Raphael Kreusch LinkedIn
Nach jüngsten Berechnungen von Oxfam ist das Vermögen der Milliardäre in den G20-Staaten in diesem einen Jahr von 13,4 auf 15,6 Billionen US-Dollar gestiegen. Das ist ein Zuwachs von satten 16,4 Prozent.
Wie üblich wird jetzt folgendes passieren.
Erstens: "Die Berechnungsmethode ist nicht präzise genug." Dabei drängte sich doch selbst dann die Frage nach der globalen Ungleichverteilung auf, wenn es nur 9,2 Prozent wären.
Zweitens: "Leistung muss sich halt lohnen!"
Absolut. Wer gründet, ein Unternehmen aufbaut oder umsichtig leitet, Wert schöpft und (gut bezahlte) Arbeitsplätze schafft, soll von mir aus reich werden, glücklich sein und mich auf seine Yacht einladen.
Bloß trügt der familienunternehmerische Schein natürlich gewaltig. Wir sind längst keine Leistungsgesellschaft mehr. Auf der einen Seite schlagen sich Familien mit mehreren Jobs durch und müssen trotzdem aufstocken. Auf der anderen Seite haben in Deutschland rund 75 Prozent aller Milliardäre ihr Vermögen geerbt. Und viele von ihnen leben im Anschluss von der Rendite.
Beides ist erst einmal in Ordnung: natürlich das Erben, auch die Rendite.
Als Gesellschaft sollten wir uns angesichts derartiger Zahlen trotzdem fragen dürfen, ob es wirklich clever ist, Einkommen so massiv zu besteuern, Vermögen aber nicht. Ob die grundlegenden Regeln eigentlich stimmen, wenn zwei Familien in Deutschland so viel Reichtum ansammeln können wie die ärmsten 45 Millionen - während jedes siebte Kind von Armut bedroht ist.
Ob es eigentlich dauerhaft trägt, dass die G20-Milliardäre in einem einzigen Krisenjahr, nämlich 2024, so viel Vermögen zusätzlich anhäufen konnten, wie es laut Oxfam bräuchte, um 3,8 Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien.
Spätestens jetzt passiert das Dritte: "Das ist jetzt aber arg populistisch." Vor diesem Hintergrund noch eine Zahl zum Abschluss: Meiner Erfahrung nach hat der Populismus-Vorwurf in rund 90,247 Prozent der Fälle zum Ziel, möglichst rasch und pauschal von der eigentlichen Herausforderung und akutem Veränderungsbedarf abzulenken.
Und ich glaube nicht, dass die Oxfam-Studie ausgerechnet zu den verbleibenden 9,753 Prozent gehört.
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