Donnerstag, 27. März 2025

Update: Dass Felßner seine Bewerbung als Minister zurückgezogen hat, liegt nicht an den Tierrechtlern...auch wenn er es behauptet

Feißner kneift, nachdem ein paar wenige Aktivisten bei ihm im Hof stehen und ein Banner aufhängen? Man bedenke: Der Mann war maßgeblich an den Bauernprotesten im Frühjahr 2024 beteiligt, bei denen es richtig zur Sache ging und er drohte als Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes "es gebe jede Menge Ideen, wie man das Land eventuell lahmlegen könne".

Der Aufschrei ist groß, von wegen Gefährdung seiner Familie - doch die wohnt 400 m entfernt vom Hof, auf dem demonstriert wurde. Im neuesten TAZ-Artikel wird spekuliert, dass die Aktivisten nur einen guten Ausweg boten, damit Feißner sich aus seiner unbequemen Position zurückziehen konnte......(s.u.) Die Strafe für die Aktivisten wird trotzdem riesig aufgebläht werden. Wir sind ja in Bayern!



hier  25.03.2025  Von  Karin Goeckel /Lorenz Storch

siehe auch Unterschriften-Aufruf vom 19.3.25  hier

Aktivisten protestieren auf Felßners Hof – CSU-Politiker empört

Tierrechtsaktivisten haben auf dem Hof des bayerischen Bauernverbandspräsidenten Felßner gegen seine mögliche Ernennung zum Bundeslandwirtschaftsminister protestiert. Die Polizei ermittelt wegen Hausfriedensbruch, Felßner selbst ist empört.

Der Adressat des Protestes war gar nicht zu Hause: Im Auftrag der CSU befand sich der Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Günther Felßner, für die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen in Berlin. Die Aktivisten der Tierrechtsorganisation "Animal Rebellion" hielt das nicht von ihrer Aktion ab.

Zwei von ihnen kletterten auf das Dach von Felßners Rinderstall im Landkreis Nürnberger Land, um ein Transparent zu befestigen – mit dem Schriftzug: "Kein Tierausbeuter als Agrarminister." Dafür hatten sie lange Leitern mitgebracht. Weitere Aktivisten hätten sich auf dem Hof verteilt und Plakate mit Protestnoten in die Höhe gehalten, teilte "Animal Rebellion" mit.

Aktivisten kritisieren Felßner-Aussagen

Felßner soll nach dem Willen von CSU-Chef Markus Söder in einer neuen Bundesregierung Landwirtschaftsminister werden. Welche Partei in einer neuen Regierung welchen Minister stellen darf, ist aber noch offen.

Die Tierrechtsorganisation kritisiert Aussagen des Bauernpräsidenten zu Klima und Diversität: Felßner spreche sich zum Beispiel für den Einsatz von Pestiziden aus, kämpfe für den Erhalt klimaschädlicher Subventionen und gegen Flächenstilllegungen für mehr Biodiversität. Zudem habe er dazu aufgerufen, Produkte zu konsumieren, "für die Millionen von Lebewesen täglich ausgebeutet und grausam getötet werden", beklagten die Aktivisten.

Bauernpräsident "fassungslos" – Polizei ermittelt

Das Polizeipräsidium Mittelfranken bestätigte einen Einsatz auf Felßners Hof. Die Beamten hätten die Identität von zwölf Personen festgestellt, sagte ein Polizeisprecher auf BR24-Anfrage. Nun werde wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch ermittelt.

Felßner selbst zeigte sich empört über die Aktion der Tierrechtsaktivisten. Er sei "fassungslos" über "diese Radikalen", sagte er in einer Pause der Berliner Koalitionsverhandlungen dem BR.

Er habe von der Aktion erfahren, als er am Morgen in Berlin aus dem Zug gestiegen sei. Seine Frau sei völlig verängstigt gewesen.

Online-Petitionen gegen CSU-Politiker

"Animal Rebellion" ist mit der Kritik an Felßner nicht allein. Die Kampagnenplattform Campact sowie das Umweltinstitut München sammeln jeweils mit Online-Petitionen Unterschriften gegen eine Berufung Felßners zum Bundesminister. 

