Dienstag, 18. Januar 2022

Lemke und Özdemir kündigen "Aufbruch" für Landwirtschaft an

 17.01.2022  |  VON BERNHARD JUNGINGER, BERLIN hier im Südkurier

LANDWIRTSCHAFT: Özdemirs Gratwanderung

.... Beim Agrarkongress des jetzt von der Grünen Steffi Lemke geführten Bundesumweltministeriums spricht auch der neue grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Mit einer Mischung aus Bangen und Hoffen blickt die Branche auf die Veranstaltung, die in den vergangenen Jahren dem Umweltressort vor allem dazu diente, gegen die offizielle Agrarpolitik zu sticheln. Die wurde, verkürzt gesagt, als Zumutung für Umwelt und Klima empfunden.

Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) nahm an dem Kongress nie teil, ihr Verhältnis zur früheren Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) war eher von Rivalität und Blockade als Zusammenarbeit geprägt. Jetzt sind alle Ministerien, die für die Landwirtschaft maßgeblich sind, in grüner Hand, auch Robert Habeck als Superminister für Klimaschutz hat ein Wörtchen mitzureden. Das könnte einerseits lang verschleppte Reformen erleichtern. Andererseits fürchten viele Bauern, dass sie nun vom stolzen Ross der Weltrettung herab mit kaum erfüllbaren Forderungen überzogen werden.

,,,, Soll die Landwirtschaft das Klima retten, muss die Politik erst mal die Landwirtschaft retten. Nun klebt am Sozialpädagogen Özdemir der Makel, mit Viehzucht und Ackerbau, mal abgesehen von den Cannabis-Stauden auf dem Balkon, wenig am Hut zu haben. Das Landwirtschaftsministerium hat zudem in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter an Gewicht und Einfluss verloren. Doch Özdemir, der sich als pragmatischer und lebensnaher Politiker erwiesen hat, könnte es durchaus gelingen, aus den begrenzten Möglichkeiten viel herauszuholen – für Klima und Landwirtschaft.

.....Was kann, was muss die Politik tun, damit sich die Mehrinvestition für einen besonders tiergerechten Stall auch langfristig lohnt? Wie können Windkraft und Solarenergie noch stärker beitragen, bäuerliche Existenzen zu sichern? Welche Unterstützung ist nötig, damit der Umstieg auf einen nachhaltigeren Pflanzenbau gelingt? Mehr Tierwohl, weniger Chemie auf Äckern und Wiesen, ein Wirtschaften im besseren Einklang mit der Natur, das wünschen sich ja auch die allermeisten Landwirte. Nur muss sich das einigermaßen lohnen, auch der nächsten Generation, die oft mit der Hofübernahme zögert, Auskommen und Perspektiven bieten. ....

politik@suedkurier.de 


Dazu auch bei t-online Nachrichten  hier:
Grundlegende Reformen geplant  

Schutz der Artenvielfalt und Bewahrung von Mooren und Wäldern: Steffi Lemke und Cem Özdemir haben in der Landwirtschaft große Neuerungen vor. Bis Ostern soll es ein "Aktionsprogramm" geben.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und ihr Parteikollege und Bundesagrarminister Cem Özdemir streben gemeinsam eine Neuausrichtung in der Landwirtschaft an. "Diese Regierung ist angetreten als Fortschrittsbündnis für Gerechtigkeit, für Freiheit, für Nachhaltigkeit und für eine klimaneutrale, nachhaltige Zukunft. Auch in der Landwirtschaft wollen wir einen neuen Aufbruch anstoßen", sagte Lemke am Dienstag zum Auftakt des ersten virtuellen Kongresses der beiden Häuser zu Agrar- und Ernährungsfragen. Mit Özdemir wolle sie eine "neue strategische Allianz" zwischen Umwelt und Landwirtschaft begründen, die auch den Verbrauchern zugutekomme.

Als besondere Schwerpunkte nannte sie etwa den Schutz der Artenvielfalt und die Bewahrung von Mooren und Wäldern im Sinne eines natürlichen Klimaschutzes. Bis Ostern kündigte Lemke Eckpunkte für ein "Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz" an. Zur neuen Zusammenarbeit gehöre auch ein "umwelt- und naturverträglicherer" Einsatz von Pestiziden, sagte Lemke. Bis Ende 2023 wolle Deutschland das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat vom Markt nehmen.

Auch für eine Neuausrichtung der EU-Fördermittel für Landwirte wollen sich beide Ministerien nach eigenen Angaben einsetzen. Das Fördergeld der EU dürfe nicht wie bisher nur nach Betriebsgröße fließen, sondern müsse stärker daran gekoppelt sein, ob ein Landwirt natur- und umweltfreundlich wirtschafte, erklärte Lemke.

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