Samstag, 1. März 2025

»Clean, baby, clean«

hier  DER SPIEGEL  Artikel von Susanne Götze 28.2.25

Klimaschutz: Wird Europa der grüne Gegenentwurf zu Trumps Rollback?

In den USA will Donald Trump den Klima- und Umweltschutz rückabwickeln. Die EU-Kommission hingegen kurbelt mit einem Aktionsprogramm die Energiewende an. Ein gutes Zeichen in sonst düsteren Zeiten.

»Clean, baby, clean« statt »Drill, baby, drill« – so könnte man vielleicht die Botschaft der EU gegenüber Trumps Rollback in der US-amerikanischen Energiepolitik beschreiben. Während der neue US-Präsident seit seiner Amtseinführung systematisch die Umwelt- und Klimapolitik sowie die grüne Transformation in seinem Land zurückdreht, hat die EU-Kommission in dieser Woche ihren Kurs bei der Energiewende trotz einiger Rückschritte, etwa beim Lieferkettengesetz, noch einmal geschärft.

Gegen zunehmende Widerstände auch von rechten Kräften in der Union selbst hält die Kommission damit am vor fünf Jahren ausgerufenen Green Deal fest, der die Union bis 2050 klimaneutral machen soll. Dafür stellte sie diese Woche ein neues Maßnahmenpaket, den Clean Industrial Deal (»Saubere-Industrie-Deal«), in Brüssel vor. Energieintensive Industrien sollen bei der grünen Wende unterstützt und klimafreundliche Technologien gefördert werden.

Einen kräftigen Schub kann die europäische Wirtschaft auf dem Weg ins klimaneutrale Zeitalter gut gebrauchen. Viele der 27 Länder ächzen noch unter den Folgen der Coronapandemie und der Energiekrise. Die Gefahr, dass etwa Populisten die Schuld für die derzeitige schwierige Lage in vielen Ländern bei Migration und Klimaschutz suchen, ist hoch. Aber nicht Windräder oder Solarparks sind ursächlich für hohe Energiepreise in Deutschland, sondern das importierte Erdgas und die jahrelange Abhängigkeit von vermeintlich günstigem Erdgas aus Russland. (Ebenso sind Migranten nicht daran schuld, dass es seit der Coronapandemie mehr Armut und Lohnungleichheit in der EU gibt.)

Die EU-Kommission will die Energiepreise senken, auch indem sie Importe von fossilen Brennstoffen meidet. Das Signal: Wer unabhängig wird, spart Geld. Bereits im laufenden Jahr könnten das bis zu 45 Milliarden Euro sein, bis 2040 schätzt die Kommission die Summe auf jährlich bis zu 260 Milliarden Euro.

Der Plan soll die heimische grüne Industrie fördern. Klimafreundliche Technologien »made in Europe« sollen bevorzugt werden, etwa bei der öffentlichen Beschaffung. Mit den Vorschlägen hofft die Kommission darauf, kurzfristig Investoren anzulocken. Sie will zudem eine Bank für industrielle Dekarbonisierung einrichten und mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Das Geld soll unter anderem aus dem EU-Emissionshandel, den Mitgliedstaaten und anderen EU-Fonds kommen.

Der Kampf um die Gelder ist bereits ausgebrochen

Doch welche Art von grüner Technologie unterstützt werden soll, ist hochumstritten. Die EU muss sich entscheiden, ob sie etwa teure E-Fuels für Verbrennerautos oder grünen Wasserstoff für Heizungen fördert. Oder eine starke europäische Elektroauto- und Wärmepumpenindustrie aufbaut und synthetische Brennstoffe ausschließlich für Bereiche einsetzt, wo es keine Alternativen gibt.

Walburga Hemetsberger, CEO von SolarPower Europe, warnte etwa bereits gegenüber »Table.Media«, »die Dekarbonisierungsbank läuft Gefahr, die Elektrifizierung gegen gasabhängige Lösungen auszuspielen«. Und auch Julia Metz, Direktorin des Thinktanks Agora Industrie, sieht bereits einen Konkurrenzkampf um die Verteilung der Gelder.

Die Botschaft der Kommission ist jedoch grundsätzlich richtig: Die EU muss nicht nur grüner, sondern auch unabhängiger werden. Derzeit kommen fast alle Solarpanels aus China, die europäische Autoindustrie ist extrem unter Druck, weil ausländische Firmen viel weiter bei der E-Mobilität sind.

Die EU muss ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen und darf sich nicht länger auf vermeintlich günstige Importe aus dem Ausland verlassen – egal, ob es sich um Solarzellen oder Erdgas handelt. Eine solche Abhängigkeit macht politisch erpressbar, gerade in Zeiten wie diesen, in denen Diktatoren und Rechtspopulisten die internationale Ordnung einreißen.

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