Südkurier hier Von Stefan Hilser | 11.11.25,
„Das ist ein echter Quantensprung“Minister, Landräte und Bahn einigen sich bei der Finanzierung der Planungskosten. Die historische Weichenstellung wird in Überlingen besiegelt.
Das Wort „historisch“ war der meistgebrauchte Begriff im Ratssaal von Überlingen, wo am Montag (10. November) ein für Ausbau und Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn wichtiger Vertrag unterzeichnet wurde. Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), die Landräte von Konstanz und Bodenseekreis und eine Bevollmächtigte der Deutschen Bahn AG einigten sich auf die gemeinsame Finanzierung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Das Schienenprojekt nimmt nach Jahren der Diskussion damit Fahrt auf.
Das Land Baden-Württemberg trägt künftig die Hälfte der Planungskosten. Nach Berechnungen des Verkehrsministeriums sinkt der kommunale Eigenanteil damit von rund 140 auf etwa 80 Millionen Euro. Ein „gordischer Knoten, den Minister Hermann durchgeschlagen“ habe, wie mehrere Redner in Überlingen betonten. Das war auch die Summe, bei der die beiden Kreistage in Konstanz und Friedrichshafen ihre Zurückhaltung aufgaben und einstimmig für die Mitfinanzierung stimmten. Das Projekt nahm wieder an Fahrt auf.
Der symbolträchtige Ort war bewusst gewählt: Die Bahn hatte die Stadt Überlingen gebeten, die Vertragsunterzeichnung in ihrem historischen Ratssaal stattfinden zu lassen. Oberbürgermeister Jan Zeitler erinnerte daran, dass in dem Saal seit über 500 Jahren richtungsweisende Entscheidungen gefällt wurden. „Heute werden die Weichen für ein neues Mobilitätszeitalter gestellt“, sagte er. Das Projekt verbinde die Kommunen am See geografisch wie politisch und sei ein „wichtiger Beitrag zur regionalen Entwicklung und Lebensqualität“.
Land schafft Entlastung für Kreise und Kommunen
Mit der neuen Finanzierungsregelung hat das Land nach langen Verhandlungen eine entscheidende Entlastung für die Kreise geschaffen. Verkehrsminister Winfried Hermann sprach in Überlingen von einem „wirklich historischen Tag“ und einem „Jahrhundertprojekt“. Die Bodenseegürtelbahn, sagte er, sei „technologisch noch auf dem Stand des 19. Jahrhunderts“. Mit der nun vereinbarten Planungsphase gehe man einen „großen Schritt in Richtung eines leistungsfähigen Schienennetzes in Baden-Württemberg“.
Die Planung sei aufwendig und teuer, erklärte Hermann. „Schon das Planen kostet viel Geld.“ Die kommunale Ebene habe gezögert, weil die Kosten für die Vorplanung sehr hoch waren. Erst die Entscheidung des Landes, die Hälfte dieser Kosten zu übernehmen, habe das Projekt wieder in Bewegung gebracht. Möglich wurde dies durch den Doppelhaushalt 2025/26, der eine deutlich verbesserte Förderkulisse vorsieht. Hermann betonte, dass der Ausbau überregionaler Bahnstrecken nicht Aufgabe der Kommunen sein könne.
Einschränkung während Bauzeit
Während der Bauzeit müssen Pendler auf den Schienenersatzverkehr, also Omnibusse, umsteigen. Es sei für die Fahrgäste mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen, sagte Clarissa Freundorfer, Konzernbevollmächtigte der Bahn AG. Mit den Planungen für den Schienenersatzverkehr werde nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens begonnen, deshalb könne sie jetzt noch keine Details nennen. Nach Erfahrungen auf der Hochrhein seien fünf Jahre für den Ausbau der Bodenseegürtelbahn realistisch, mit dem Baubeginn sei Anfang der 2030er Jahre zu rechnen.
Hermann: Drei Züge pro Stunde
Der Minister kündigte an, dass die modernisierte Strecke einen stabilen Halbstundentakt ermöglichen soll, ergänzt durch schnelle Expressverbindungen. Das bedeutet: Drei Züge pro Stunde. Darüber hinaus gebe es barrierefreie Stationen und neue Haltepunkte in Mühlhofen und Espasingen. Mehrere Abschnitte werden zweigleisig ausgebaut. Ziel ist eine durchgehende elektrische Verbindung zwischen Basel und Ulm. „Vom Dampf über Diesel hin zur Elektrifizierung – das ist ein echter Quantensprung“, sagte Hermann. Als Zeithorizont nannte er vorsichtig das Jahr 2037 für die Inbetriebnahme. „Früher wäre mir lieber, aber wir sind ohnehin schon Jahrzehnte im Verzug.“
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