Mittwoch, 26. Januar 2022

Experten fordern bessere Kommunikation positiver Langzeiteffekte von Klimaschutz

Auch wenn wir uns das dringend wünschen würden: selbst ein Super- Minister kann nicht zaubern. 
Er ist eingebunden in das politische System, das furchtbar langsam funktioniert und er ist immer noch abhängig von den politischen Mehrheiten. Große und wichtige Bereiche der Ampel-Regierung, wie z.B. der Verkehr und die Beibehaltung  klimaschädlicher Subventionen entziehen sich seinem direkten Zugriff, dafür sind FDP-Minister zuständig, die bisher lieber von gewaltigen zukünftigen Technologiesprünge geträumt haben......

Warum Habeck eine Eröffnungsbilanz brauchte ist klar: er musste aufzeigen wo Deutschland im Moment steht, um daraus einen realistischen Weg zu entwickeln.
Ich finde es vollkommen in Ordnung, dass er nicht Wunschdenken befeuert, wie das bisherige Minister gerne getan haben  (wir sehen ja wohin das geführt hat) sondern die harte Realität aufzeigt.
Klimaschutz ist harte  und langwierige Arbeit - ein Marathon wie Habeck bereits sagte.

Und Klimaschutz hat wenigstens vorübergehend mit Einschränkung zu tun. Wahrscheinlich werden wir uns in 20 Jahren verwundert fragen: warum haben wir das nicht schon viel früher begonnen - die Lebensqualität ist gestiegen! Man denke nur an die Luftverschmutzung, an das Plastik-Problem, an die schlechte Grundwasserqualität., die Abhängigkeit von fossiler Energie.....
Aber noch sind wir nicht soweit. Es wird hart und vieles muss sich verändern bis dahin.

Und damit wir diesen Schritt trotz aller Härte auch wirklich weiter gehen, deshalb braucht es den Druck von der Straße, von der Wissenschaft, von den Klima-Aktivisten und auch von den Gerichten. Von all denen,  die bereits jetzt vorausschauend begriffen haben, was ein Nicht-Handeln für uns alle bedeuten würde.

Für mich kommt jetzt nur ein Vorwärtsgehen in Frage, und zwar ein schnelles. Und ich hoffe dass sich alle Akteure dabei  bestmöglich gegenseitig unterstützen. Die Aufgabe ist so groß, dass es viele Akteure braucht, nicht nur einen "da oben", die daran mit aller Kraft arbeiten.


Watson hier

Kein Aufschrei trotz verfehlter Klimaziele

Nach dem Eingeständnis von Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne), dass Deutschland auch 2022 und 2023 die im Klimaschutzgesetz verankerten Ziele vermutlich nicht erreichen werde, gehen Klimaschützer und Umweltverbände auf die Barrikaden.

Die Aussage verdeutliche das Versäumnis der ehemaligen Bundesregierung, funktionierende Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen.


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die bereits 2020 und 2021 Sektorklagen gegen die Regierung eingereicht hatte, erklärte im Gespräch mit dem
 "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND), auch jetzt prüfen zu wollen, welche juristischen Schritte möglich sind, "um sicherzustellen, dass Deutschland endlich ausreichende Klimaschutzmaßnahmen ergreift", so der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch.

Ausbleibende Reaktion über verfehlte Klimaziele sorgt für Unverständnis bei "Fridays for Future"

Carla Reemtsma, Aktivistin der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" (FFF), erklärte Habecks Eröffnung gar als "ein Bruch des Versprechens mit Ansage". Und auch FFF-Aktivistin Pauline Brünger zeigt sich unzufrieden über die verfehlten Ziele und schockiert über das Ausbleiben einer angemessenen Reaktion angesichts der Dramatik dieser Verkündung, wie sie auf Twitter schrieb.

Doch wie sollte die Bundesregierung jetzt weiter vorgehen? Und womit hängt es zusammen, dass eine Ankündigung der zweifachen Verfehlung der Klimaziele Deutschlands von einem Großteil der Gesellschaft scheinbar geräuschlos hingenommen wird? Um das herauszufinden, hat watson mit verschiedenen Experten gesprochen.

Johannes Hillje, Politik- und Kommunikationsberater, erklärt gegenüber watson: "Habeck hat einen enormen Rückstand beim Ausbau der Erneuerbaren und der Senkung der CO2-Emissionen von der Vorgängerregierung geerbt." Da gehöre es schlicht zu einem "guten Kommunikationsstil, eine realistische Erwartungshaltung zu schaffen. Der Rückstand sollte Anlass für eine Debatte sein, wie die Klimaziele schnellstmöglich wieder erreicht werden können."

Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, setzt sogar noch einen oben drauf: So seien auch die Klimaschutzziele im Jahr 2020 nur "dank der starken Coronadelle beim Energieverbrauch erreicht" worden und nicht durch eine "konsequente Klimaschutzpolitik". Die Tatsache, dass sie in den kommenden beiden Jahren wieder nicht erreicht würden sei "extrem besorgniserregend, denn sie wird natürlich negative Konsequenzen nach sich ziehen. Er ergänzt:

"Jede Megatonne Kohlendioxid, die zu viel ausgestoßen wird, verursacht Klimafolgeschäden in der Größenordnung von 200 Millionen Euro. Insofern wäre ein großer Aufschrei in der Bevölkerung durchaus wünschenswert, um die Klimaschutzziele doch sehr zeitnah in allen Sektoren auch wieder einzuhalten."  Volker Quaschning

Der Hamburger Klimaforscher Hans von Storch zeigt sich hingegen wenig überrascht darüber, dass die Informationen über die nicht mehr einzuhaltenden Klimaziele zügig nach der Pressekonferenz verpufft sind: "Diejenigen, denen das ohnehin klar war, nehmen es einfach zur Kenntnis und begrüßen den Zuwachs an Realismus", sagt er gegenüber watson. "Und diejenigen, die es überraschen könnte, wollen 'ihren' Habeck nicht beschädigen – so meine Deutung." Panik, so von Storch, sei ohnehin kein guter Status, deswegen gehe es jetzt allem voran darum, die Emissionen zu mindern, "auch im Verkehr und in den Gebäuden. Leicht zu erreichen ist das sicher nicht, aber nicht unmöglich."

Große Verunsicherung durch Folgen der Krise und persönliche Einschränkungen
Wilhelm Hofmann, Sozialpsychologe der Ruhr-Universität Bochum, erklärt gegenüber watson, dass das Problembewusstsein über schwerwiegende Folgen der Klimakrise auch hierzulande angekommen sei, spätestens seit den Extremwetterereignissen im Ahrtal im Juli vergangenen Jahres. Das würden auch Umfragen bestätigen.

"Die Verunsicherung steckt meines Erachtens vor allem darin, dass sich viele Menschen einerseits Sorgen machen, was alles passiert, wenn wir nicht ausreichend handeln und sie sich andererseits aber auch Sorgen machen, was die vielen nötigen Umstellungen möglicherweise an Einschränkungen für sie persönlich bedeuten werden." Wilhelm Hofmann

Hofmann betont zudem, dass es wichtig sei, dass die Politik immer auch skizziere, mit welchen mittel- bis langfristigen positiven Effekten zu rechnen sei, wie die Maßnahmen sozialverträglich gestaltet werden können und die Kostenrechnung nicht als absolute Werte betrachtet, sondern ins Verhältnis gesetzt würden. Dabei gehe es um die "Kosten, die gesellschaftlich entstehen und weiter auf uns zukommen werden, wenn wir nicht adäquat handeln." So müsse man sich lediglich vor Augen führen, dass die Flutkatastrophe im Rheinland aus Versicherungsperspektive das zweitteuerste Katastrophenereignis im letzten Jahr gewesen sei.

"Die Menschen mehrheitlich davon zu überzeugen, dass es keine vernünftige Alternative zum ernstgemeinten Klimaschutz gibt und dass er gleichzeitig die bestmögliche Investition in unser zukünftiges Wohlergehen darstellt, ist daher die große gesellschaftspolitische Aufgabe unserer Zeit. Gleichwohl ist es wichtig, bei aller 'Notwendigkeit' auch das Interesse und die Lust am Neugestalten zu hegen und zu pflegen – hier gibt es meines Erachtens nach immer noch ein riesiges psychologisches Potenzial: Denn an der sogenannten großen Transformation in der einen oder anderen Weise an der Verwirklichung der Vision einer nachhaltigeren Welt aktiv mitzuarbeiten, erleben viele Menschen ja auch als sinnstiftend und gemeinschaftsfördernd.Wilhelm Hofmann

Dass es jetzt darauf ankomme, alle mitzunehmen und politisch klar zu kommunizieren, darin sind sich die Experten einig: "Das Klimaschutzgesetz hat Regeln für den Fall definiert, dass Emissionsziele in einzelnen Sektoren nicht erreicht werden", erklärt der Politikberater Johannes Hillje. "Wird in einem Sektor zu viel CO2 ausgestoßen, wird dieser Überschuss auf die Ziele der kommenden Jahre draufgeschlagen." Die Verfehlung eines Sektorziels erfordere also automatisch zusätzliche Maßnahmen für die darauffolgenden Jahre.

Und dann komme es darauf an, die politische Kommunikation zu verändern. Hillje spricht hierbei von der sogenannten Transformationskommunikation. Er sagt:

"Transformationskommunikation braucht ein positives und greifbares Zukunftsbild, individuelle Anreize sowie Dialog zum Konfliktmanagement. Es braucht eine 'Yes, we can climate'-Erzählung, die kurzfristige Verlustängste mit langfristigen Chancen auffängt. Klimaneutralität muss als Chance wahrgenommen werden. Die Kommunikation von Reduktionszielen allein reicht nicht. Zahlen sind emotionslos. Wir brauchen aber eine positive Emotion für die Transformation." Johannes Hillje

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Zum Weiterlesen: Habecks "Eröffnungsbilanz" führt uns mehr denn je vor Augen: Deutschland steht tief im Soll und ist bislang an seinen eigens auferlegten Klimaschutzzielen gescheitert – das muss sich ändern

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