2018 hatte er einen Strafbefehl über 90 Tagessätze wegen Boden- und Gewässerverunreinigung akzeptiert. Das Amtsgericht Hersbruck sah es als erwiesen an, dass er auf seinem Hof in Günthersbühl schädliches Sickerwasser aus Silos in ein Wasserschutzgebiet geleitet hatte. Die Campact-Petition "Kein Lobbyist als Agrarminister!" hat mittlerweile mehr als 410.000 Unterschriften, die Petition des Umweltinstituts mehr als 90.000.

Umweltinstitut distanziert sich

Das Umweltinstitut hat sich von der Protestaktion distanziert. Protest gegen die Ernennung eines Agrarlobbyisten zum Minister sei zwar legitim, aber: "Aktionen, die in die Privatsphäre von Politikerinnen und Politikern eingreifen, lehnen wir entschieden ab", schrieb der Politische Geschäftsführer des Umweltinstituts, Fabian Holzheid. Und zwar egal, ob es um das Bedrängen des grünen Bundesministers Robert Habeck durch aufgebrachte Landwirte vor einem Jahr geht – oder um die Aktion von "Animal Rebellion" auf dem Hof von Felßner.



Noch mehr Stimmen dazu:





Fabian Holzheid auf Linkedin

Geschäftsführer beim Umweltinstitut München e.V.

Felßner wird nicht nächster Landwirtschaftsminister!

Günther Felßner, eine der umstrittensten Personen im Rennen um die Ministerposten der schwarz-roten Koalition, hat heute in einer persönlichen Erklärung seinen Rückzug aus dem Rennen um das Amt des Agrarministers bekanntgegeben. Das sind gute Nachrichten, denn Felßner hätte als Bauernverbandspräsident einen massiven Interessenkonflikt mit in das Amt gebracht. Außerdem leugnet er wissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel zum Zusammenhang zwischen Pestiziden und Artensterben oder Fleischkonsum und Klimakrise. 

Begründet hat er seine heutige Entscheidung mit einer Protestaktion, die gestern auf seinem Hof bei Nürnberg stattfand - die meisten Medienberichte sprechen aber davon, dass Felßner schon in den vergangenen Tagen zunehmend an Rückhalt in der Union und vor allem in seiner eigenen Partei, der CSU, eingebüßt hat. Der große Druck, den über 500.000 Menschen gemeinsam über Umweltinstitut München und Campact e.V. erzeugt haben, hat wohl gewirkt. Danke an alle, die mitgemacht haben - wenn ein Thema "fliegt", ist so vieles möglich!

Noch ein paar Worte zu der Protestaktion, von der wir uns beim Umweltinstitut München öffentlich distanziert haben: Für uns ist die Empörung über Söders Plan, den Bock zum Gärtner zu machen, absolut nachvollziehbar. Wir hatten hier vor ein paar Jahren aber selbst 'Besuch' vom Bayerischen Bauernverband, Kreisgruppe Nürnberger Land - und zwar mit Dreschflegeln und anderen Geräten, was die Diskussion nicht unbedingt angenehmer gemacht hat. 

Wir wissen also wovon wir sprechen, wenn wir die Wahrung von Anstand und Privatsphäre im politischen Diskurs fordern. 


TAZ  hier   Kommentar von Jost Maurin 27.3.2025

Protest gegen CSU-Mann Felßner: Dahoam ned Dahoam

Die Aufregung über den Tierrechtsprotest an einem Stall von Günther Felßner (CSU) ist übertrieben. Ihrer Sache haben die Aktivisten dennoch geschadet.

Erst schien die Sache klar zu sein: Aktivisten der Tierrechtsorganisation Animal Rebellion hätten mit ihrer Protestaktion auf dem Hof von Günther Felßner am Montag klar die Grenzen des Anstands überschritten. Felßner war da noch CSU-Kandidat für das Amt des Bundesagrarministers, jetzt ist er es – angeblich wegen der überschrittenen Grenzen – aber nicht mehr. Der Landwirt und Präsident des Bayerischen Bauernverbands kritisierte am Dienstag, die Tierrechtler seien in seinen Hof „eingebrochen“, sie hätten „Rauch eingeleitet“ in den Stall, sein „Zuhause“ sei nicht mehr sicher. Seine Frau, die gerade im Gebäude gewesen sei, habe sich bedroht gefühlt. Mit der Aktion begründete Felßner, dass er sich aus dem Rennen um den Ministerposten zurückzieht.

