Dienstag, 18. Januar 2022

Pandemie schadet auch den Vögeln

Südkurier  hier

 16.01.2022  |  VON GUDRUN TRAUTMANN SINGEN.REDAKTION@SUEDKURIER.DE

links ist nur ein Bildschirmfoto - hier geht`s zum SWR-Video

Bodenseekreis – Ornithologe Peter Berthold kommt sofort zur Sache. Die Pandemie habe überwiegend negative Folgen für die Natur. Wenn der emeritierte Professor für Vogelkunde loslegt, nimmt er kein Blatt vor den Mund. „Seit Corona erleben wir eine Verrummelung der Landschaft“, sagt er und schiebt gleich ein paar drastische Schilderungen hinterher.

 „Der Mummelsee im Schwarzwald ist zum Rummelsee geworden“, schimpft er. „Die Leute parken mit Autos und Wohnmobilen den letzten Winkel zu. Sie fahren bis in die Kernzonen der Wälder. Ich habe noch nie so einen Massenandrang im Schwarzwald gesehen wie seit Corona.“ Das habe katastrophale Auswirkungen auf die Natur, nicht nur im Schwarzwald, sondern in ganz Deutschland und den Nachbarländern.

Heftige Kritik übt Peter Berthold an der wachsenden Zahl der Wohnmobilisten, die keinen Respekt mehr vor Schutzgebieten hätten. Es herrsche die Haltung: „Wenn wir in der Pandemie schon nichts mehr dürfen, dann wollen wir wenigstens in die Natur“, stellt Berthold fest. „Das ist ein Anspruchsdenken, das wir nie für möglich gehalten hätten.“ Er beschreibt, wie Familien in seinem Wohnort Billafingen ein mühsam entwickeltes Biotop, den Sielmann-Weiher, zum Freizeitgelände umfunktioniert haben, weil die Spielplätze im Corona-Lockdown gesperrt waren. Bei solchen Schilderungen schlägt sein Unverständnis in Zorn um. Denn Peter Berthold kämpft seit Jahren in der Sielmann-Stiftung dafür, dass jede Gemeinde ihr Biotop, eine Art Arche Noah, bekommt.

Über 130 Biotope in 44 Gemeinden sind so entstanden.... „In guten Jahren können wir deutschlandweit fünf Hektar Fläche in Biotope umwandeln, wo sich Restnatur sammeln kann“, erklärt Peter Berthold. „In der gleichen Zeit werden aber 20 Quadratkilometer Fläche versiegelt.“...
In den nächsten Jahren werden wir 30 bis 35 Vogelarten verlieren“, prophezeit er. Der Wald werde zusammenbrechen, hohe Bäume mit Nistmöglichkeiten verschwänden; die Böden würden durch industrielle Landwirtschaft mit schwerem Gerät verdichtet.

Peter Berthold wird nicht müde, vor der nahenden Apokalypse zu warnen. „Seit 1800 haben wir 80 Prozent der Vögel verloren“, erklärt der emeritierte Professor. „Eine Besserung ist nicht in Sicht.“ In Büchern, Funk und Fernsehen beschreibt er die vom Menschen gemachte Katastrophe und wirbt für die Einrichtung von Schutzräumen. So auch am vergangenen Sonntag in der SWR-Sendung Tele-Akademie: „Höchste Zeit für Archen Noahs“.  

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