Montag, 24. November 2025

Für echten Klimaschutz sorgt derzeit die Wirtschaft - Ohne das Abkommen von vor zehn Jahren wäre letztere aber vielleicht noch nicht so weit

 Freitag hier Von Christian Mihatsch  24.11.2025

COP30: Abschaffung der Fossilen war noch nie so nah...

Bei der Weltklimakonferenz COP30 gab es kaum etwas zu verhandeln. Im Zentrum stand daher ein Fahrplan für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Dieser scheiterte an Petrostaaten und musste mit einem Kniff gerettet werden


Die 30. UN-Klimakonferenz (COP30) in Belém, Brasilien, endet mit einem Nicht-Ergebnis
Im Grunde hat man sich auf das geeinigt, was schon bei der COP28 beschlossen wurde. Damals fand die COP in Dubai statt und das Ergebnis heißt daher „Konsens der Vereinigten Arabischen Emirate“ oder kurz „UAE-Konsens“. Dieser erwähnte zum ersten Mal überhaupt „fossile Energien“ und forderte die Länder dazu auf, sich von diesen Energien wegzubewegen oder englisch „to transition away from fossil fuels“ (TAAF).

Um das zu konkretisieren, hatte Brasiliens Präsident Lula da Silva im Vorfeld von COP30 einen „Fahrplan“ gefordert, „um die Abhängigkeit von fossilen Energien zu beenden“. Mehr als 80 Staaten, darunter Deutschland und die Schweiz, stellten sich hinter diese Forderung, stießen aber auf den erbitterten Widerstand einer ähnlich großen Ländergruppe um Saudi-Arabien. Der kleinste gemeinsame Nenner war dann ein Verweis auf den UAE-Konsens.

Und dann, nachdem dieses Nicht-Ergebnis im Abschlussplenum verabschiedet war, zog COP30-Präsident Andre Correa do Lago das Äquivalent eines weißen Hasen aus den Tiefen der UN-Verfahrensordnung: Gestützt auf seine Autorität als COP-Präsident bis zur COP31 lancierte er die Ausarbeitung von zwei Fahrplänen: einen zu fossilen Energien und einen zur Entwaldung.
Mit diesem Kunstgriff kann er zum einen sicherstellen, dass die Fahrpläne Teil des COP-Prozesses sind, und zum anderen kann er dafür auf die Ressourcen des UN-Klimasekretariats in Bonn zurückgreifen.

Beinahe-Revolte im Abschlussplenum
Ob diese Initiativen fortgesetzt werden, hängt allerdings von den kommenden COP-Präsidenten ab. Und auch hier gab es einen etwas eigentümlichen Kompromiss: Die Türkei und Australien einigten sich darauf, dass COP31 im türkischen Badeort Antalya stattfindet, aber unter australischer Präsidentschaft. COP32 findet dann in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba unter äthiopischer Präsidentschaft statt.

Beim eigentlichen Kernthema von COP30, der Anpassung an den Klimawandel, kam es dann beinahe zu einer Revolte im Abschlussplenum. Correa do Lago hämmerte diese Entscheidung weg, ohne auf Wortmeldungen aus dem Raum zu achten. Das kann man machen, wenn nur ein oder zwei Länder ihre Ablehnung des Beschlusses kundtun wollen, ganz nach dem Dictum von COP-Präsidentin Patricia Espinosa aus dem Jahr 2010: „Konsens bedeutet nicht, dass ein einziges Land ein Vetorecht hat.“

Doch jetzt waren die EU, die Schweiz, einige afrikanische Länder und erstaunlicherweise nahezu alle Nachbarländer Brasiliens dagegen. Das waren dann doch zu viele Länder, um von einem Konsens auszugehen. Das Abschlussplenum wurde daher für längere Zeit unterbrochen und die UN-Verfahrensordnung zurate gezogen. Und diese sagt, dass, wenn das zeremonielle Hämmerchen des COP-Präsidenten gefallen ist, der Beschluss gilt. Widerstand hin oder her. Ob so viel Drama geriet dann ein weiteres Nicht-Ergebnis in den Hintergrund: Die Länder beschlossen, die Finanzierung für Anpassung an die Klimakrise zu verdreifachen, ohne zu sagen, was der Ausgangswert ist.

Am Ende gibt es dann doch Anlass zur Hoffnung
Kurz, COP30 wird nicht für seine Ergebnisse in Erinnerung bleiben. Die Rückbesinnung auf den UAE-Konsens hat allerdings enormes Potenzial fürs Klima. Dort haben sich die Länder auch dazu verpflichtet, die Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen, die jährliche Steigerungsrate bei der Energieeffizienz zu verdoppeln sowie die Methanemissionen um 30 Prozent zu senken.

Eine neue Studie von Climate Action Tracker (CAT), einem Zusammenschluss von Forschungsinstituten, zeigt, dass die Erreichung dieser Ziele einen maßgeblichen Einfluss auf die Erwärmung hätte: Ohne die Umsetzung der drei Maßnahmen würde sich das Klima in einem Referenzszenario um 2,6 Grad bis zum Jahr 2100 erwärmen. Durch die schnelle Implementierung der Maßnahmen bis 2030 fällt dieser Wert auf 1,7 Grad. Da trifft es sich gut, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht so sehr an COP-Entscheidungen hängt, sondern am rapide fallenden Preis von Solarpaneelen, Batterien und anderen Elektrotechprodukten.

Genau diesen Gegensatz hat auch Kaysie Brown vom britischen Umwelt-Thinktank E3G im Blick, wenn sie sagt: „In einer zunehmend turbulenten und multipolaren Welt war COP30 ein Lackmustest dafür, ob der politische Wille und das Bekenntnis zum Multilateralismus mit der bereits in der Realwirtschaft erkennbaren Dynamik Schritt halten können.“ Und diesen Test habe COP30 knapp bestanden, trotz mangelnder „Konsistenz“. Oder anders: Das Pariser Abkommen funktioniert auch unter widrigen Umständen, und für echten Klimaschutz sorgt derzeit die Wirtschaft. Ohne das Abkommen von vor zehn Jahren wäre letztere aber vielleicht noch nicht so weit.

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