Freitag, 28. März 2025

Staatsschulden - es kommt darauf an wer sie macht

auch interessant dazu: Wirtschaft vor 8 vom 24.3.25  hier

hier  Krautreporter  20.03.2025  Rebecca Kelber

Geld und Wirtschaft

5 Mythen über Staatsverschuldung, die du kennen solltest

Zum Beispiel: Es ist gar nicht gut, wenn Staaten ihre Schulden komplett zurückzahlen.

So schnell wird aus einem „nein“ ein „ja“: Gerade noch warb die CDU im Wahlkampf für die Schuldenbremse, nun hat sie gemeinsam mit SPD und Grünen ihre Reform durch den Bundestag gebracht. Nun ist der Weg frei für 500 Milliarden zusätzlicher Schulden.

Schon vorher war die Debatte, ob Deutschland mehr Schulden braucht oder nicht, aufgeheizt. Gefühlt hat schon lange jeder eine Meinung dazu. Dabei gibt es viele Missverständnisse über grundlegende Mechanik von Staatsschulden. ....

Starten wir mit einem der größten Missverständnisse zu Staatsschulden:

Mythos Nr. 1: Es wäre super, wenn Staaten ihre Schulden komplett zurückzahlen würden

Für Teilbeträge mag das stimmen. Aber wenn alle Staaten ihre Schulden zurückzahlen würden, bekämen wir ein echtes Problem. Denn unsere Finanzmärkte würden ohne Staatsschulden kaum funktionieren.

Amerikanische Staatsanleihen bilden das Rückgrat der Finanzmärkte. Der Grund: Sie gelten als extrem sicher und anders als Aktien schwanken ihre Werte kaum. Das macht sie zu einem Puffer, den jede Bank und jeder Pensionsfonds braucht. Die Ökonomin Barbara Fritz von der Freien Universität Berlin sagt: „Je stabiler und damit unauffälliger Staatsanleihen sind, desto besser.“ Also so lange, wie Anleger in die Wertpapiere vertrauen. Jeder Pensionsfonds hat Staatsschulden in seinem Portfolio, weil sie ein langfristiges sicheres Investment sind. Banken verwenden Staatsanleihen als Sicherheiten, wenn sie sich gegenseitig kurzfristig Geld leihen. Würden alle Staaten ihre Schulden zurückzahlen, müssten die Finanzmärkte einen Ersatz finden, einen, der genauso sicher und zuverlässig ist. Zunächst einmal wären Finanzmärkte aber viel unsicherer als ohnehin schon.

Neben ihrer Rolle als Puffer auf den Finanzmärkten haben Staatsschulden noch eine andere zentrale Funktion: Die Zentralbanken nutzen Staatsanleihen für ihre Geldpolitik. Sie kaufen oder verkaufen Staatsanleihen bei der sogenannten Offenmarktpolitik, je nachdem, ob sie die Geldmenge erhöhen oder senken wollen. Dadurch beeinflussen sie die Inflation. ......


Das bringt uns einem zweiten Glaubenssatz:

Mythos Nr. 2: Staaten zahlen ihre Schulden irgendwann zurück

Das passiert tatsächlich fast nie.

Um das zu verstehen, müssen wir uns kurz anschauen, was Staatsschulden sind: Entschließt sich die Bundesregierung, Schulden aufzunehmen, ist die Finanzagentur zuständig. Sie gibt Schuldscheine raus, die Bundeswertpapiere genannt werden und bietet diese einer bestimmten Gruppe von Banken in Auktionen an. Diese Banken kaufen der Finanzagentur die Schuldscheine ab und können sie auch weiterverkaufen. Die Zinsen auf Staatsanleihen muss die Regierung bezahlen.

Je nach Wertpapier kann die Laufzeit unterschiedlich sein, 30 Jahre oder 12 Monate betragen.

Läuft diese Frist ab, muss das Geld zurückgezahlt werden. Eigentlich. Stattdessen nimmt der Staat Schulden auf, mit denen sie die ursprünglichen Schulden begleicht. Die Finanzagentur gibt neue Bundesanleihen aus, mit neuen Zinsen. So steigt die Summe der Staatsverschuldung auf immer schwindelerregendere Höhen. Daran erinnert uns der Bund der Steuerzahler gerne. Im Jahr 2023 hatte Deutschland 2,45 Billionen Euro Schulden.

Weil Staaten potentiell unsterblich sind, ist die Gesamtverschuldung so lange kein Problem, wie Investoren Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit eines Landes haben. ....


