In 551 Fragen wollte die Unionsfraktion herausfinden, ob der Staat Organisationen fördert, die gegen rechts demonstrieren. Jetzt hat die Bundesregierung geantwortet. Und zwar deutlich.
Eine Antwort wie eine Ohrfeige
Die Union wollte es wissen, und zwar genau. Werden Vereine und Organisationen, die im Januar gegen rechts im Allgemeinen und die CDU im Speziellen demonstrierten, von staatlichen Stellen unterstützt? Die Frage nach deren „politischer Neutralität“, so hatte die Unionsfraktion festgestellt, „sorgt aktuell zunehmend für Debatten“. Satte 551 Fragen reichte sie deshalb mit einer sogenannten „Kleinen Anfrage“ ein, sie widmeten sich 17 verschiedenen Organisationen, alle 17 waren empört. Und jetzt hat die Union eine Antwort.
Auf 83 Seiten legt die Bundesregierung vor allem dar, warum sie schon von der Frage nichts hält. Schließlich lebe der freiheitlich demokratische Verfassungsstaat von „zivilgesellschaftlichem Engagement für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben“, heißt es in der Vorbemerkung der Bundesregierung. Und auch der Staat habe die Aufgabe, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. „Hierzu zählt auch die aktive und passive Förderung bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements.“ Mehr noch: Über diese Frage habe es immer einen parteiübergreifenden Konsens gegeben – inklusive der Union.Mit verschiedenen "Such- und Filterfunktionen“ ließen sich viele Informationen eigenständig ermitteln
Die Vorbemerkung steigert sich von Zeile zu Zeile, bis sie einer Ohrfeige an die Fragensteller gleichkommt. So verweist die Bundesregierung freundlich darauf, „dass das Grundgesetz ein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit garantiert“. Dies gelte auch für Vereine und Organisationen. Und: „Die Bundesregierung ist nicht befugt, Zuwendungsempfängern in Hinblick auf die Veranstaltung von Demonstrationen Vorgaben zu machen“, heißt es weiter. Jedenfalls, wenn diese Demos nicht Gegenstand der Förderung seien.
Was nun die Fördersummen konkret angeht, nach denen die Unionsfraktion gefragt hatte, verweist das federführende Bundesfinanzministerium auf das Lobbyregister des Bundestages. Dort lasse sich „mit verschiedenen Such- und Filterfunktionen“ eigenständig ermitteln, wer welche Interessen vertritt und wie das finanziert wird. Alles andere, etwa die Prüfung der Gemeinnützigkeit, obliege den Finanzbehörden der Länder.
Was halten die betroffenen Organisationen von den Antworten?
Viel Neues dürfte die Unionsfraktion damit aus der Antwort nicht erfahren. Der Einfachheit halber, und „aufgrund des Sachzusammenhangs“, bezog sich die Regierung mit den meisten Antworten gleich auf alle 17 Organisationen, zu denen es jeweils wortgleiche Fragen gegeben hatte. Mal verweist sie auf die Länder, mal hat sie nach eigenem Bekunden keine Erkenntnisse. Auf den hinteren Seiten bestehen die meisten Antworten schlicht aus Verweisen auf bereits gegebene Antworten.
Die betroffenen Organisationen sind mit der Antwort soweit zufrieden. „Die Bundesregierung erteilt der Unionsfraktion Nachhilfe in Demokratie“, findet etwa Felix Kolb, Chef des Kampagnennetzwerks Campact. Greenpeace sprach angesichts der Anfrage der Union von „schlechtem Stil und unnötiger Scharfmacherei“. Der Fragenkatalog habe auch Organisationen einschüchtern sollen, die nichts mit den Protesten zu tun hatten oder wie Greenpeace finanziell unabhängig sind. „Friedrich Merz hat sich verzockt“, sagte Greenpeace-Chef Martin Kaiser.
hier Tagesspiegel Von Christoph Zempel 12.3.25
Antwort auf die 551 Fragen der Union : Bundesregierung sieht keine „Schattenstruktur“ durch staatlich geförderte NGOs
Müssen staatlich geförderte NGOs politisch neutral sein? Mit 551 Fragen an die rot-grüne Bundesregierung hatte die Union viele empört. Nun hat das Bundesfinanzministerium geantwortet.
Nach dem großen Wirbel um die Kleine Anfrage der Unionsfraktion zur politischen Neutralität von staatlichen geförderten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hat die scheidende rot-grüne Bundesregierung geantwortet, die Union aber weitgehend im Unklaren gelassen. In dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums widersprechen die Beamten der Auffassung der Union, wonach die geförderten NGOs eine „Schattenstruktur“ bildeten.Auch, dass staatlich geförderte NGOs politisch neutral sein müssen, hält die Bundesregierung für unzutreffend. „Der freiheitliche demokratische Verfassungsstaat lebt von zivilgesellschaftlichem Engagement für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben und dem Einsatz gegen menschen- und demokratiefeindliche Phänomene“, heißt es in der Antwort.
Der Staat sei dafür verantwortlich, im Rahmen einer wehrhaften Demokratie für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. Dazu zähle auch die Förderung solchen Engagements.
„Bild“ und „Welt“ haben das Schreiben vom Dienstag vollständig und teilweise veröffentlicht. Zuerst hatte „Business Insider“ berichtet. Die Frist für eine Antwort der Bundesregierung war bereits am Montag abgelaufen.
Mehr als 6,4 Millionen Euro Förderung
Das Dokument offenbart außerdem Zahlen zur Finanzierung der 16 abgefragten NGOs, diese sind aber nicht vollständig. Demnach erhalten sechs der 16 abgefragten Organisationen im Förderjahr 2025 mehr als 6,4 Millionen Euro Staatsgelder, zu zehn NGOs hat das Ministerium keine Angaben gemacht. Am meisten Geld bekommt die Amadeu Antonio Stiftung. Rund 2,6 Millionen Euro fließen 2025 an die Organisation, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt.
Die Umweltschutzorganisation Bund E.V. fördert der Staat indes mit 1,4 Millionen Euro, die Umweltschutzhilfe mit einer Million Euro, die Neuen Deutschen Medienmacher*innen mit 840.000 Euro und das Medienunternehmen Correctiv mit 208.000.
Im Fokus der Berichterstattung hatten auch die Omas gegen Rechts und das Online-Kampagnen-Portal Campact gestanden. Zu beiden Organisationen machte das Ministerium jedoch keine Angaben.
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