Donnerstag, 6. März 2025

IPCC unter Beschuss

Süddeutsche Zeitung hier  Von Michael Bauchmüller und Christoph von Eichhorn  25.2.25

Erderwärmung:Wie die USA, Saudi-Arabien und andere den Weltklimarat bremsen

US-Wissenschaftler dürfen nicht mehr zu Treffen reisen, Berichte sollen verschoben werden. Was kommt da auf die Forscher zu?



 Im Schnitt alle sechs Jahre erfährt die Welt, wie es ihr geht. Dann legt der Weltklimarat IPCC einen neuen „Sachstandsbericht“ vor. Alle Erkenntnisse der Wissenschaft zum Stand der Erderwärmung, deren Folgen und mögliche Antworten darauf werden darin zusammengetragen, plus einer „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“. Sechsmal hat der IPCC bisher solche Berichte veröffentlicht, den jüngsten in den Jahren 2021 bis 2023. Nummer sieben ist in Vorbereitung. Nur: Wann erscheint er? Und könnte die neue US-Regierung die wissenschaftliche Arbeit sabotieren?

In dieser Woche tagt die IPCC-Community in China, mit 400 Delegierten. Im Intercontinental Hangzhou, einem kugelförmigen Glaspalast, findet die 62. Plenarsitzung des Weltklimarats statt. Für den siebten Sachstandsbericht sei das „eine entscheidende Sitzung“, sagt IPCC-Chef Jim Skea. Und das gilt auch für das geplante Erscheinungsdatum.

Die Frage ist hochpolitisch. Erste IPCC-Planungen hatten dafür den Sommer 2028 vorgesehen, alle Arbeit hätte sich an diesem Ziel orientieren können. Der Bericht würde dann rechtzeitig zur COP33 erscheinen, der 33. UN-Klimakonferenz. Nach dem Zeitplan des Pariser Klimaabkommens steht dort der große Kassensturz der Weltgemeinschaft zu den Treibhausgasemissionen an, der zweite „Global Stocktake“. Dieser Abgleich von Soll und Haben – wie viele Emissionen haben die Staaten eingespart, wo hakt es? – steht im Zentrum des Klimaabkommens. Auf dieser Basis sollen die Staaten neue nationale Klimapläne aufstellen, mit denen sich der Anstieg der Erdtemperatur in den Griff bekommen lassen soll. So weit die Theorie.

Doch mehrere Staaten wollen den Sachstandsbericht erst 2029 vorgelegt wissen, also erst nach dem Kassensturz. Saudi-Arabien plädierte bislang dafür, aber auch Kenia und Südafrika. Auch China hat bisher keine Eile erkennen lassen, ebenso wenig Indien – obwohl das Land im Jahr 2028 die COP33 ausrichten will. Zur Begründung heißt es bisher unter anderem von Saudi-Arabien, bis 2028 sei nicht genügend Zeit, um Forschungsarbeiten aus Entwicklungsländern zu berücksichtigen. Auch könne das Tempo auf Kosten der Qualität gehen. Experten vermuten, dass dies im Falle der Ölstaaten ein vorgeschobenes Argument ist. Eher dürften sie kein Interesse daran haben, allzu sehr an ihre Verantwortung für die Klimakrise erinnert zu werden.

Doch der Druck wächst. Kurz vor der Plenartagung in Hangzhou meldeten sich die Inselstaaten zu Wort. Die IPCC-Berichte seien ein Grundpfeiler des internationalen Klimaschutzes, warnt die palauische Diplomatin Ilana Seid, die der Inselstaaten-Gruppe Aosis vorsitzt. Wissensgeleitetes Handeln sei essenziell, um dieser Krise zu begegnen. Es brauche rechtzeitig vor dem Global Stocktake auch den Input des IPCC.

Dass die US-Regierung Gelder kürzt, behindert schon jetzt die Arbeit des Weltklimarats

Noch deutlicher wird die High Ambition Coalition, ein Zusammenschluss fortschrittlicher Staaten, dem auch Deutschland angehört. Sie verweist darauf, dass rechtzeitig zur ersten globalen Bestandsaufnahme der sechste Sachstandsbericht des IPCC vorlag. Auf dem Spiel stehe die Glaubwürdigkeit und Integrität des Pariser Abkommens, warnt die Staatenallianz. Das sieht Deutschlands Sonderbeauftragte für den Klimaschutz, Jennifer Morgan, ganz ähnlich: „Die Entscheidungsprozesse zur Umsetzung des Pariser Abkommens müssen sich auf die besten und neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Dies gelte insbesondere für die globalen Bestandsaufnahmen. Deswegen setze sich Deutschland dafür ein, dass der Weltklimarat rechtzeitig Berichte zu allen Bereichen der Wissenschaft, inklusive der Forschung zur Emissionsminderung, vorlege.

Auch der Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus macht die Arbeit des Weltklimarats nicht einfacher. Trump hält die menschengemachte Erderwärmung nach wie vor für einen großen Schwindel, einen „Hoax“, und handelt entsprechend. Per Dekret hat er den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag verkündet (wobei die Kündigung erst mit Jahresfrist wirksam wird), zugleich arbeiten im Weltklimarat nach wie vor US-Wissenschaftler an wichtigen Stellen mit. Doch nun berichtete die Washington Post, die US-Regierung lasse eine Top-Klimaforscherin von der Nasa nicht wie geplant nach China reisen. Katherine Calvin ist als Co-Leiterin der Arbeitsgruppe III für den Teilbericht zur Bekämpfung des Klimawandels zuständig – also für die entscheidende Frage, wie schnell die weltweiten Emissionen sinken sollten.

