliert und zurückgewonnen wird. .....

Diese drei Beispiele zeigen: Die Reinigung des Abwassers ist mehr als eine lästige Pflicht und kann sogar zu einem positiven ökonomischen Faktor werden. Dieses Ziel verfolgt Michael Sievers von der TU Clausthal zusammen mit seinen Projektpartnern: Er möchte Kläranlagen zu Kraftwerken werden lassen. Dazu will sein Team so genannte mikrobielle Brennstoffzellen nutzen. ......

Immerhin beträgt die Energie in den Abwässern aller deutschen Kläranlagen rund 20 000 Gigawattstunden pro Jahr. »Das Potenzial ist klein gegenüber Wind- oder Solarenergie«, sagt der Experte, »aber es kann ein wertvoller Lösungsansatz in Richtung Klimaneutralität sein.....

.....Für die Zukunft scheint im Abwasser noch so manches Potenzial zu schlummern: So zeigten Forschende im Projektverbund ZeroCarbFP, dass mit geeigneten Mikroorganismen aus dem Primärwasser energiereiche Speicherstoffe, so genannte Single Cell Oils (SCO), angereichert werden können. Daraus könnte Energie gewonnen oder Additive für Schmierstoffe erzeugt werden. In beiden Fällen würde so die organische Masse im Abwasser Gewinn bringend verringert. Noch ehrgeiziger ist das europäische Projekt Wider business Opportunities for raw materials from Waste water (WOW): Zellulose, Lipide und sogar der Biokunststoff PLA sollen darin durch Mikroorganismen produziert werden, die sich vom Klärwasser ernähren.

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