Mythos Nr. 3: Bei Staatsschulden gibt es keine Klassenunterschiede zwischen Ländern

....Trotzdem bedeuten Staatsschulden für die USA etwas anderes als für Argentinien.

Barbara Fritz sagt, dass es eine Hierarchie zwischen Währungen gibt. Sie hat die Form einer steilen Pyramide. Auf welcher Stufe der Hierarchie sich die Währung eines Landes befindet, beeinflusst, wie stark sich dieser Staat verschulden kann. An der Spitze stehen die USA, die mit dem Dollar die Leitwährung stellen. Das bedeutet: Der Dollar wird weltweit zum Handeln genutzt, etwa bei Rohstoffen wie Öl. Und die US-Staatsanleihen gelten auch heute noch als krisensicher, viele Zentralbanken auf der ganzen Welt halten deshalb US-Staatsanleihen.

Gleichzeitig importieren die USA sehr viel aus der ganzen Welt. Weil deshalb die Nachfrage nach Dollars groß ist, können sich die USA viel mehr Geld zu niedrigen Zinsen leihen als andere Staaten. Das wird auch als das „exorbitante Privileg“ der USA bezeichnet.

Am unteren Ende der Pyramide befinden sich Länder des globalen Südens, wie Haiti. ....

Dadurch sind sie viel stärker von der Bewertung ausländischer Investoren abhängig. Wenn etwa Argentinien Schwierigkeiten hat, Dollar aufzutreiben, um neue Schuldscheine auszugeben, verunsichert das Investoren, die ihr Kapital abziehen. Die Folge: Der Pesos wird abgewertet, für den argentinischen Staat wird es also noch teurer, Dollar zu kaufen. Das führt zu einer Abwärtsspirale, die im Extremfall zur Staatspleite führen kann – wie etwa in Argentinien in diesem Jahrhundert schon drei Mal.

Im Gegensatz dazu haben wir in Deutschland und der Euro-Zone einen großen Vorteil, der den meisten gar nicht klar sein dürfte: Wir können uns in Euro verschulden und müssen uns weniger Sorgen um Wechselkurse machen. Der Euro befindet sich in der Währungshierarchie oben, wenn auch hinter dem Dollar.


Mythos Nr. 4: Ein Blick aufs BIP reicht, um Schulden zu bemessen

....Neben der Staatsschuldenquote gibt es andere Faktoren, von denen abhängt, ob ein Land sich weiter verschulden kann. Dafür ist einerseits die Stärke der Wirtschaft wichtig. Japan ist das Land der Megacitys, der Schnellzüge, in dem Roboter Menschen im Alltag unterstützen, Bulgarien nicht. Aber auch: Japan hat eine international angesehene Währung, Bulgariens Lew ist fest an den Euro gekoppelt, dem es bald beitreten möchte. Und einen großen Teil der japanischen Staatsschulden halten kleinere japanische Kreditgeber. Die hauen nicht so schnell ab wie ausländische Großinvestoren. ....

Ein Faktor ist aber immer gleich: Staatsschulden werden dann gefährlich, wenn die Zinsen auf sie massiv steigen. So musste die griechische Regierung Anfang 2012 auf 10-Jahres-Anleihen Zinsen von 30 Prozent zahlen. Zinsen fraßen einen immer größeren Teil des griechischen Haushaltes auf – und nahmen den Politiker:innen die Spielräume, ihr Land zu gestalten.


Mythos Nr. 5: Die Maastricht-Kriterien sind ökonomisch durchdacht

Als ich zur Schule ging, war die Staatsschuldenkrise gerade am Toben. Vielleicht kann ich mich deshalb so gut an die Maßstäbe für Staatsverschuldung erinnern, die wir im Wirtschaftsunterricht lernten: Die Obergrenze für Staatsverschuldung von Euro-Staaten soll fix bei 60 Prozent liegen und Staaten dürfen sich nicht um mehr als drei Prozent in einem Jahr neu verschulden. Viele Euro-Länder überschreiten diese Werte – aber trotzdem sind sie wichtig. Denn in der politischen Diskussion wird immer wieder auf sie verwiesen. Sie ist die Zielmarke. Wer sie nicht einhält, bekommt Ärger von der EU.

Tatsächlich sind die sogenannten Maastricht-Kriterien willkürlich entstanden. .....

Auch Barbara Fritz sagt: „Gerade in der Eurozone ist es sinnvoll, dass es gemeinsame Verschuldungsgrenzen gibt, weil wir eine Währung teilen, aber keinen Staatshaushalt. Aber solche Regeln sind immer auch Kinder ihrer Zeit.“....


bitte den ganzen Text im Original lesen

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