Ein Teilnehmer der Konferenz bestätigt, dass Calvin nicht nach Hangzhou reisen konnte, verweist aber zugleich darauf, dass die Klimaforscherin ohnehin nicht mehr lange im Amt geblieben wäre. Bei einem Regierungswechsel werde man normalerweise abberufen und gehe an seine Heimatinstitution zurück, so der Klimaforscher, der aufgrund des nicht öffentlichen Charakters des Treffens anonym bleiben möchte.

Problematischer sei, dass die US-Regierung auch das Geld für die „Technical Support Unit“ gestrichen habe. Diese ist für das Zusammentragen von Daten zuständig, koordiniert Treffen der Arbeitsgruppe und soll die Qualität des IPCC-Berichts sicherstellen. Da neun von zehn Mitglieder der TSU aus den USA stammen, ist die Kürzung ein schwerer Schlag. „Das behindert die Arbeit des IPCC jetzt und in den kommenden Monaten massiv“, schreibt der Klimaforscher in einer E-Mail. Es brauche nun nicht nur frisches Geld, womöglich müsse die Einheit komplett neu aufgebaut werden.

Manche sehen das Fehlen der Amerikaner indes als das kleinere Übel. Zumindest, heißt es aus Hangzhou, schicke Trump bislang keine Klimawandelleugner, um die wissenschaftliche Arbeit aktiv zu torpedieren. Doch auch wenn das so bleiben sollte, könnte der Weltklimarat mit dem Rückzug der USA langfristig einen Teil seiner Legitimierung einbüßen, lautet eine Befürchtung. Und das gilt aus Sicht vieler Experten erst recht, wenn der IPCC seine Diagnose über den Zustand der Welt erst dann teilt, wenn die Staaten über die weitere Therapie schon verhandelt haben.




Den ⚔️ Kampf gegen die Wissenschaft hat Donald Trump offen proklamiert. "Ich glaube, Wissenschaft weiß gar nichts" -  Vizepräsident JD Vance erklärte Professoren zu Feinden und sagte, "für die Dinge, die wir tun wollen, müssen wir die Universitäten offen und aggressiv attackieren"

Gesagt - getan: Nach der größten Organisation für Entwicklungszusammenarbeit USAID wird jetzt die Klima- und Wetterforschung NOAA: National Oceanic & Atmospheric Administration von Musk & Trump dicht gemacht.

🧑‍🏫 Alle NOAA-Mitarbeiter erhielten eine interne Mail mit einer für Wissenschaftskreise bizarren Ansage: »ALLE INTERNATIONALEN AKTIVITÄTEN« seien sofort einzustellen, wurden die Mitarbeitenden in Großbuchstaben angewiesen. E-Mails an »ausländische Kollegen« seien zu unterlassen. Die vermeintlichen Freunde der »Free Speech« verhängen jetzt Kommunikationsverbote für Forschende.

Der neue US-Außenminister Marco Rubio hat zuvor die weitgehende Zerstörung der Hilfsorganisation USAID mit diesen Worten erläutert : »Jeder Dollar, den wir ausgeben, jedes Programm, das wir finanzieren, und jede politische Linie, die wir verfolgen, muss auf Basis von drei Fragen gerechtfertigt werden: Macht es Amerika sicherer? Macht es Amerika stärker? Macht es Amerika wohlhabender?«

❌ Am Freitag, den 7. Februar 2025 wurde das gesamte USAID-Personal weltweit beurlaubt, ich habe hier im Senegal mitbekommen wie Kinder von ihren Eltern aus der Schule genommen wurden um das Land zu verlassen.

Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) steht, genau wie USAID, die Centers for Disease Control and Prevention und die The National Institutes of Health (NIH), schon im Masterplan für einen fossilen Gottesstaat namens »Project 2025« auf der Abschussliste.

Nun zeigt sich, dass HashtagTrump die Pläne aus diesem Papier eins zu eins umzusetzen beginnt. Die NOAA hielten die Autoren von »Project 2025« für »schädlich für den Wohlstand der USA« – und zwar deshalb, weil diese Organisation zu den weltweit wichtigsten gehört, was das Erforschen des Klimasystems und der Ozeane angeht. Die Daten und Informationen waren auch für die europaische Klimaforscher von entscheidender Bedeutung. Wie wirkt sich das wohl auf die Arbeit von Johan Rockström
& Stefan Rahmstorf
vom PIK - Potsdam Institute for Climate Impact Research aus.

⛽ Die Fossilkonzerne jedenfalls wünschen, dass in den USA die Behauptungen »es gibt keine Klimakrise« und/oder »die Erwärmung ist kein echtes Problem« mehrheitsfähig bleiben. Da stören wissenschaftliche Fakten.

📴 Der Klimawandel wird nicht mehr geleugnet, er wird einfach von den "Servern gelöscht" - die Websiten sind bereits weitgehend abgeschaltet.

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