Dienstag, 25. Januar 2022

Frankreich immer näher am Blackout

Während im deutschen Fernsehen bei "Lanz" offensichtlich vom tollen Atomstrom-Überschuß in Frankreich geschwärmt wird, befindet sich unser Nachbar- Land mitten im Winter in einer tiefen Energie-Krise.

Kohle-Kraftwerke müssen entgegen aller Klima-Abmachungen wieder hochgefahren werden, um die Versorgungssicherheit herzustellen (hier). 

Wieso werden im deutschen Fernsehen solche Märchen verbreitet? Ein Blick in die Presse würde vieles regeln.

Die Twitter-Gemeinschaft schwärmt unterdessen von der Grünen Ministerin Steffi Lemke, die in der Sendung  entsprechend fundiertes Kontra geboten hat. Auch gegen das ständige Ausspielen der Minister gegeneinander setzte sie sich zur Wehr:
„Sie werden sich glaube ich daran gewöhnen müssen, dass diese Bundesregierung anders arbeitet als die Vorgängerregierung. Es wird kein permanentes gegeneinander verschiedener Ressourcen geben.“    @SteffiLemke  bei #Lanz


Hier ein Bericht zu Frankreich

Telepolis   hier

Der staatliche AKW-Bauer und Strom-Gigant EDF stürzt wegen ständig neuer Problemen an alten Meilern und fortwährenden EPR-Problemen an der Börse ab

....Am späten Donnerstag hatte die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) - wieder einmal - ein Sicherheitsproblem eingeräumt. "Die Mängel, die bei den Reaktoren der letzten Generation festgestellt wurden, sind auch bei einem anderen Reaktor in Penly in Nordfrankreich aufgetaucht", sagte die stellvertretende Leiterin des französischen Instituts für Strahlenschutz und Atomsicherheit (IRSN), Karine Herviou.

Das Atom-Desaster in Frankreich erreicht immer neue Ausmaße, wie Eva Stegen, Energiereferentin bei den EWS in Schönau und Autorin, spezialisiert auf Atomkraft, trocken und präzise feststellt.

Der Defekt, der zunächst die 4 Blöcke der N4-Baulinie in #Chooz und #Civaux betraf, zeigt sich nun auch in der P‘4-Baulinie, im #AKW #Penly 1.

Eva Stegen

Im Atomstromland, das nach der Abschaltung der Uraltmeiler in Fessenheim theoretisch noch immer knapp 70 Prozent seines Stroms über Atomkraft erzeugt, fallen fast ein Drittel der Atomkraftkapazität aus.

Warnung vor Stromausfällen

Das wachsende Risiko eines Blackout, worüber Telepolis vor sechs Wochen berichtet hatte (Von "Renaissance der Atomkraft" weltweit keine Spur), nimmt nun derartige Ausmaße an, dass sogar der französische Netzbetreiber RTE ankündigte, dass im Fall einer Kältewelle "Industriebetriebe" - wieder einmal - "heruntergefahren werden müssen oder es in Privathaushalten stundenweise zu Stromausfällen kommen könne". Damit schaffte es die aufgehübschte Blackout-Warnung auch in das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Statt 60 Gigawatt würden die Atomkraftwerke nur noch zwischen 43 und 51 Gigawatt produzieren, wobei allein die Elektroheizungen in schlecht gedämmten Wohnungen bei Kälte etwa 30 Gigawatt anfordern. Die Probleme im altersschwachen Atompark in Frankreich nehmen dramatische Ausmaße an und damit steigt die Gefahr, dass das Atomstromland mit einem Blackout das gesamte europäische Stromnetz herunterzieht.

Der drohte fast genau vor einem Jahr – wieder einmal – obwohl das Land da über deutlich mehr Atom-Kapazität verfügte. Als es Anfang Januar 2021 kalt wurde, riefen RTE und die Regierung die Bevölkerung zum Stromsparen auf.

Doch nicht nur die meist uralten Meiler machen Probleme. Deren Laufzeit musste wegen einer völlig verfehlten Energiepolitik auf 50 Jahre verlängert werden, damit nicht alsbald die Lichter in Gallien ausgehen. Der Börsenabsturz der zu 85 Prozent in Staatshand befindlichen EDF hat auch mit den massiven Problemen beim "Neubau" des sogenannten "European Pressurized Reactor" (EPR) zu tun.