Die Empörung war groß. CSU-Chef Markus Söder sagte, die Aktion sei ein „brutaler Angriff auf eine einzelne Person“. Das dürfe nicht ohne Folgen bleiben, mahnte der bayerische Ministerpräsident: „Es muss eine Sonderermittlung geben.“

Tatsächlich waren zwei Aktivisten auf das Dach des Stalls geklettert, um ein Transparent zu befestigen – mit dem Schriftzug: „Kein Tierausbeuter als Agrarminister.“ Doch mittlerweile ist klar: Die Aufregung um den Protest ist trotzdem übertrieben. „Wir waren nicht bei Felßner privat zu Hause, sondern an seinem Arbeitsort, also an seiner Soziosphäre und nicht seiner Privatsphäre“, sagte am Mittwoch der taz Scarlett Treml, die nach eigenen Worten eine der 15 TeilnehmerInnen bei der Aktion war.

Tatsächlich liegt der Stall am Ortsrand von Felßners Dorf Günthersbühl in Franken. Er wohnt aber in der Dorfmitte. Laut Google Maps beträgt die Entfernung etwa 400 Meter. Der Bayerische Bauernverband teilte der taz auf Anfrage mit: „Von Wohnhaus war und ist nicht die Rede.“ Hof und Stall lägen aber in Sichtweite zueinander und: „Auf bäuerlichen Betrieben lassen sich Leben und Arbeiten nicht ohne Weiteres trennen.“

400 Meter dazwischen

Das stimmt grundsätzlich. Aber im konkreten Fall liegen eben doch 400 Meter dazwischen. Man muss schon ein bisschen auf der Straße laufen, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Die Tierrechtler haben also nicht Felßners „Zuhause“ angegriffen.

Sie haben auch nicht „eingebrochen“. „Einbrechen“ bedeutet laut Duden: „gewaltsam in ein Gebäude, in einen Raum oder Ähnliches eindringen (um etwas zu stehlen)“. „Wir haben keinen Fuß in den Stall gesetzt“, sagt Treml dazu. Das hat selbst Felßner nicht explizit behauptet, obwohl er von „Einbruch“ gesprochen hat. Nicht einmal Hausfriedensbruch sei das, weil das Grundstück nicht „eingefriedet“ sei etwa durch einen Zaun, eine Mauer oder Hecke, ergänzt Treml. Sie besteht auch darauf, dass die Aktivisten „total friedlich“ gewesen seien.

Martialischer Eindruck

Unstrittig ist aber, dass die Tierrechtler auf dem Dach des Stalls waren, dass sie teils vermummt waren, Bengalos zündeten und das Transparent am Gebäude befestigten.

Man kann sich vorstellen, dass das – zumal auf dem Land – bedrohlich wirken kann. Vermummung, Bengalos – das erzeugt einen martialischen Eindruck, der nicht in eine politische Auseinandersetzung gehört. So dürften die Tierrechtler viel Sympathie im Publikum verspielt haben. Das nützt eher Felßner und seiner Lobby als den Tieren.

Dass Felßner seine Bewerbung als Minister zurückgezogen hat, liegt aber wahrscheinlich nicht an den Tierrechtlern.

Selbst wenn er das Gegenteil behauptet. Auch Animal Rebellion hält diese Begründung für „vorgeschoben“. „Vielmehr hat unsere Aktion ihm nun eine Exitmöglichkeit serviert, da der Druck auf die künftige Koalition mit ihm als Agrarminister enorm hoch war“, schreibt die Organisation. Das ist durchaus plausibel. Denn schon vor der Aktion hatte es Berichte gegeben, dass sein Rückhalt in der CSU-Landesgruppe im Bundestag bröckelte. 

Er ist ja in der Partei eigentlich nur ein Kommunalpolitiker und hat keine Regierungserfahrung. Zudem dürfte spätestens nach den Onlinepetitionen ­gegen seine Kandidatur auch in der Union klar sein, dass ein verurteilter Umweltsünder als Agrarminister zu angreifbar ist. Immerhin hat ein Gericht den Milchbauern 2018 zu einer Geldstrafe verurteilt: wegen Boden- und Gewässerverunreinigung.


RND hier
Sie fordern ein veganes Ernährungssytem

Protest bei CSU-Politiker: Was steckt hinter „Animal Rebellion“?








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