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Die Tschechische Republik macht Ernst mit der Energiewende
Die Betreiber vieler Uraltmeiler machen mit. Im Braunkohlekraftwerk Opatovice hat der Umbau bereits begonnen. Bis spätestens 2030 (vielleicht sogar früher) wird Opatovice den Kohle-Ausstieg vollzogen haben. Umgestellt wird auf Erdgas. Das ist umstritten, denn auch Erdgas ist ein fossiler Energieträger.
Um den Klimawandel zu bremsen, muss die Wirtschaft dekarbonisiert werden, das ist wissenschaftlicher Konsens. Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden. Erster Meilenstein ist das EU-Ziel von mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2030 (im Vergleich zu 1990). So steht es im EU-Gesetz “Fit für 55”.
Das wichtigste Werkzeug für den Übergang ist der Handel mit Emissionsrechten: Wer CO2 in die Atmosphäre abgibt, muss zahlen. Großverschmutzer benötigen viele Emissionsrechte. Das kostet! Der Betrieb von Kohlekraftwerken lohnt sich deshalb nicht mehr. Die Produktion von Strom und Wärme wird deshalb umgestellt auf weniger umweltschädliche Energiequellen.
Die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel fließen in den “Modernisierungsfonds” der EU. Der hilft einkommensschwächeren Mitgliedstaaten bei der Finanzierung der Energiewende. Seit 2021 hat der Fonds 15,5 Milliarden Euro ausgeschüttet. Das meiste Geld ging bislang an die Tschechische Republik, Rumänien und Polen. Oberste Priorität haben Kohleregionen, um dort den Ausstieg zu beschleunigen und sozialverträglich zu gestalten.
Doch es gibt da ein europaweit heftig diskutiertes Problem, denn der Modernisierungsfonds subventioniert auch die Umrüstung auf Erdgas. Zwar ist Erdgas etwas sauberer als Kohle. Nur: Beim Verbrennen von Erdgas entsteht ebenfalls CO2 und das heizt das Erdklima auf. Mehr als eine Übergangslösung kann Erdgas nicht sein, auch darüber herrscht bei den Wissenschaftlern Konsens. Zumal beim Transport von Erdgas klimaschädliches Methan entweicht.
Das Braunkohlekraftwerk Opatovice in der Tschechischen Republik versorgt mehrere Städte, darunter Pardubice, seit einem halben Jahrhundert mit Fernwärme. Nun wird es mit Hilfe der EU modernisiert. Der Modernisierungs-Fond hat im Dezember weitere 130 Millionen Euro für den Kohleausstieg in Tschechien bewilligt, ein Großteil davon fließt in Investitionen für Erdgas und in den Aufbau einer Infrastruktur zur energetischen Verwertung von Abfällen – beispielsweise aus der Forst- und Landwirtschaft.
Allein in die tschechischen Anlagen bei Vrato und Opatovice fließen laut Berechnungen von CEE Bankwatch insgesamt fast 350 Millionen Euro Subventionen aus dem EU-Modernisierungsfonds. Die Nichtregierungsorganisation überprüft, ob europäische Steuergelder zielgerecht investiert werden, also so, dass Umwelt und Klima keinen Schaden nehmen. Morgan Henley ist zuständig für Wärmetechnik und warnt, dass die massiven EU-Subventionen für Erdgas dazu führten, dass sich Europa erneut in eine fossile Abhängigkeits-Falle begebe.
Riesige Fernwärmenetze gibt es in vielen Städten des ehemaligen Ostblocks. Zur Zeit des Kommunismus waren sie hochmodern - heute sind sie modernisierungsbedürftig. In Pardubice treffe ich Robert Hrdina. Der junge Vater sorgt sich um die Zukunft seiner Kinder - und sitzt als Abgeordneter der Grünen im Umweltausschuss der Stadt. Erdgas hält er für problematisch, denn es mache abhängig von Importen aus dem Ausland. Aber: “Was den geplanten Brennstoffwechsel im Kraftwerk betrifft, von Kohle zu Erdgas, das wird dann schon etwas sauberer.” Hrdina betont: “Derzeit funktioniert unser Fernwärmenetz mit der Abwärme des Kraftwerks Opatovice. Dort wird Braunkohle verfeuert und das erzeugt Stickoxid- und Quecksilber-Emissionen.”
Doch Hrdina kritisiert auch, dass das Energiesparpotential beim Wohnen nicht ausgeschöpft werde: “In meinem Stadtviertel leben 16.000 Menschen. Die Hälfte der Wohnblocks ist immer noch nicht wärmegedämmt, obwohl sich durch Wärmedämmung 50 Prozent Energie einsparen ließe. Das sollte unsere oberste Priorität sein.”
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