Konstruktionsfehler und Strategie

Denn die mögliche Inbetriebnahme verzögert sich weiter – wieder einmal. Die Beladung des EPR mit Brennstäben wurde erneut verschoben, nun auf das "zweite Quartal" 2023. Damit bestätigt sich die Einschätzung, die an dieser Stelle vor eineinhalb Jahren gemacht wurde: Dass es vor 2024 kaum zu einer Inbetriebnahme kommen wird (Die "verfluchte" Atomkraftwerks-Baustelle in Flamanville).

Der Atomkonzern behauptet, die Kosten würden um weitere 300 Millionen Euro auf 12,7 Milliarden Euro steigen. Das ist angesichts des Versprechens, den EPR für 3,3 Milliarden Euro zu bauen, schon eine Kostenexplosion. Doch die realen Kosten sind viel höher. Der Rechnungshof hatte die Kosten schon vor einem Jahr auf 19,1 Milliarden auf der "verfluchten" Baustelle geschätzt.

Bekannt ist, dass in Flamanville ein mangelhafter Reaktorbehälter verbaut wurde, den sogar die ASN nach einigen Jahren im Betrieb überprüfen will. Dabei ist das Wie nicht einmal klar. Deutlich gemacht wurde zudem, dass die ASN Aufklärung darüber fordert, ob die Konstruktionsfehler, die beim EPR in China aufgetaucht sind, auch Flamanville betreffen. Eigentlich ist die vor 20 Jahren ausgerufene "Renaissance" der Atomkraft eine Totgeburt.

Flamanville sollte schon seit 10 Jahren Strom liefern und in Finnland sieht die Bilanz noch schlechter aus. Dort sollte der EPR schon 2009 ans Netz gehen. Der EPR ist k.o., nur traut sich das vor den Wahlen im April niemand einzugestehen. Dass aus ihm nichts mehr wird, ist aber auch Präsident Emmanuel Macron klar. Deshalb zauberte er wie ein Taschenspieler "Small Modular Reactors" (SMR) aus dem Hut, um die militärische Atomsparte zu sichern.

Aber es gibt auch keinen einsatzfähigen SMR, weshalb in den nächsten 15 Jahren auch keine gebaut und in Betrieb genommen werden. Klar ist damit, dass die Atomreaktoren nichts zur dringenden und schnellen Absenkung der Klimagase beitragen werden, auch wenn die Atomlobby nun plötzlich so argumentiert.

Mit dem Geld könnte über Erneuerbare schnell eine Entlastung der Energieunsicherheit Frankreich und eine Klimaentlastung geschaffen werden. Doch das hat in der Atommacht Frankreich niemand vor. Zahlen sollen für die teure Atom-Sackgasse nun direkt auch die europäischen Steuerzahler über die Taxonomie. Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, ist überzeugt:

Ohne enorme Subventionen und Investitionen, so wie sie jetzt versucht wird, mittels der EU‑Taxonomie zu erreichen, sind Atomkraftwerke nicht wirtschaftlich und stellen zudem eine Technik dar, die anfällig für Proliferation und terroristische Bedrohungen ist.

Wolfram König

In der Zeit analysierte Annika Joeres, dass sich über die nun von der EU-Kommission geplanten Taxonomie "gleich mehrere Möglichkeiten für EDF" öffnen. Der hochverschuldete Konzern würde einfacher an Geld kommen und Zinsen würden niedriger ausfallen. Viel wichtiger aber ist diese Feststellung: "Zudem kann das Geld langfristig nun auch direkt vom Steuerzahler kommen."

Das geschehe über den "sogenannten Brüsseler Wiederaufbaufonds", der mit 750 Milliarden Euro ausgestattet ist.

"Nehmen wir Atomkraft wirklich in die grüne Taxonomie mit auf, wäre das die Vergoldung radioaktiven Mülls und es rettet die Dividenden des französischen Atomkraftbetreibers EDF", zitiert der Artikel den grünen Europaabgeordneten Michael Bloss.

Allerdings tun auch die Grünen real bisher nichts
(
??? Also ich jedenfalls weiß, dass von Grünen Europa-Politikern sehr früh mit dem Sammeln von Unterschriften begonnen wurde und dass die Grünen Minister sich deutlich dagegen ausgesprochen haben, siehe auch Frankfurter Rundschau  hier EU-PLÄNE ZUR TAXONOMIE)
gegen den
noch von Merkel ausgehandelten Taxonomie-Deal. Dass Geld privater Investoren in die Atompolitik fließen wird, wie stets im Rahmen der Taxonomie behauptet wird, ist dagegen fraglich, wie auch der EDF-Börsenabsturz zeigt. (Ralf Streck







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